PRIORITÄTEN – IHR SINN UND WERT
Wie kann es gelingen, alt zu werden und das auf lebenswerte Weise, möglichst glücklich? Unser ältester Autor beschreibt, was für ihn wichtig war und spricht mit Hans Christian Meiser im ersten SINNfluencer-Dialog „Ein Meiser und ein Eckstein“.
Hier erfahren Sie mehr über
- Lebensziele und Anerkennung
- Notwendige Selbstfürsorge
- Work-Life-Balance
Text Wolfgang Eckstein
Wolfgang Eckstein ist 97 Jahre jung. Der Jurist war u.a. Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bayerischen Bekleidungsindustrie, gründete den Verband deutscher Modedesigner, den Modekreis München und eine Stiftung für die Modeindustrie. Für PURPOSE schreibt er exklusiv.
Wolfgang Eckstein verwendet in seinen Purpose-Beiträgen so gut wie nie das Wort „Ich“, sondern spricht von sich in der dritten Person. Er tut dies, weil er der Ansicht ist, das „Ich“ in einem Artikel sei zu egoistisch, zu ich-bezogen. Auch im folgenden Beitrag spricht er deshalb von sich selbst als dem „Autor“:
Der Autor (geb. 1927) wird immer wieder gefragt, was er im Leben eigentlich richtig gemacht hat, um dieses hohe Alter in einer lebenswerten Weise zu erreichen und es sich zu erhalten.
Für ihn war immer klar, dass das Dasein unweigerlich gewisse Ansprüche an den Menschen stellt und nicht mit Selbstverständlichkeit in ein glückliches Gesundsein bis ins hohe Alter führt.
Er hat frühzeitig erkannt, dass es sich lohnt, sich Gedanken zu machen, um herauszufinden, was im Leben wirklich wichtig ist und was man ausschließen muss oder vernachlässigen kann.
Für ihn war es undenkbar, keine Prioritäten zu setzen, denn sie hatten eine fundamentale Bedeutung für ein weiteres glückliches Leben.
PRIORITÄTEN RICHTIG SETZEN
Die jahrzehntelange berufliche Tätigkeit in führender Position verlangte ständige Beantwortung vielfältiger Fragen und das Treffen von Entscheidungen. Diese erforderten seine ganze Energie und seine Ressourcen.Um den Anforderungen einerseits gerecht zu werden und andererseits das eigene Leben nicht zu vernachlässigen, war es notwendig, Prioritäten mit Sorgfalt nach Dringlichkeit und Nützlichkeit in ein System zu bringen. In sämtlichen Fällen mussten diese auf seine eigene Person und nicht nach Normen der Gesellschaft abgestimmt sein. Diese Regel wurde für die gesamte (bisherige) Lebenszeit beibehalten.
Natürlich ändert sich das Schwergewicht einzelner Prioritäten zwangsläufig im Lauf der verschiedenen Lebensabschnitte. Was in der Jugend wichtig war, hat im Erwachsenenalter eine ganz andere Bedeutung, erst recht im Alter. Aber der hohe Wert der Prioritäten blieb für die Erreichung des Lebenszieles unverzichtbar. Die Frage ist nun, was die wichtigsten Prioritäten waren und immer noch sind, um auf dem richtigen, gewünschten Lebensweg zu gehen und zu bleiben.
Der Autor machte nicht den fatalen Fehler, seine Selbstfürsorge zu vernachlässigen, was in vielen Fällen verhindert, das Dasein lebenswert zu gestalten und zu erhalten.
SICH UM SICH SELBST SORGEN, ABER AUCH UM ANDERE
Selbstfürsorge ist nichts, was auf einen ausgeprägten Egoismus schließen lassen würde, sondern eine Notwendigkeit für ein eigenständiges, gesundes, ausgeglichenes Leben, was – abgesehen von der Gesundheit – für jeden die Möglichkeit schafft, in seinem sozialen Umfeld Positives zu bewirken.
Bis heute kümmert sich der Autor emotional und auch mental um sein eigenes Ich. Er nimmt sich die Zeit, zu erkennen welche Bedürfnisse richtig waren und sind, die Selbstfürsorge umfassend zu erfüllen und den Herausforderungen des Lebens effektiv zu begegnen.
GESUND BLEIBEN
Körperliche Gesundheit ist die Basis für Wohlbefinden und Belastbarkeit. Dabei gilt es, bestimmte Regeln einzuhalten, wie z.B. eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und vor allem ausreichender Schlaf, den die Jesuiten übrigens als Lebenspriorität Nr. 1 ansehen, denn nur ein ausgeruhter Mensch kann seine Aufgaben zur Zufriedenheit aller erfüllen.
Um darüber hinaus die emotionale Selbstfürsorge stabil zu halten, ist es nötig, sich von allen negativen Einflüssen abzugrenzen. Positive Menschen üben einen positiven Einfluss aus, deshalb ist es sinnvoll, sich konsequent von Negativmenschen zu trennen. Auch ist es wichtig, „Nein“ zu sagen, wenn es nötig ist, aber sich Zeit für alles, was Freude bereitet, zu nehmen.
NEUGIERIG BLEIBEN
Seine grenzenlose, nie endende Neugierde, sorgte beim Autor dieser Zeilen für eine starke mentale Selbstfürsorge. Sie motivierte zum Lesen, Schreiben, Meditieren, zum Lernen neuer Fähigkeiten. Über seine Reisen in 120 Länder schrieb er Berichte, um seine Erfahrungen, Eindrücke und Gefühle als unvergessliche Erinnerungen zu behalten und sein Leben dadurch zu bereichern.
Besonders deutlich wurde das, als er mit 96 Jahren, begann, als Autor monatlich einen Artikel über lebensnahe Themen für das Purpose Magazin zu schreiben und dafür noch einen Award gewann. Diese Arbeit erforderte zwangsläufig auch perfekte theoretische und praktische Kenntnisse im digitalen Bereich und den Umgang mit den entsprechenden Gerätschaften.
Er wollte und will (!) nicht in der Welt, sondern mit der Welt leben und schafft sich nach wie vor ein soziales Umfeld mit Menschen, die ihm was bedeuten und mit denen er gemeinsam Lebensfreude teilen kann. Damit ist eine krankmachende Einsamkeit völlig ausgeschlossen.
Wichtig ist ihm immer, alle Generationen in seinem Lebensbereich mit einzuschließen. Damit erhält er sich das Anpassen und Verstehen für alle Zeitänderungen und für das unterschiedliche Verhalten der jüngeren Generationen.
DASEIN FÜR SICH UND ANDERE
Eine hohe Priorität hatte auch der Beruf und die damit verbundene finanzielle Sicherheit für den Lebensunterhalt. Sie machte es ihm möglich, auch Träume wahr werden zu lassen und ein unabhängiges Leben zu führen. Dieses Streben nach beruflichem Erfolg war eine Quelle der Erfüllung. Es gelang ihm über diesen persönlichen, beruflichen Erfolg hinaus, sich auch für die Allgemeinheit auf breiter Ebene einzusetzen. Bundespräsident Richard von Weizsäcker verlieh ihm dafür das Bundesverdienstkreuz 1.Klasse. In der dazu gehörenden Urkunde heißt es „in Anerkennung der um Volk und Staat erworbenen besonderen Verdienste“.
Eine neue Motivation, weiter im gleichen Sinne aktiv zu bleiben.
Er hat vermieden, dass all diese beruflichen Gegebenheiten auf Kosten anderer Lebensbereiche gehen. Denn irgendwann war das Berufsleben zu Ende.
Nicht erst im Rentenalter begann er, an neue dringend notwendige Prioritäten zu denken. Es war ihm stets wichtig, seine Finanzen überlegend zu verwalten und längerfristige Ziele im Auge zu behalten.
Eine ausgewogene Arbeits- und Lebensbilanz war für ihn der Schlüssel für ein abgerundetes, harmonisches Leben.
ALT WERDEN UND JUNG BLEIBEN
Der Autor möchte mit diesen Ausführungen nur seine eigenen, subjektiven Lebenserfahrungen einbringen; sie sind vielleicht nicht für alle Leser in gleicher Weise geeignet. Aber vielleicht mag sich der eine oder andere davon inspirieren lassen.
Diese Gedanken und Erinnerungen sind somit „nur“ der Versuch einer Antwort auf die eingangs erwähnte Frage, was er getan hat, um so alt zu werden (oder jung zu bleiben) …
Hören Sie hier den neuen SINNfluencer-Dialog „Ein Meiser und ein Eckstein“ von Hans Christian Meiser und Wolfgang Eckstein, ein Gespräch zum Thema Prioritäten:
Fotos: iStock, Unsplash / Simon Berger