Sinn stiften! Mit Backenzahn und Bigfoot
Holz lebt, und das lange! Deshalb setzt die Firma e15 seit 1995 auf hochwertige Möbel in Manufaktur-Qualität aus Massivholz.
TEXT Antoinette Schmelter-Kaiser
E15 definiert sich durch die Profile des Mitbegründers und Architekten Philipp Mainzer und der Designerin und Artdirektorin Farah Ebrahimi. Sie entwickeln die Produkte in enger Zusammenarbeit mit ausgewählten Designern, Architekten und Künstlern.
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isse signalisieren bei den bekanntesten Bestsellern der Firma e15 keine Fabrikations- oder Materialfehler. Stattdessen sind sie schon bei der Konstruktion bewusst einkalkuliert und machen jeden BIGFOOT-Tisch und BACKENZAHN-Hocker zu einem Unikat. Denn bei beiden Möbelstücken bestehen alle vier Beine aus massivem Eichen- oder Nussbaum-Kernholz, das unter dem Einfluss von Luftfeuchtigkeit und Temperatur arbeitet; BACKENZAHN-Hocker wurden sogar ursprünglich aus den Resten der BIGFOOT-Tische gefertigt. Auch die sichtbaren Stammquerschnitte zeigen mit ihren dicht gereihten Jahresringen den unverwechselbaren Charakter des natürlichen Werkstoffs.
Holz als roter Faden der Kollektion
„Holz ist ein gelerntes Material, zu dem jeder eine Beziehung hat“, erklärt Philipp Mainzer, der Gründer und heutige Geschäftsführer von e15. „Unsere Kollektion durchzieht es von Anfang an wie ein roter Faden.“
Gemeinsam mit Florian Asche, der mit ihm Produktdesign an der Central Saint Martins of Art and Design in London studierte, entwarf und baute der gebürtige Hamburger 1994 die ersten Tische aus alten Bohlen und Dielen, die sie über einen englischen Kontakt aus Abrisshäusern und ausgedienten Güterwagons bekamen. Diese Quelle versiegte allerdings schnell. Die Prototypen „sahen nicht so toll aus, weil wir keine ausgebildeten Schreiner waren“, so Philipp Mainzer. „Aber wir konnten mit ihnen die Konstruktion testen und das Konzept kommunizieren.“
Geradlinige Eichenmöbel als Alleinstellungsmerkmal
Mit Florian Asche gründet er das Start-up e15, das nach der Postleitzahl dessen erster Adresse in London benannt wurde. Für den Aufbau einer kleinen Fertigung fand sich ein versierter Zulieferer aus der Nähe von Frankfurt. Seine Kundenakquise begann das Duo mit einem selbst gestalteten Poster, das vier Fotos der Tische und ein von Mainzer entworfenes Logo zeigte.
„Unsere Produkte schlugen ein wie eine Bombe“, blickt Philipp Mainzer zurück. „Damals dominierte im Design ein extremer Minimalismus mit viel Glas und eloxiertem Aluminium. Mit unseren geradlinigen, präzise gearbeiteten Möbeln aus massiver Eiche und Innovationen, die nicht dem Standard entsprachen, hatten wir ein Alleinstellungsmerkmal.“
Kreativität im Einklang mit Umweltverantwortung
Um Kreativität mit dem Wunsch nach Umweltverantwortung in Einklang zu bringen, fokussiert sich e15 bis heute im oberen Marktsegment auf Produkte, „die sehr lange leben“. Viele sind aus massiven Eichen- und Nussbaumhölzern, deren PEFC-Zertifikat für nachhaltige Forstwirtschaft steht. Um „das Gesamt-Erscheinungsbild ausgeglichener zu machen“, werden darüber hinaus ehrliche Materialien wie Edelstahl oder Marmor verwendet; Verträglichkeit für Menschen, Umwelt und Abbaubarkeit sind auch bei ihrer Auswahl ein wesentliches Entscheidungskriterium. Die Oberflächen der Möbel werden mit natürlichen, umweltfreundlichen Mitteln behandelt.
Manufakturwerkstätten als Qualitätsgarant
Ein weiterer Qualitätsgarant sind für e15 traditionelle Herstellungsmethoden in spezialisierten Manufakturwerkstätten. Hier werden EU-Richtlinien bezüglich Luft-, Wasserreinigung und -filterung befolgt sowie die Verwendung und der Ausstoß von giftigen Chemikalien vermieden.
Bei der Fertigung der Möbel legt das Unternehmen, das seit 2013 seinen Hauptsitz nach Frankfurt verlagert hat, Wert auf energiesparende Geräte und die Nutzung von erneuerbaren Energiequellen. Mit räumlicher Nähe zwischen Materialbeschaffung und Fertigung verkürzt es bewusst Transportwege, Lieferungen werden möglichst oft zusammengefasst.
Nachhaltigkeit noch stärker kommunizieren
„Nachhaltigkeit war für uns schon immer selbstverständlich, ohne groß darüber zu reden“, fasst Philipp Mainzer zusammen. Zukünftig möchte e15 das Thema noch stärker kommunizieren, um die besondere Philosophie des Unternehmens genauer zu erklären und transparent zu machen. Dessen hoher Anspruch hat seinen Preis, den aber selbst junge Kunden gerne zahlen.
„Manche sparen lieber und leisten sich dann was Gutes, statt Geld für Ex und Hopp-Möbel auszugeben“, weiß Philipp Mainzer. Bei kommerziellen Projekten werde gezielt nach hochwertigen, nachhaltigen Produkten gefragt, da sie ein Aushängeschild seien und gleichzeitig die Haltung des Unternehmens kommunizieren. Hochwertige Einrichtungen werden auch immer wichtiger dabei, Arbeitnehmer an das Unternehmen zu binden.
Radikale Einfachheit und reduzierte Formen
Ab 1995 entstanden erst eigene e15-Entwürfe, die Käufer, (Innen-) architekten, Presse und Designpreis-Jurys mit ihrer radikalen Einfachheit und reduzierten Formen überzeugten. Ab 2001 kamen zusätzlich externe Gestalter ins Spiel. Der erste war der Künstler Hans de Pelsmacker, dem Designer wie Stefan Diez, David Chipperfield und David Thulstrup folgten.
Für weitere Impulse sorgte Mainzers iranische Partnerin und studierte Modedesignerin Farah Ebrahimi. Gemeinsam mit Philipp Mainzer betrieb sie zunächst von 2000 bis 2004 in Frankfurt den ersten Concept Store Deutschlands. Auf drei Etagen bot der von Büchern bis zu Mode „alles, was zu den Produkten von e15 passte“, erklärt Philipp Mainzer, der die interdisziplinäre Erweiterung als „Erleuchtung“ empfand. Seit 2010 verantwortet Farah Ebrahimi die Kreativdirektion von e15.
Modern, aber niemals trendy
„Durch Farah hat die e15 Kollektion mehr Tiefe und eine andere Qualität bekommen“, lobt Philipp Mainzer seine Frau, die für ihn ein „enorm guter Austauschpartner“ ist. Zusammen mit ihr hat er das Polstersofa SHIRAZ oder KAVIR entwickelt: die „sinnliche Neuinterpretation des traditionell geknüpften persischen Teppichs“ aus jagdgrüner, zinkgelber oder saphirblauer Wolle mit kontrastierenden Fransen, inspiriert von Ebrahimis Heimat.
„Farben, Textilien und Accessoires geben die Möglichkeit, mehr Vielfalt in unsere Kollektion zu bringen und zeitgenössische Akzente zu setzen“, erklärt Philipp Mainzer. Bei aller Modernität möchten er und seine Frau mit e15 aber nie „zu trendy“ werden. Erklärtes Ziel der beiden sind „relevante“ Produkte und eine „sinnvolle“ Arbeit.
Komplette Gestaltung als Ausgleich
Auf Wunsch entstehen e15-Möbel auch als maßgeschneiderte Sonderanfertigungen für Läden, Büros, Agenturen oder Restaurants wie das zur Noma-Familie gehörende POPL in Kopenhagen, das an unaufgeregten Eschenholz-Tischen Menschen zusammenbringen möchte. Bei manchen Projekten wie einer Reihe von Shops der Modemarke Closed, Studios oder dem Frankfurter Kunstverein übernimmt Philipp Mainzer, der in London auch Architektur an der Architecture Association School of Architecture studiert hat, die komplette Gestaltung. „Das ist für mich ein guter Ausgleich“, resümiert er.
In Kombination mit seinen Aufgaben bei e15, die vom Entwurf bis zur Administration reichen, bedeutet das für den 51-Jährigen „viel Arbeit“ – ohne die ihm aber langweilig würde. Am liebsten ist er in Bewegung. Und im Kontakt mit Menschen. Viele Händler aus seinem Netzwerk sind im Lauf der letzten 25 Jahre zu Freunden geworden.
Langlebigkeit ist eben mehr als nur Unternehmensphilosophie!
Fotos: e15