Zwei Hände, die ineinander verschlungen sind.

JA, DU!

Die Liebe gibt den meisten Menschen in ihrem Leben Sinn. Deshalb lesen Sie hier einen Gedichtzyklus, in dem die Liebe eine ganz besondere Rolle spielt. Das PURPOSE-Team wünscht Ihnen ein liebesvolles, erfülltes Jahr 2023!

Hier erfahren Sie mehr über

  • Freiheit
  • Liebe
  • Glück

Gedichte: Hans Christian Meiser

Portrait in Schwarz-Weiß von Hans Christian Meiser

Dr. Hans Christian Meiser ist Philosoph und Publizist, zudem Herausgeber und Chefredakteur von PURPOSE, dem Magazin für Sinnhaftigkeit. Dieses Thema zieht sich durch sein gesamtes Werk.

„Trotzdem JA zum Leben sagen“ lautet Titel des Weltbestsellers von Victor Frankl, der als Psychiater und Neurologe die Logotherapie und Existenzanalyse begründete. Hier, im Purpose-Magazin, sind verschiedene Beiträge von ihm zu sehen, so auch seine letzte Vorlesung in Wien. Victor Frankl beschäftigte sich als KZ-Überlebender vor allem mit der Sinnfrage, was wir in diesem Magazin ja ebenfalls tun. Was immer diese Frage beinhalten mag, sicher ist, dass die Liebe für die meisten Menschen sinnstiftend ist.

Deshalb möchte ich Ihnen zum Jahresende meinen Gedichtzyklus „Ja, Du!“ vorstellen, in welchem der Liebe ein ganz besonderer Stellenwert eingeräumt wird.

FREIHEIT ALS GEHEIMNIS

Ich bin nicht, was ich habe
Und hab Dich nicht und bin
Und bin ich für Dich die Gabe
Bist Du, da ich bin

Du bist die Gabe, nicht der Geber
Durch Dich erhält das Lied den Klang
Durch Dein Geschenk erblicke ich den Weber
Des Fadens, der uns zusammenspann

Wenn ich Dich in Deiner Freiheit sehe
Nehme ich die Chance wahr
Eins zu sein mit Dir in einer Nähe
Die Ferne ist und jeder Lüge bar

Unterwegs zu sein im Flusse des Vergessens
Heißt lieben um der Freiheit willen
Und keine Macht des Wägens und des Messens
Vermag den Durst nach der Unendlichkeit zu stillen

Die Welt verschenkt sich liebend an ihr Kind
Und verzichtet auf ein Bild von Dir
Ich liebe das Geheimnis Deiner Freiheit wie den Wind
Und singe Deine Melodie in mir

Ich bin nicht, was ich habe
Und hab Dich nicht und bin
Und bin ich für Dich die Gabe
Bist Du, da ich bin

Buntes Herz.

ATEM DER LIEBE

Ich lasse Dich geschehen
In mir, in meinem Ja
Ich kann nur diesen Weg begehen
Und bin in Dir dem Ursprung nah

Ich bin zu Dir bereit
Es gibt nicht mehr um-zu
Du tust in mir die Wirklichkeit
Wirst selbst in Freiheit: Du

Du bist das Ja der Ewigkeit
In Deinem Atem lebt das Wort
Es hat Dich von Dir selbst befreit
Und nimmt den Zweifel von Dir fort

Du schaffst den Raum der Freiheit um Dich her
Nicht neben mir und ohne Nein
Du wirkst mit mir zusammen, wir sind leer
Für das unendliche Gesetz vom Sein

Die Liebe spricht zu Dir: Mein Leben, tanze
Sie bietet Dir das Wort als Handlung an
In jedem Teil lebt fruchtbar noch das Ganze
Das Wort als Weg ist immer schon getan

Wenn wir erst werden, wer wir wirklich sind
Dann sind wir frei und leben als Begegnung
Wir sehen uns als jener Freiheit schönstes Kind
Das Leben heißt in endloser Bewegung

Sie lässt uns geschehen
In ihr, in ihrem Ja
Wir können diesen Weg begehen
Und sind in uns dem Ursprung nah

Zwei antike Statuen in romantischer Darstellung.

GESICHT ZU GESICHT

Ich trete Dir entgegen
Und geb mich weg zu Dir
Und lebe um des Gebens wegen
Und finde mich in Dir

Auch wenn Du fort bist
Bleibst Du verwandelt hier
Du weißt, dass dies der Ort ist
An dem die Wahrheit wächst: Im Wir

Aus ihm heraus entspringt der Samen
Der Schöpfungsmorgen, Gottgeburt im Ja
Aus Sehnsucht sang es unsren Namen
Wir hörten ihn. Jetzt sind wir da

Die Liebe rief uns aus dem Nichts
Wir lebten ortlos im Wenn-Dann
Bis auf ein Zeichen des Gesichts
Die Freiheit uns für sich gewann

Sie hat uns berührt
Wir sind am Ende alter Zeit
Sie hat uns mit sich fortgeführt
Nun sind wir die Ewigkeit

Und treten uns entgegen
Es gibt jetzt kein Zurück
Und leben um des Gebens wegen
Und gehen hin und bringen Glück

WIR SIND LIEBE

Ich sehe Dich von innen her
Du hast mich ganz berührt
Wir strömen in das Urbildmeer
Ich hab mich tief in Dir gespürt

Wir sind Liebe
Freiheitsfrühling und Verzicht
Wir sind Liebe
Herzgeburt und Sterngesicht

Wir haben uns so viel zu geben
Auf dem Wege zur Vollkommenheit
Wir können diese Nacht bewegen
Mit der Kraft der Zärtlichkeit

Wir sind Liebe
Trauerquell und Freudenleid
Wir sind Liebe
Und der Ewigkeit geweiht

Wir schauen uns in nie gekanntem Maße
Getauter Tränen Heiterkeit
Wir sind Reinheit und Ekstase
Federleicht verflossen in die Zeit

Wir sind Liebe
Unerschöpflich schön und zart
Wir sind Liebe
Ursprung in der Gegenwart

EIN WORT

Ich bin in Dich verwandelt
Vergess mich immer neu in Dir
Es ist ein Wort, das aus sich handelt
Es führt zu uns: Aus dort wird hier

Dies Wort gebiert die Melodie des Seins
Es sieht am tiefsten mit den Augen des Vertrauens
Durch seine Saat sind wir in Licht und Schatten eins
Und wohnen in der Kunst des In-sich-Schauens

Wir singen uns das Lied von innen
Ins Sein hineingeöffnet und vollbracht
Wir wollen nicht verlieren, nicht gewinnen
Wir kennen nur die Freiheit, nicht die Macht

Wir wandeln uns zum Ursprung und sind deshalb jung
Wir wachsen nicht im Mittelmond
Wir brechen unser Brot in der Vereinigung
In der die körperliche Seele thront

Wir schöpfen aus der Tiefe, aus der wir letztlich sind
Und leben nicht im Binnenraum von „Ich bin ich“
Die Schönheit und die Liebe sind unsrer Freiheit Kind
Denn ich bin Du. Und Du meinst mich.

Wir sind in uns verwandelt
Vergessen uns stets neu im Sein
Es ist ein Wort, das aus sich handelt
Es führt zu uns: Wir sind daheim

DAS JA

Was an Dir getan ist, sage
Kraft des un-bedingten Ja
Was an Dir geschehen wird, wage
Höre auf die Tiefe. Sie ist da

Im Bejahtsein werden wir uns stets verlieren
Weil es sich selbst an uns erfüllt
Lass dies Geschenk in Dir niemals erfrieren
Auch wenn ein Nein das Ja umhüllt

Was wir waren, lässt die Liebe in uns sterben
Sie nimmt und gibt zugleich
Sie will, dass wir durch sie befähigt werden
Arm zu sein und unermesslich reich

In ihr entdecken wir die Ja-Allmacht
Ins Leben sterben wir hinein
Sie führt uns auf die Spur der Tagesnacht
Wir finden sie. Und kehren heim

Der, dem die Wirklichkeit begegnet
Wird selbst ursprünglich, ohne Scheu
Der, der uns in Liebeswahrheit segnet
Ist selber Ursprung, ewig neu

Er lässt sich ganz in uns geschehen
Kraft des un-bedingten Ja
Ohne Augen können wir ihn sehen
Er ist die Tiefe. Er ist da

LIEBE WILL LIEBE

Meine Freiheit wird die Deine
Wenn Du an Dir Du selber wirst
Die Quelle Deiner Liebe strömt in meine
Wenn Du Dich in Dich selbst verlierst

Liebe will Liebe
Aus dem Tiefenrausch, dem Grund
Liebe will Liebe
Allmacht, Ja in Gottes Seelenmund

Du bist in Dir von jeher Erde
Im Schoß der Welt ruht Ewigkeit
Du lebst in Dir das alte „Stirb und Werde“
Dein Schoß ist fruchtbar und wird weit

Liebe will Liebe
Schönheitsstab und Sommersohn
Liebe will Liebe
Samen, Herzanis und Märchenmohn

Herrschen heißt der Liebe dienen
Es gibt kein Weil und kein Wozu
Dienen heißt dem Leben zu geziemen
Es lebt im Wir das Ich und Du

Liebe will Liebe
Ohne Mein und ohne Dein
Liebe will Liebe
Nur was wirklich ist, soll sein

Unsere Freiheit wird bestehen
Wenn wir ans uns wir selber sind
Die Quelle unserer Liebe will uns sehen
Weil mit uns die Welt beginnt

Fotos: iStock, Unsplash / Bluebird Images, Alexander Grey

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