Justin Leonard

GOLF: BEIM WORLD CHAMPIONS CUP IN FLORIDA

Für Golfenthusiasten und ganz normale Spieler gibt es weltweit nur drei wiederkehrende Turniere, deren Ergebnis sie tagelang diskutieren: den Ryder Cup, den Solheim Cup und den Presidents Cup. Nun kommt ein viertes Ereignis hinzu: der Champions Cup in Bradenton. Unser Autor war bei der Erstauflage dabei.

Hier erfahren Sie mehr über

  • Florida
  • Golfstars & der Champions Cup
  • Den Concession Golf Club

Text Hans Christian Meiser

Portrait in Schwarz-Weiß von Hans Christian Meiser

Dr. Hans Christian Meiser ist Philosoph und Publizist, zudem Herausgeber und Chefredakteur von PURPOSE, dem Magazin für Sinnhaftigkeit – und Golfer. Sein aktuelles Handicap: – 10,7.

Um es gleich vorwegzusagen: Bei meinem ersten Besuch eines Golfturniers auf amerikanischem Boden war ich über Vieles erstaunt, und das nur in positiver Hinsicht. Da war einmal die grandiose Organisation. Sie reichte vom Parkplatz bis zum Shuttleservice, von der Sponsorentribüne bis zum Verteilen kostenloser Regenschirme, vom angebotenen Essen bis zur Area für Kinder, die ein Autogramm ihrer Helden wollten.
Da war aber auch der Golfplatz selbst, der in Bradenton liegt und einer der wenigen ist, die nicht von privaten Golfplatzvillen gesäumt sind. Und da war das edle Clubhaus des Concession Golf Clubs, das etwas Herrschaftliches verströmt, das man in Europa kaum noch findet.

Blick aufs Meer

USA VS. INTERNATIONAL VS. EUROPE

Eine gute Wahl also für die erste Austragung des Champion Cups, bei dem drei Teams mit jeweils fünf Spielern und einem Kapitän gegeneinander antreten: USA (geführt von Jim Furyk), International (geführt von Ernie Els) und Europa (geführt von Darren Clark).
Gespielt wird an vier Tagen auf neun Löchern, der Spielmodus ist freilich etwas kompliziert, so dass ich hier darauf verzichte, ihn näher zu erläutern. Was aber wichtig ist: Man kann all seine Golfhelden aus der Nähe bewundern, egal ob es sich um Collin Montgomerie, Alex Ceijka, Steve Stricker, Justin Leonard, Vijaj Singh oder Bernhard Langer handelt. Ist ein Loch geschafft, zieht man mit ihnen weiter und ist selten weniger als 10 bis 20 Meter von ihnen entfernt.

Auch beim Einschlagen kann man die Profis bestaunen, dort misst der Abstand ebenfalls nur wenige Meter; dasselbe gilt für die Putting Area oder einen extra Bereich für Autogrammwünsche.

Für jeden Amateurgolfer ist es faszinierend mitzuerleben, wie die Ü50-Herren ihre Schwünge beherrschen, ihre Putts sauber setzen oder beim Abschlag Entfernungen von bis oder über 300 Meter überwinden. Besonders schön fand ich auch die Wertschätzung der Hunderten von Freiwilligen, welche den reibungslosen Ablauf eines solchen Turniers überhaupt erst möglich machten: Sie alle wurden namentlich auf einer Tafel erwähnt!

  • Sonnenuntergang
  • Haus im Meer Florida

THE WAY OF (GOLF)LIFE

Während also hin und wieder Seeadler über den Fairways und Grüns schwebten und das Publikum samt Kindern tolle und gleichzeitig entspannte Tage genoss, kaum jemand mit seinem Mobile Phone hantierte (!), dachte ich mir, wie glücklich ich mich schätzen konnte:
a) vor Jahren mich selbst dem Golfsport zugewendet zu haben
und b) die Möglichkeit erhalten zu haben, hier sein zu dürfen und das Spektakel aus nächster Nähe verfolgen zu können.
Lag es an der Unkompliziertheit der Amerikaner, am herrlichen Wetter Floridas oder an der einmaligen Atmosphäre, dass ich jeden Tag wieder zu dem Event fuhr? Oder war es einfach die Exotik, die ich in dieser Weise noch nicht erlebt hatte? Ich kann es bis heute nicht sagen, aber ich weiß, dass mir dieser Lebensstil gefiel und immer noch gefällt.

Es gibt in Florida ca. 1500 Golfplätze und in der Gegend um Bradenton etwa 40. Die meisten sind mit grandiosen Villen gesäumt, aber will man das als Spieler wirklich? Deshalb ist der Concession Golf Club so besonders: weil man sich hier auf das Golfen konzentrieren kann, ohne vom Studium der Architektur einer Golfplatzvilla, die zudem noch die meiste Zeit des Jahres leer steht, abgelenkt zu werden.

IMG ACADEMY

Apropos Wohnen: Ich wohnte im Legacy Hotel, dass innerhalb der IMG Academy am Bolletieri Boulevard liegt. Werden hier Erinnerungen wach? Richtig, der Boulevard wurde nach Nick Bolletieri benannt, der viele Tennisprofis trainierte, darunter Andre Agassi, Monica Seles, Sabine Lisicki und 18 Monat lang auch Boris Becker. Später gründete er eine Tennisakademie, aus der die IMG Academy hervorging, in der Kinder betuchter Eltern nicht nur in Tennis, sondern auch in Golf, Baseball, Fußball, American Football, Leichtathletik und anderen Sportarten ausgebildet werden.

Um sich die Größenverhältnisse einmal vorzustellen: Auf diesem 162.000 m² großen Gelände werden jährlich an die 12.000 Sportschüler unterrichtet. Kein Wunder, dass die Amerikaner bei so vielen sportlichen Großveranstaltungen im Medaillenspiegel meist ganz oben stehen. Deshalb auch die Kooperation mit IMG (International Management Group), die sich auf Rechtsberatung und Sportmarketing spezialisiert hat. Die deutschen Bestrebungen, den Sport (z.B. bei den Bundesjugendspielen) schon in der Schule unbewertet zu lassen, werden später einmal eher keine Höchstleistungen hervorbringen, aber das ist auch gar nicht gewollt, denn es widerspricht der Auffassung, dass Kinder traumatisiert werden könnten, wenn andere besser sind. Tja …

Es war jedenfalls eine spannende Erfahrung, im Hotel eines solchen Sportinternats zu wohnen. Nicht nur Eltern und Verwandte der Schüler kamen hierher zu Besuch, sondern auch andere junge Menschen aus anderen Fakultäten, und gemeinsam diskutierte man über die schulischen Ereignisse und über die der Weltpolitik. Da 2024 (5.-8.12.), 2025 und 2028 (für die beiden anderen Jahre sucht man noch Ersatzplätze) der Champions Cup wieder im Concession Golf Club ausgetragen wird, kann man sicher sein, dass viele der Internatszöglinge dort als Freiwillige helfen werden – das gehört schließlich zum American Way of Life dazu.

WESTCOAST FEELING

Übrigens: Wenn Sie schon einmal in der Gegend sind, sollten Sie unbedingt die ganz in der Nähe liegenden Eilande Anna Maria Island und Longboat Key aufsuchen. Dort erlebt man das Florida-Westcoast-Feeling pur: entspannte Menschen, angenehme Temperaturen, (fast) mediterranes Essen, bunte, karibisch anmutende (Holz)Häuser, Guesthouses und Boutique Hotels; Pelikane, Seekühe, grandiose Sonnenuntergänge, junge Menschen, Urlaubsatmosphäre garantiert!

Und auch nachhaltig lebt man hier: In der Pine Avenue auf Anna Maria Island wird die Energie, die die Geschäfte und Boutiquen benötigen, selbst hergestellt, das benötigte Wasser gereinigt und alles recycelt, was es zu recyclen gibt. Zudem freut man sich über die Begegnungen in den Gemeinschaftsgärten. Am Strand, speziell dem des Restaurants „Beach House“ in Bradenton Beach, lässt es sich dann beim Sonnenuntergang und einem Glas Wein trefflich darüber philosophieren, ob es besser ist, wie Bernhard Langer beim Einlochen einen extra langen Putter zu verwenden oder ob es ein normaler auch tut.

Ach, ein Leben ohne Golf ist zwar vorstellbar, aber sinnlos …

Fotos: Bradenton Area CVB, Jeremy Piper, World Champions Cup

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