DAS SINNTERVIEW: Der gute Name mit Sinn
„Neuerungen entstehen meist mit dem richtigen Bauchgefühl,“ sagt Claus Hipp. Bei seinen Produkten für die kommende Generation lag er damit goldrichtig: HIPP steht schon lange für Natürlich- und Nachhaltigkeit, Werte und Gemeinwohl.
Interview Dr. Hans Christian Meiser
Claus Hipp ist Unternehmer, Honorarkonsul von Georgien, Musiker und unter dem Namen „Nikolaus Hipp“ auch Künstler. Der Slogan „Dafür stehe ich mit meinem Namen“ machte ihn und seine HIPP Babynahrungsprodukte berühmt.
Herr Hipp, zum Thema „Nachhaltigkeit“ sind in der letzten Zeit sehr viele Meinungen veröffentlicht worden. Könnten Sie uns bitte die Ihre schildern?
Claus Hipp: Die Welt für die kommenden Generationen lebens- und liebenswert zu erhalten – das ist der Sinn der Nachhaltigkeit. Weder dürfen Belastungen für die Schöpfung, die vermeidbar wären, noch Schulden für den Konsum der vorhergehenden Generation, von dem keiner einen Nutzen hat, zur Tilgung hinterlassen werden.
Unternehmerisches Handeln bedeutet, sich auch dem Risiko des Scheiterns auszusetzen. Wie können Sie dieses minimieren, so dass im schlimmsten Fall der Schaden nicht allzu groß wäre?
Das Scheitern ist immer eine Möglichkeit, mit der gerechnet werden muss. Die Neuerungen entstehen meist aus der Intuition, dem so genannten Bauchgefühl heraus. Intuition allein ist nicht verlässlich. Sie bedarf einer rationellen Prüfung. Ohne diese Prüfung ist das Risiko des Scheiterns unverantwortlich hoch.
Bei kaum einem Unternehmen in Deutschland wird der Markenname derart mit dem Familiennamen assoziiert wie bei Ihnen, was ja auch der Slogan „Dafür stehe ich mit meinem Namen“ widerspiegelt. Für welche Werte steht Ihr Name?
Die Werte des ehrbaren Kaufmanns. Diese gelten auch heute noch und sind die Vertrauensgrundlage der Kunden. Im römischen Recht gab es schon den Satz: „Non omne quod licet honestum est“; das heißt: Nicht alles was man tun kann, ist ehrbar. Das gilt auch heute noch.
Und welche Rolle spielt der Begriff des „Ehrbaren Kaufmanns“ in Ihrem Leben?
Ich denke, dass das ehrbare Handeln langfristig allem anderen überlegen ist. Zweimal lässt sich keiner über den Tisch ziehen. Ohne Vertrauen ist eine erfolgreiche Zusammenarbeit auf Dauer nicht möglich. Langfristig hat daher nur der ehrbare Kaufmann Erfolg.
Sie stellen Produkte für die jeweils kommende Generation her. Sie wirken also letztlich für die Zukunft unserer Gesellschaft. Gibt es dabei ein Leitmotiv?
Das Beste aus der Natur, das Beste für die Natur – so lautet unser Leitspruch. Das heißt, unsere Kunden sollen das Beste erhalten, und die Herstellung muss so geschehen, dass keine vermeidbaren Belastungen entstehen.
Heute gilt Erfolg als ein Indiz für ein gelungenes Leben. Gibt es nicht andere Merkmale, die vielleicht wichtiger wären?
Später werden wir nicht daran gemessen, wie viel Geld wir im Leben angehäuft haben, sondern wie wir mit dem uns anvertrauten Gütern umgegangen sind. Das Allgemeininteresse muss über dem Eigeninteresse stehen, sonst kann eine Gesellschaft nicht existieren.
Was verstehen Sie unter „unternehmerischem Engagement“? Wie weit kann dieses reichen und: gibt es Grenzen?
Das unternehmerische Engagement umfasst neben den Unternehmensinteressen das Wohl all derer, die im Unternehmen beschäftigt sind und aller, die mit dem Unternehmen zu tun haben.
Die Unternehmer spielen auch in der Gesellschaft eine große Rolle. Dort, wo der Staat nicht genügend helfen kann, müssen es die Unternehmer tun. Dazu zählt übrigens auch die ehrenamtliche Tätigkeit in Kammern und Verbänden sowie gesellschaftliches, soziales und kulturelles Engagement.
Ein Bonmot besagt: „Der Ehrliche ist der Dumme“. Was muss geschehen, dass dem nicht (mehr) so ist?
Der Ehrliche ist langfristig immer der Kluge. Unehrlichkeit mag einen kurzfristigen Scheinerfolg bringen, aber langfristig ist sie von Nachteil. Der Aufbau eines guten Rufes braucht mehr Zeit als das Ruinieren eines guten Rufes.
Auch in Sachen Ökologie waren und sind Sie Vorreiter. Denkt man an die Ernährungslage der Welt, so muss man sich eingestehen, dass hier – aus politischen und kommerziellen Gründen – viele Fehler gemacht wurden und werden. Was müsste geschehen, damit alle Menschen genügend zu essen haben?
Das beginnt bei der landwirtschaftlichen Erzeugung unserer Lebensmittel: Der ökologische Anbau ist der einzige Weg, der unsere Lebensgrundlage nicht gefährdet. Darüber hinaus gilt es, den Verlust von Lebensmitteln maximal zu reduzieren.
Weltweit geht rund ein Drittel aller Lebensmittel zwischen Feld und Teller verloren. Und zuletzt werden wir unsere Ernährungsgewohnheiten geringfügig anpassen müssen.
In Ihrer Arbeit kümmern Sie sich um Pflanzen, Tiere und Menschen. Welches sind die dabei Ihre ethischen Grundlagen?
Die Verantwortung vor der Schöpfung schließt die Sorge um gesunde Pflanzen, Tiere und Menschen ein. Wenn das Gleichgewicht nicht gestört ist, wenn der Natur nur das entnommen wird, was sie freiwillig zu geben bereit ist, dann haben alle Platz, und wir müssen uns weniger Angst um die Zukunft machen.
Was benötigt die Gesellschaft, in der sich Krisen jeder Art ständig die Hand reichen?
Wenn wir die Zusammenhänge kennen, wenn wir aus der Geschichte und aus den gemachten Erfahrungen lernen, dann wissen wir, wie wir Krisen begegnen müssen und wir können uns rechtzeitig vorbereiten und das Nötige tun.
Sie sind nicht nur als Babynahrungsmittelhersteller erfolgreich, sondern auch als bildender Künstler und zwar unter dem Namen „Nikolaus Hipp“. Was ist es, das die beiden Hipps miteinander verbindet? Die Leidenschaft? Der Glaube an das Gute im Menschen? Oder sind dies nur zwei Facetten ein und derselben Persönlichkeit mit einem Image, das so mancher Unternehmer wohl gerne hätte?
Die Beschäftigung mit der Kunst fördert die Kreativität. Sie ist eine Herausforderung, Lösungen zu finden. Sie zeigt auch Grenzen auf und lehrt demütig zu sein. All dies brauche ich auch im geschäftlichen Alltag.
Dazu kommt noch das Bewusstsein, dass wir als Menschen nicht jeder für sich alleine leben soll, sondern dass wir eine Gemeinschaft sind, in der jeder den anderen braucht und in der wir füreinander da sind.
Fotos: iStock, Claus Hipp privat