Hügel mit weidenden Schafen

THE HUMAN PURPOSE VILLAGE PROJECT (TEIL 5): JETZT ODER NIE?

Höchste Zeit wird’s, unserem Denken und Handeln eine neue Richtung zu geben. Das Human Purpose Village Project wurde gegründet, um den Evolutionsfallen und -sackgassen zu entkommen, in die die Menschheit geraten ist.

Hier erfahren Sie mehr über

  • Longtermism vs. Shorttermism
  • Eine neue Akademie
  • Den Status des Human Purpose Village Project

Text Giò von Beust

Gio von Beust

Giò Beust ist Visionär, Künstler und „Weltrettungs-Aktivist“. Als Banker, Jurist und Consultant schöpft er aus der Erfahrung u.a. als Buchverleger, Unter­nehmer, Rechtsanwalt, Autor und Weltreisender. Sein philo­sophisches Denken kreist um die Fragen: Was ist Wirklich­keit? Was heißt Mensch­sein?

„Wer nur zurückschaut, kann nicht sehen, was auf ihn zukommt.“ Konfuzius

„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann rufe nicht die Menschen zusammen, um Holz zu sammeln, Aufgaben zu verteilen und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem großen, weiten Meer.“ Antoine de Saint-Exupéry

„Eine Karte der Welt, in der die Utopie nicht verzeichnet ist, ist keines Blickes wert.“ Oscar Wilde

In den oben zitierten Weisheiten zeigt sich das ganze Drama unserer Zeit: Denn das, was uns diese weisen großen Denker der Menschheit an Maximen auf die Reise in die Zukunft mitgegeben haben und eigentlich auf der Hand liegt, wird heute sträflich missachtet.

Wenn Konfuzius mahnt, dass man nicht „nur“ zurückschauen soll, weil man dann nicht vorbereitet ist auf das, was auf einen zukommt, beinhaltet dies immerhin die Einbeziehung der Vergangenheit in die Betrachtungsweise, was ja per se eine gute Sache ist. Es ist die Mahnung an Konservative, sich auch einmal Gedanken über die Zukunft zu machen, bzw. das, was in der Vergangenheit war, nicht eins zu eins auf die Zukunft übertragen zu wollen und zu glauben, man könne in einem andauernden Status quo ante verharren.

Schluss mit dem Denken, das sich selbst vor den Bus wirft!

Was wir heute in den westlichen Debatten, bei Lenkern und Lenkerinnen in Politik und Wirtschaft vorfinden, beinhaltet jedoch oftmals nicht einmal das: Man ist ausschließlich auf die Gegenwart fixiert und meint, ohne Kenntnis historischer Zusammenhänge und Berücksichtigung langfristig wirkender, zum Teil vor Jahrzehnten ausgelöster Geschehnisse, von jetzt auf gleich „neu“ handeln zu können, geleitet von Wunschvorstellungen, ideologischen Verkürzungen und ganz banalen materiellen und/oder narzisstischen Interessen. Eine Denk- und Handlungsweise, die sich bildlich gesprochen vor den Bus wirft, in der Annahme, dieser werde schon den Kurs ändern oder stoppen, weil man sich das eben so vorstellt.

Das Zitat von Saint-Exupéry lenkt den Blick auf ein weiteres Problem unserer Zeit: eine materialistische Sichtweise, die meint, man müsse nur die Aufgaben richtig verteilen, bzw. in die richtigen Hände legen, die nötigen Mittel zu Bewältigung derselben zur Verfügung stellen, und schon wäre alles gerichtet. Hier ist ein kurzsichtiges, objektfixiertes Denken am Werk, das den größeren Horizont, wohin denn die Reise gehen solle, außer Betracht lässt. Dieses Denken scheint vordergründig langfristig orientiert, doch es lässt außer Acht, dass die künftigen Reisenden, die das Schiff bauen sollen, zumindest träumen können sollten, wohin sie das Schiff einstmals tragen könnte.

Oscar Wilde schließlich bringt diesen Gedanken auf seine treffsichere Art auf den Punkt: Ohne eine Imagination des Ziels, ohne einen Punkt in der Zukunft, zu dem die Reisenden aufbrechen, ist die Reise per se sinnlos. Es wäre ein reines Herumgeschippere.

Windräder am Horizont

Mega- und Polykrise

Angesichts der Mega- und Polykrise, der wir uns gegenübersehen, berücksichtigt das Konzept des Human Purpose Village Project alle drei Maximen, die in den Zitaten aufscheinen und bietet gangbare Auswege, um die vom Stockholm Resilience Center auf solider wissenschaftlicher Basis ermittelten 14 „Evolutionsfallen/-sackgassen“ zu entkommen, in welche die Menschheit geraten ist.
Diese Eckpunkte müssen in alle Überlegungen der Zukunftsgestaltung einbezogen werden.

1     Klimawandel und Wendepunkte

Eine der größten Gefahren stellen die Klima-Kipppunkte dar. Steigende globale Temperaturen können irreversible Kettenreaktionen mit schwerwiegenden Folgen für die planetarischen Ökosysteme auslösen.

2   Künstliche Intelligenz außer Kontrolle

Die schon jetzt erkennbare Unberechenbarkeit und Fehleranfälligkeit von KI-Systemen könnte potenziell katastrophale Szenarien auslösen, insbesondere, wenn Entscheidungsbefugnisse an die Maschinen delegiert werden.

3   Chemische Verschmutzung

Die Anreicherung tausender giftiger Stoffe in der Umwelt stellt eine wachsende Bedrohung für den Menschen und die Ökosysteme dar. Allein zerriebenes Mikroplastik hat nahezu alle biologischen Organismen, auch die menschlichen Körper verseucht und deformiert das natürliche Gedeihen.

4   Neue Infektionskrankheiten

Mikroben und Pathogene verbreiten sich aufgrund der Zerstörung natürlicher Systeme (oder weil sie aus Laboren entkommen) immer schneller und verursachen neuartige Infektionskrankheiten mit verheerenden Folgen.

5   Monokulturen in der industriellen Landwirtschaft

Die Abhängigkeit von wenigen großflächig und arbeitsteilig angebauten Nutzpflanzen (z.B. Ukraine Weizen, Brasilien Soja usw.) macht die globale Ernährungsversorgung anfällig für Umweltveränderungen, Pilz- und Oomyceten-Krankheitserreger und kollabierende Lieferketten.

6   Nicht nachhaltiges Wirtschaftswachstum

Eine auf Wachstum um jeden Preis ausgerichtete Wirtschaft führt zu einer nicht nachhaltigen Ausbeutung natürlicher Ressourcen (siehe Erdüberlastungstag) und sozialer Ungleichheit. Es bedarf einer grundlegenden kreislaufwirtschaftlichen Umstrukturierung der Wirtschaftstätigkeit (wofür eine Vielzahl von Konzepten bereits entwickelt wurden).

7   Instabilität der globalen Zusammenarbeit

Die fehlende effektive Zusammenarbeit auf globaler Ebene verhindert die Lösung kritischer Umwelt- und Sozialprobleme. Es bedarf einer neuen kollaborativen Umweltgovernance, um ein gemeinsames Handeln in sozial-ökologischen Systemen zu erreichen.

  • Hirschkopf zwischen Farnen
  • Drei menschliche Silhouetten

8   Soziale und wirtschaftliche Fehlausrichtung

Ultraliberale Politik- und Wirtschaftsregelungen, die nur auf Profit ausgerichtet sind, stehen in krassem Widerspruch zum sozialen und ökologischen Wohlergehen und führen zu Spannungen und Konflikten.

9   Digitalisierung und Verlust von Sozialkapital 

Die zunehmende Digitalisierung der Gesellschaft führt zum Verlust von menschlichen Bindungen, Sozialkapital und kognitiven Fähigkeiten. Die zwischenmenschliche Kommunikation beruht nicht nur auf ausgetauschten Worten und Bildern, sondern auch auf emotionalen sowie psychosomatischen biologischen und molekularen Prozessen.

10 Verlust der Artenvielfalt

Die Artenvielfalt ist ein wesentlicher Faktor für die Stabilität und Resilienz von Ökosystemen jeglicher Art und damit nicht nur für die menschliche Gesundheit, sondern für das gesamte planetarische Klimageschehen.

11 Erosion politischer und Bürokratisierung staatlicher Systeme

Der Verlust von Gestaltungsmacht durch politische Führungskräfte bei zugleich schwindendem Einbezug weiter Bevölkerungskreise wird kompensiert durch eine Flut von Regulierungen, deren Einhaltung wuchernde Bürokratien überwachen sollen.

12 Wachsende soziale Ungleichheiten

Die Zunahme der Ungleichheiten befeuert soziale und politische Instabilität, was vor allem eine wirksame Reaktion auf globale Krisen verhindert.

13 Erschöpfung der natürlichen Ressourcen

Die übermäßige Ausbeutung natürlicher Ressourcen wie Böden, Wasser und Mineralien (s. Erdüberlastungstag) gefährdet grundsätzlich den Fortbestand der Teile der Biosphäre, welche die Grundlage der menschlichen Existenz ausmachen.

14 Abfall und Umweltverschmutzung

Umweltverschmutzung durch Pestizide, Atommüll, Erdölprodukte stellt eine ernsthafte Bedrohung für die menschliche Gesundheit und die Ökosysteme dar.

Der „technisch-wirtschaftliche Fortschrittsglaube“ der globalisierten, von einer Art Turbo-Techno-Kapitalismus geführten Zivilisationssysteme hat die Menschheit in die genannten Sackgassen gelotst und zugleich zu einer kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Verödung geführt – wo man nun ziellos und sehnsuchtslos herumschippert, um bei der Metapher des Zitats von Saint-Exupéry zu bleiben.

Es bedarf jedoch mehr als einer Sehnsucht, sondern einer konkreten Utopie, denn eine Karte der Welt, in der keine Utopie eingezeichnet ist, ist keines Blickes wert, wie Oscar Wilde so treffend formuliert.

Kind sitzt in einer Wiese

Eine fundierte Utopie

Utopien werden heute jedoch leichthin als „unrealistisch, nicht praktikabel“ abgetan, als „bloße Hirngespinste, die in einer fernen Zukunft siedeln“. Man aalt sich lieber im Gruseln der Dystopien, die zuhauf auf allen Kommunikationskanälen gehandelt werden.

Der australische Philosoph Roman Krznaric thematisiert das heutige Unvermögen, langfristig zu denken, in seinem unbedingt lesenswerten Buch „Der gute Vorfahr: Langfristiges Denken in einer kurzlebigen Weltund fordert darin, dass wir in unseren Handlungen und Plänen zuvorderst das Wohl zukünftiger Generationen berücksichtigen müssen.

Augenblicklich betrachten wir die Zukunft wie Kolonialisatoren und beuten sie für unsere Zwecke aus, als ob sie menschleer wäre. Die rund 10 Milliarden Menschen, welche die Zukunft der nächsten 175 Jahre bewohnen werden, existieren in den Vorstellungen der aktuellen Akteure in Wirtschaft und Politik allenfalls als demographische Statistik.

Nur wenn wir neuerlich ein „Kathedralendenken“ an den Tag legen, wie mittelalterliche Dombaumeister denken, die an Projekten arbeiteten, die mehrere Generationen umspannten, können wir Strategien entwickeln, welche den Interessen und Bedürfnissen zukünftiger Generationen gerecht werden.

The Human Purpose Village Project

Ein Projekt, das eine zellenartig aufgebaute Zukunftszivilisation erschaffen will, die aus semiautarken, übersichtlichen, miteinander vernetzten, die menschliche Existenz sichernden und mit Sinn erfüllenden Lebenswelten besteht, ist tatsächlich utopisch zu nennen. Lebenswelten oder Villages, die harmonisch in die Biosphäre eingebettet sind, sich der Regeneration der Erde verschrieben haben und sich als deren Gast und Hüter verstehen, könnten tatsächlich jene Sehnsuchtsorte sein, die in dem obigen Saint-Exupéry-Zitat mitschwingen.

Die Vision des Human Purpose Village Project reicht zwar in eine 7-Generationen umspannende Zukunft, sie ist jedoch auch im Hier und Jetzt verankert, in ganz konkreten Vorhaben theoretischer wie praktischer Art. Denn wie es so schön im chinesischen Sprichwort heißt: Eine Reise von 1000 Meilen beginnt mit einem Schritt!

Ein geplanter Think and Do Tank, der das Gerüst bildet, an dem sich die Vision entfalten kann, nimmt bereits Gestalt an.

So ist eine Purpose Village Academy (deren Outline hier nachgelesen werden kann) in der Gründungsphase, welche künftig im interdisziplinären und internationalen Forschungsdialog eine Toolbox für Purpose Villages entwickeln und deren Entstehungsprozess begleiten soll.

Es gibt konkrete Pläne für die Schaffung einer Purpose Village Operations-Gesellschaft, welche ein plausibles Business-Modell verfolgt, die Planung der ersten Villages unterstützt und zugleich die Projektvision in den gesellschaftlichen und medialen Diskurs einbringt. So wurde das Projekt bereits, sozusagen als Vorschusslorbeer, mit dem Nachhaltigkeitspreis des Purpose Magazins ausgezeichnet.

Schließlich erweitert sich der Kreis der Menschen, die sich für das Projekt begeistern, beständig, wobei wir zuversichtlich sind, demnächst auch für Investoren interessant zu werden. Das „Team“, das auf der Projekt-Website zu sehen ist, steht exemplarisch für viele andere, die „supermotiviert sind, die Welt zu retten“; so meint Julia zum Beispiel:
„Aus meiner Erfahrung in der Business-Welt weiß ich, dass uns nur ganz neue Ansätze weiterhelfen angesichts des komplexen Problemmix, vor dem die Welt steht … und das Purpose Village-Projekt verkörpert genau jenes neue Denken, das wir so dringend brauchen. Deshalb mache ich mit!“ 

Fotos: Unsplash / Melissa Askew, Chris Greenhow, Karl Magnuson, Qingbao Meng, Karsten Wurth

 

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