PURPOSE – LEBENSSINN UND BERUFUNG
In dem Wort PURPOSE steckt das Universum des Lebenssinns. Es umfasst die zentrale Frage, die sich jeder Mensch im Leben irgendwann einmal stellt: „Warum bin ich hier auf dieser Welt? Welchen Sinn hat mein Dasein?“
Hier erfahren Sie mehr über
- Bestimmung und Berufung
- Talente
- Wertschätzung und -schöpfung
TEXT Ursula Maria Lang
Ursula Maria Lang studierte Kommunikationswissenschaften, Kulturanthropologie und Geographie. Sie arbeitet als freie Journalistin für ganzheitliche Themen, Umwelt und Gesundheit. 2002 entwickelte sie die nach ihr benannte Berufungsberatung, die mehrfach international ausgezeichnet wurde.
Seit über 20 Jahren studiere ich in meinem täglichen Tun, wie Menschen zu ihrer Berufung finden und warum dies so essenziell für jeden ist. Im Zentrum steht die Frage nach dem Lebenssinn: Was möchte oder soll ich auf dieser Welt verwirklichen, bewirken, bewegen? Was steckt in mir an Potenzialen und Talenten? Ja, WER BIN ICH eigentlich?
Die meisten Menschen stellen sich diese Frage oft erst in der Lebensmitte, in einer Krise, z.B. der Midlife-Crises: „Was bringt mir dieses Leben, so wie ich es lebe? Soll dies schon alles gewesen sein? Oder: Welchen Nutzen haben andere, dass es mich gibt …?!“
Die Sinnfrage beginnt gewöhnlich langsam in uns zu keimen, zeigt sich anfangs vielleicht durch Unzufriedenheit, Sinnleere oder Frustration im Arbeitsleben. Die innere Stimme wird aber nach und nach lauter, bis sich auch auf körperlicher Ebene deutliche Zeichen zeigen.
Spätestens zum Ende des Lebens stellt sich laut Befragungen Sterbender fast jeder die Frage: Was ist mein Lebensssinn und was werde ich hier hinterlassen? In diesem Artikel betrachte ich das große Lebensspektrum „Purpose“ mit der Frage:
„Wozu bin ich hier, wozu bin ich berufen auf dieser Welt…?!“
Bestimmung will sich verwirklichen
„Die eigene Bestimmung zu erfüllen, ist die einzige Verpflichtung des Menschen.“
Kenzaburo Oe
Marianne Sägebrecht sagte in einem Interview in der Zeitschrift Happinez, sie glaube „dass wir mit einem Lebensskript auf die Welt kommen“ und es an uns liege, was wir daraus machen. Das Wort „Lebensskript“ beschreibt die so genannte „Bestimmung“ richtig gut! Im Duden versteht man im Sinne der Berufung darunter „Aufgabe, Lebenssinn, Schicksal“.
Aus meiner Erfahrung finden wir unsere Bestimmung, unseren „Purpose“ u.a. über innere Bilder unserer Lebensvision. Es begegnen uns Menschen, die uns berühren, weil sie etwas tun, was wir auch gerne tun würden, es uns aber bisher nicht (zu)-trauen. Oder wir lesen Bücher, interessieren uns für Themen, die uns innerlich bewegen, die uns wichtig sind und für die wir uns auch am liebsten engagieren würden; aber vielleicht haben wir noch gar nicht daran gedacht, dass dieses Thema mit unserer Bestimmung, unserer Berufung zu tun haben könnte.
Das Besondere daran ist, dass wir über unseren Körper und unsere Seele spüren, wenn unser Leben in Richtung Lebensvision und Bestimmung geht. Oder auch, wenn wir uns davon meilenweit entfernt fühlen. So wie wir nach dem „Glücklich Sein“ streben und dafür unsere Hormone als Gradmesser haben, so zeigt uns unser Inneres anhand unseres Gefühls, ob DAS was wir gerade tun, mit unserer Bestimmung zu tun hat – oder eben nicht.
So können Sie sich fragen, was Ihnen in dieser Welt wichtig ist, was Sie brennend interessiert und es vergleichen, mit dem, was Sie gerade machen. Lassen Sie zu, dass es auch in Ihrem Leben eine Bestimmung gibt und gehen ihr auch die Spur. Fokussieren Sie sich dazu in Ihrem Inneren auch auf die nachfolgende Sinnfrage.
Lebensssinn und Zweck des Lebens
„Das, was ein Mensch für den Sinn seines Lebens hält,
ist die Motivation für alles, was er tut.“
Martin Lüscher
Etwas Sinnvolles zu tun ist der Fokus, der uns zu einem erfüllten Leben und damit zu unserer Bestimmung, unserer Berufung bringt. Die Seele ist hierbei unsere innere Instanz, die uns dorthin führt! Ab einem gewissen Alter kommen uns immer häufiger solche Gedanken, stellen wir infrage, was wir tun, wie wir leben und was wir wirklich tun wollen. Sobald wir jedoch DAS gefunden haben, was tief in uns selbst schlummert, uns glücklich macht, spüren wir eine innere Kraft, die einem Schmetterling gleicht, der aus seinem Kokon schlüpft.
Haben wir das gefunden, dann fängt unsere Seele an zu fliegen! Und enorme Kräfte werden in uns freigesetzt, wir spüren das Glück, endlich das zu tun, was wir schon immer tun wollten. Eines der schönsten Dinge, die ein Mensch über sein Leben sagen kann, ist der Ausspruch: „ICH BIN ERFÜLLT!“
Nicht nur zufrieden, nicht nur glücklich (denn das kann man ja nicht immer sein), sondern einfach erfüllt! Erfüllt mit dem wie ich bin, was ich kann und was ich tue und dem Sinn, der mit meinem Sein und Tun erfüllt wird! Das ist der Purpose unseres Lebens und Teil unserer Berufung.
Unsere Berufung ist das sinnvolle TUN an sich, der Sinn und Wert der eigenen Arbeit, die Energie und Schaffenskraft, die man in etwas Sinnvolles investiert. Der Sinnaufgabe kommen wir auf die Spur, wenn wir uns fragen: Wofür will ich mich einsetzen? Was möchte ich persönlich bewegen? Was möchte ich bewirken? Was gestalten? Was erschaffen? Stellen Sie sich diese Fragen und nehmen Sie sich Zeit für die tief in Ihnen liegenden Antworten.
Meine „Talente in Wert setzen …“
„Gott gab mir die Talente.
An mir ist es nach Vollkommenheit zu streben“
Michelangelo
Jeder Mensch hat Talente, die ihm in die Wiege gelegt wurden. Und zwar ausnahmslos. Unser eher konformer Ausbildungsweg in Schule und Gesellschaft führt meist dazu, dass besondere Talente wenig beachtet bzw. gefördert werden. Unser eigener Fokus bzgl. unserer Fähigkeiten geht daher meistens auf den Vergleich, wie bei Schulnoten. Dabei liegen ganz sicher noch völlig andere Talente in uns, die wir vielleicht noch gar nicht beachtet oder noch nicht in den Zusammenhang mit der eigenen beruflichen Entfaltung gebracht haben.
Talente sind naturgemäß in uns angelegte Stärken, unsere mitgebrachten Begabungen. Sie stellen Persönlichkeitsstärken dar, die uns leichter fallen als den meisten anderen, die uns leicht von der Hand gehen. Talente sind Schöpferkräfte, die in uns angelegt sind, damit wir sie in unserem Leben verwirklichen. Es ist kreative Energie, die gelebt werden will. Talente gehören also zu unserer Natur. Können wir uns unserer Natur gemäß entfalten, kommen unsere Talente wie von selbst nach oben.
Spannend ist, dass in früherer Zeit, z.B. bei den Persern und Griechen, eine wertvolle Gold- oder Silbermünze als Talent bezeichnet wurde. Talente waren also die Werteeinheiten, mit denen man die Leistung, also das Talent eines Menschen in Geldwerten entlohnte. In diesem Sinne ist auch die Berufung eine beruflich wertvolle Tätigkeit, die man in Wert setzt, also aus seinen Talenten auch monetäre Werte erschafft. Nur eben mit dem gleichzeitigen Sinnbezug, dem Schaffen von Werten auch für Andere und nicht nur dem reinen Geldverdienen oder gar dem Ausbeuten, wie es leider in der Wirtschaft und Arbeitswelt überall weltweit geschieht.
Daher ist das Leben der Berufung mit dem Einbringen seiner Talente auch ein spiritueller Akt, in welchem man zur eigenen Entfaltung und zum Wohle Aller seine von Gott gegebenen Talente in die Gesellschaft einbringt. In diesem Sinn kann jeder Mensch sein Leben reflektieren und sich selbst oder auch sein Umfeld fragen, was er besonders gut kannt, was ihm leichtfällt, was ihn als Persönlichkeit auszeichnet. Schauen Sie auch in Ihr soziales Leben und Ihre Hobbys an. Überlegen Sie dann, ob Sie diese Talente in Ihrem jetzigen Beruf einbringen können? Oder wo Sie sie einbringen und sich entsprechend beruflich weiterentwickeln könnten?!
Den eigenen „Purpose Statement“ definieren
„Wenn das Leben keine Vision hat, die man verwirklichen möchte,
dann gibt es auch kein Motiv sich anzustrengen.“
Erich Fromm
Das Wort Motivation entspringt dem Wortstamm „Motion“ = Bewegung und fragt danach, was uns innerlich bewegt, damit wir uns selbst bewegen? Es ist der innere Motor, der uns antreibt, morgens schon mit Freude aus dem Bett zu steigen, weil wir uns freuen auf das, was wir am heutigen Tag verwirklichen, gestalten und bewegen können. Seine innere Motivation zu kennen ist daher eine entscheidende Voraussetzung, die eigene Berufung zu finden, also herauszufinden, was uns antreibt.
In unserer Berufung sollten wir unsere Beweggründe kennen. Beweggründe sind die Kraft, die uns anspornt, uns zu bewegen, uns zu engagieren, Gründe, die uns mehr machen lassen, als wir es müssen, die uns über uns selbst hinauswachsen lässt. Eine Kraft, die uns innere Befriedigung gibt, weil wir damit etwas Sinnvolles tun, etwas erreichen und bewegen können.
Diese Kraft macht uns lebendig, gibt uns Sinn und hinterlässt ein gutes Gefühl. Dafür ist ein essenzieller Schritt, sein eigenes „Purpose Statement“ zu definieren. Fragen Sie sich, wofür Sie sich engagieren möchten, in Verbindung mit Ihren Talenten, z.B. in dieser Form: „Mithilfe meiner hohen Empathie möchte ich Menschen in einer sozialen Tätigkeit helfen“.
Nehmen Sie sich dazu die Zeit, schreiben Sie den oder die Sätze auf bzw. formulieren sie solange um, bis sie Ihnen beim lauten Vorlesen inneres Kribbeln der Freude oder eine Gänsehaut der Rührung verursachen. Schauen Sie dann Ihre jetzige berufliche Tätigkeit an und fragen Sie sich, inwieweit Sie dort Ihr „Purpose Statement“ verwirklichen können.
Ihr positiver Beitrag in der Welt und Gesellschaft
„Liebe besteht wesentlich darin, dass man seinen Beruf erfüllt in dem Wunsche,
sich der Allgemeinheit nützlich zu machen.“
Emanuel Swedenborg
Das Leben seines Purpose, seiner Bestimmung, ist auch immer zum Wohle anderer bestimmt. Somit vervielfältigt sich in dem Ausleben seiner Berufung das eigene Lebensglück. Daher kann die Sinnaufgabe auch als Gemeinwohlaufgabe bezeichnet werden. In der Berufung tun wir das, was uns selbst erfüllt und glücklich macht und was wir selber gut können, auch noch zum Wohle anderer. Es ist unser Dienst am Nächsten (die wahre Bedeutung der Dienstleistung) und damit unser Beitrag für die Welt.
Gerade in heutigen Zeiten weltweiter sehr beunruhigender Umstände bekommt die Berufung daher noch eine ganze andere Dimension: Es ist der Beitrag jedes einzelnen Menschen, die Welt ein kleines Stück besser zu machen und insgesamt das Bewusstsein anzuheben. Je mehr Menschen ihre Berufung leben und ihre Talente und Schöpferkraft zum eigenen und zum Wohle Anderer bzw. des Planeten einsetzen wollen, umso mehr Dynamik fließt in den soziokulturellen Bewusstseinswandel als große Chance einer Transformation dieser Welt.
Dass dieser Wandel schon im Gange ist, zeigt das seit etlichen Jahren große Interesse am Thema Berufung. Eine besondere Rolle kommt dabei der jungen Generation zu. Wissenschaftler wie Prof. Gerald Hüther, die ihren Blick auf das große Potenzial unserer Kinder richten, zeigen auf, dass seit einige Jahrzehnten immer mehr Kinder mit einem anderen Bewusstsein geboren werden. Sie wehren sich gegen den alten Kurs unserer ausbeutenden Wirtschaft und Umweltzerstörung und wollen völlig neue Wege gehen.
Kinder und Jugendliche, die spüren, dass sie ihr Geld auf andere Weise verdienen, die Sinn stiften möchten. Junge Menschen, die mit ihren Talenten und ihrer inneren Motivation dazu beitragen wollen, unsere Erde zu retten, Mensch, Tier und Natur wohl zu tun und einen positiven Beitrag in der Welt zu leisten.
In diesem Sinne können auch Sie sich in ihrem Innersten fragen, was Ihr Beitrag in der Welt sein würde, wenn Sie ganz frei agieren könnten?! Lassen Sie bei dem Gedankenspiel erst einmal die monetären Aspekte außer Acht. Auf diese Weise können Sie sich erst einmal spielerisch Ihrer Berufung nähern und dann schauen, wo Ihr Purpose einzusetzen ist.
Vom Purpose zur Berufung und Lebensaufgabe
„Wo Deine Talente und die Bedürfnisse der Welt sich kreuzen,
dort liegt Deine Berufung“
Aristoteles
Hat Sie dieser Artikel inspiriert, der eigenen Sinnaufgabe auf die Spur zu kommen? Ihr Purpose Statement zu finden und dazu Ihre innere Motivation zu entdecken? Ihre Talente zu finden und vor allem zu entfalten und damit der Welt Ihr Bestes zu geben?! Es gibt so viele Berufungen, wie es Menschen gibt, denn jeder hat seine Eigen-ART, seine eigenen Stärken, seinen Lebenssinn und seine Schöpferkraft, die er beruflich einbringen kann. Auch Sie!
Seien Sie sich gewiss, dass Ihre Berufung auf Sie wartet, wenn Sie dazu einen inneren Ruf spüren, und begeben Sie sich auf den Weg Ihrer ureigenen Berufung, Ihre Sinnaufgabe auch zu finden. Sie eröffnet Ihnen Zugang zu Ihrer Schöpferkraft und lässt Sie wie bei einem Bogenschützen Ihre Energie auf Ihr PURPOSE-Ziel richten.
Denn in der Wortbedeutung von PURPOSE stecken auch die Absicht, das konkrete Vorhaben, der klare Entschluss und die Entschlusskraft. Je klarer wir unsere Sinnaufgabe und unsere Bestimmung kennen, umso mehr innere Kräfte entfalten sich, diese auch zu erreichen. Aus der inneren Begeisterung heraus senden wir etwas aus, das auch andere begeistert, wir erschaffen ein Resonanzfeld zu Menschen, die sich von unserer Vision, unserer Bestimmung und unserer Begeisterung dafür wie magisch angezogen fühlen. Und daraus entsteht die Erfüllung eines höheren Sinns und unser Beitrag für die Welt.
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