Ein Kind malt mit einem großen Pinsel.

KREATIVITÄT – EINE REISE INS UNGEWISSE

In der Kunst gibt es kein richtig oder falsch. Der Prozess des Schaffens ist wichtig, vor allem für Kinder! Ein Blick zurück auf die Gründung des Kinderkunsthauses vor zehn Jahren – und was es auch den Eltern brachte.

Text und Musik Alexandra Helmig

Schwarz-Weiß-Bild von Alexandra Helmig.

Alexandra Helmigs Theaterstücke, Kinder- und Jugendbücher sind in mehrere Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Unter dem Namen Ada Morghe ist sie eine international erfolgreiche Komponistin und Jazzsängerin.

„Kreativität kann man nicht aufbrauchen. Je mehr man sich ihrer bedient, desto mehr wächst sie“, schrieb die Schriftstellerin Maya Angelou.

Ein kreatives Leben bedeutet für mich, ein sinnerfülltes Leben zu führen. Oftmals wird der Begriff „Kreativität“ jedoch vor allem im künstlerischen Zusammenhang benutzt. Viele Menschen glauben, dass sie nicht kreativ sind und meinen damit, dass sie über kein künstlerisches Talent verfügen. Was im Übrigen meistens nicht stimmt.

Als mein Mann und ich vor zehn Jahren in München das gemeinnützige Kinderkunsthaus gründeten, war es unser Anliegen, einen Raum zu schaffen, in dem die Lust am sinn- und wertfreien Spiel mit Farben, Formen und Materialien im Vordergrund steht. Einen Raum, der künstlerische Anregungen gibt, Materialen und Techniken zur Verfügung stellt, aber keinerlei künstlerische Erwartungen stellt. Wir wollten eine Welt, in der nicht das Ergebnis, sondern der Prozess des Schaffens im Mittelpunkt steht. Denn in der Kunst gibt es kein Richtig oder Falsch.

DAS KINDERKUNSTHAUS IN MÜNCHEN

In diesem Jahr feiert das Kinderkunsthaus München sein zehnjähriges Jubiläum. Geboren wurde die Idee 2009 in New York. Unsere Töchter waren damals zwei und sechs Jahre alt, als mein Mann und ich die Arbeit an einem Filmprojekt zum Anlass für einen sechsmonatigen Aufenthalt in New York nahmen.

Das Filmprojekt wurde aus diversen Gründen niemals realisiert (wie das leider öfter mal mit Filmprojekten passiert), stattdessen wurde die Idee geboren, ein Kreativhaus für Kinder und Erwachsene zu gründen, inspiriert durch das CMA – Children´s Museum of the Arts.

Als wir im Januar in New York ankamen, ahnten wir bereits nach wenigen Tagen, dass der Winter mit kleinen Kindern dort eine echte Herausforderung darstellen würde. Der Wind pfiff durch die Häuserschluchten und die Stadt versank im Schneechaos. Eine Beschäftigung zu finden, die den Bedürfnissen beider Kinder gerecht wurde, war nicht einfach. Für den Spielplatz war es eindeutig zu kalt und bald hatten wir sämtliche Museen, vor allem jene, die auch ein Kinderprogramm anboten, „durchgearbeitet“.

DAS VORBILD: CMA IN NEW YORK

Die Erlösung kam an einem Tag im Februar, als wir per Zufall auf das CMA stießen. Heute eine New Yorker Institution, damals noch eine kleine Werkstatt im Keller eines Hauses im Noho. Aufgrund des Namens dachten wir zunächst an ein Museum, das Kunstwerke von Kindern ausstellt. Doch als wir die Tür öffneten, fühlte es sich an, als ob wir im Atelier einer Künstlergruppe gelandet seien.

Überall standen Farben, Stoffe und die unterschiedlichsten Materialen (Perlen, Holzstücke, Wollfäden, Papierschnipsel) auf Tischen und in Regalen. Im Hintergrund lief nicht etwa Kinder-, sondern Grungemusik. Unsere große Tochter fing sofort an, mit Stoffen und verschiedenen Mustern eine Collage aufs Papier zu kleben, während unsere Zweijährige genüsslich mit der Fingerfarbe experimentierte und dabei nicht nur das Papier, sondern auch die Tische bemalte.

Nachdem wir zunächst unsicher waren, ob wir denn auch etwas machen durften oder ob wir nur als Begleitpersonen geduldet waren, saßen wir anfangs neben unseren Kindern und assistierten nur. Doch als eine Mitarbeiterin meinem Mann und mir erklärte, dass hier alle kreativ sein durften, waren auch wir nicht mehr zu bremsen.

Danach haben wir das CMA noch sehr oft besucht und immer empfanden wir es als kreative Oase im Alltag. Selbst wenn wir nichts „produziert“ hatten, das in irgendeiner Weise vorzeigbar war, verließen wir das CMA inspiriert, voller neuer Ideen und mit einem glückseligen Lächeln im Gesicht. Im CMA konnten wir uns treiben lassen.

Die Tatsache, dass es ja eigentlich ein Haus für Kinder war, hat jeden Erwartungsdruck genommen. Wir waren ja „nur“ wegen der Kinder da.

  • Zwei glückliche Kinder beim Malen.
  • Eine Hand voller Farbe.

JEDER MENSCH IST KREATIV

Oft hören unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Kinderkunsthaus von Erwachsenen den Satz: „Muss ich denn auch etwas machen? Ich bin nämlich gar nicht kreativ.“ Welches Kind würde jemals fragen, ob es auch etwas machen muss? Kinder machen einfach. Sie stürzen sich ins Abenteuer und suchen nach neuen Wegen.

Und auch wenn uns Erwachsenen das mitunter kompliziert erscheint und wir dazu neigen, ihnen eine schnelle Lösung präsentieren zu wollen, sollten wir nicht ihren Erfindergeist bremsen, sondern lieber genau hinsehen und ihnen zuhören. Denn in der Welt von Kindern ist alles bedeutsam.

Nichts ist unmöglich. Warum sollte die Waschmaschine nicht sprechen und sich mit dem Trockner unterhalten können? Wenn wir unserer Fantasie freien Lauf lassen, wird unsere Welt so viel lebendiger und bunter. Kreativ zu sein bedeutet, sich auf eine Reise ins Ungewisse einzulassen. Und die Reise erfordert wach und im Moment zu sein und der Welt mit Neugier und Offenheit zu begegnen. Für Kinder ist das selbstverständlich.

Das sollte es auch für uns sein, denn jeder Mensch ist kreativ. Das fängt schon in dem Moment an, wo wir zur Arbeit fahren wollen und die U-Bahn ausfällt. Dann müssen wir nach neuen Wegen suchen. Und auch wenn es nervt, kann es durchaus passieren, dass wir dort Schätze entdecken, die wir vorher nie wahrgenommen haben.

Die Welt durch Kinderaugen sehen und neu entdecken

– davon handelt auch mein Song „Pictures“ (als Sängerin agiere ich unter dem Namen Ada Morghe). Hier kann man ihn sehen und hören:

Ein buntes Gemälde.

Pictures
(music & lyrics by Ada Morghe)

Time moves around the walls

I see my childhood in your eyes
Where daydreams dance along with lullabies
You make me think of endless days
When I heard rain drops giggle
and sunbeams breathe away

Time let me play and be
Just you and me
While the grass is whispering our names
Playing hide and seek

I see my childhood in your eyes
with cherry seeds and steaming apple pie
I try to catch the falling leaves
Hear them saying
Time never sleeps

Time let me play and be
Just you and me
While the grass is whispering our names
Playing hide and seek
So hush, stand still and wait for me

Fotos: iStock, Unplash / Steve Johnson, Sharon McCutcheon

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