TAMARA COMOLLIS GESPÜR FÜR MEHR
Die Schmuck-Designerin setzt auf nachhaltigen Luxus, denn der Schutz der Meere ist eine Herzensangelegenheit. Im Kampf gegen Raubbau und Vermüllung unterstützt Comolli die Schutzorganisation Oceana und kreierte dafür das Sand Dollar Capsule Design.
Text Gerd Giesler
Das Unternehmen zählt seit 1992 zu den erfolgreichsten Fine Jewelry-Marken. Tamara Comolli ist mit 6 eigenen Boutiquen und 120 Verkaufsstellen in Europa und den USA präsent. Oceana ist eine 2001 gegründete Non-Profit-Umweltschutzorganisation www.oceana.org
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er schöne Schein allein reicht der Schmuckdesignerin nicht. Es bleibt bei ihren Designs immer Platz für eine Story oder besser gesagt eine Botschaft, die Tamara Comolli so wichtig ist: der Schutz der Weltmeere.
„Wasser ist nicht nur die Quelle meiner Inspiration, es ist der Ursprung des Lebens.“
Das hauchdünne, münzgroße Skelett eines Seeigels, das sonnengebleicht an Karibikstränden zu finden ist und von Muschelsammlern Sanddollar genannt wird, ist so empfindlich, dass es Tamara Comolli zu einem besonderen Schmuckdesign inspirierte. Der Sand Dollar ist „ein Symbol für die Partnerschaft mit Oceana und ein Symbol für das faszinierende, schützenswerte Leben im Meer.“
Nach eigenen Angaben hat Oceana seit der Gründung der amerikanischen Non-Profit-Umweltschutzorganisation fast 4 Millionen Quadratmeilen Ozean geschützt. Jährlich unterstützt die Designerin die Arbeit der Meeresschützer mit einem festen Betrag.
Neue Hoffnung für die Weltmeere
Ein Großteil des weltweiten Plastikmülls hat mittlerweile die Tiefen der Ozeane erreicht. Dort füllt er Gräben und Senkungen für Jahrtausende, weil Plastik aufgrund des Fehlens von Licht und Wärme sich nur langsam zersetzt, aber kontinuierlich Mikroplastik abgibt. Seit 2003 hat Oceana Dutzende konkreter politischer Siege erzielt. Angefangen beim Unterbinden zerstörerischer Fischereipraktiken wie dem Schleppnetzfang, der illegalen Fischerei, die Milliarden abwirft und sich an keine Quoten hält, bis hin zum Schutz von Walen, Delfinen und Meeresschildkröten. Im „Blauen Manifest“ legte Oceana der Weltpolitik letztes Jahr einen Plan vor, wie die Meere und Küstenregionen bis 2030 gerettet werden können.
Tamara Comolli sitzt lässig im Homeoffice am Tegernsee umgeben von viel Licht und Blumen am Videoscreen und sinniert über die Zukunft: „Als Wassermann bin ich trotz aller Probleme auf der Welt ein positiv denkender Mensch und bereite mich gerade auf rosige Zeiten vor.“ Instinktiv verbindet man bei ihr damit sonnendurchflutete Tage am Strand, sorglos und unbeschwert. „Wir sehnen uns doch alle danach, dass wieder alles anders wird und darauf möchte ich meine Mitarbeiter, meine Firma und mich vorbereiten.“
Schmuck als Wellness für die Seele
„Nächstes Jahr feiern wir 30-jähriges. Ich wünsche mir eine Party zum Auftakt mit vielen Menschen und Schmuck so richtig zum Anfassen. Ich denke wir alle haben diese Video-Zusammenkünfte mit Familie, Freunden, Kunden und Geschäftspartnern langsam satt.“ Ein Haarföhn brummt im Hintergrund. Schuld ist der 17-jährige Sohn der Designerin. „Er hat Homeschool und bearbeitet gerade seine Sneakers-Kollektion, weil er Teile daraus verkaufen will.“ Auch wenn er nicht in die Fußstapfen der berühmten Mutter treten will, der Hang zur Kollektion, die Lust am Sammeln, scheint bei den Comollis symptomatisch zu sein.
Von der Liebe zu den Steinen und zum Goldschmieden
Über 33 Color Stories, mehr als 1000 unterschiedliche Schmuckstücke hat die Designerin, der die 60 wahrlich nicht anzusehen ist, in drei Jahrzehnten geschaffen.
Mikado ist heute die It-Kollektion von Tamara Comolli. Den kleinen Kegel, als Farbstein oder Diamant, als Solitär oder Flamenco-Armband, hat sie rauf und runter gebetet und das Herz der Kundin damit erobert.
Ein bisschen ist es wie in „Charlie und die Schokoladenfabrik“: Eine Welt für sich, nur eben bunt, nicht süß. Eine Welt der grünen und rosa Turmaline, der blauen Topase, des apfelgrünen Peridot. Dazu gesellt sich orangener Mandarin Granat, Lava-Jasper aus dem Ozean vor Madagaskar und mattschwarz schimmernde Tahitiperlen.
Tamara Comolli hat ein unglaubliches Gespür für Steine. „In unserer Werkstatt am Tegernsee finden Sie Goldschmiede die traumhaft schönen Schmuck herstellen. „Es ist mir ein Anliegen, die stolze Tradition unseres Handwerks fortzusetzen. Die verantwortungsvolle Beschaffung der hochwertigsten Materialien aus zuverlässigen, legalen Quellen ist dabei ein wichtiger Aspekt.“ Sie lässt es sich auch nicht nehmen, selbst zu Minenbetreibern, Händlern und Schmuckmessen zu fahren.
Die Botschaft: Schönes soll Schönes bewirken
Genau genommen hatte es einen Hauch Missionarisches, als sie vor 30 Jahren anfing, einen funkelnden Diamanten an ein Lederband zu hängen und damit in Jeans und T-Shirt herumzulaufen. „Mein Ziel war es Schmuck diese Steifheit zu nehmen.“ Sie wollte mehr Glanz in den Alltag von Frauen bringen und durch ihr Tun letztlich mehr Glanz in die Welt, was man heute „sustainable happyness“ nennt.
Nach dem Studium in München arbeitete Tamara Comolli zunächst in der Werbung und dann in einer Unternehmensberatung, bevor sie in die USA ging und einen Amerikaner mit italienischen Wurzeln heiratete. Ausgerechnet in einem Spielcasino in Las Vegas präsentierte sie dann während der Schmuck Messe erste Entwürfe. Klar, Diamanten und Gold, das boten die anderen auch. Aber ihr Schmuck war irgendwie anders. Alltagstauglich, leicht, farbenfroh, innovativ.
Glanz in Kinderaugen zaubern
Heute sind Tamara Comolli-Boutiquen an Sehnsuchtsorten wie Sylt, am Tegernsee, in Marbella und den Hamptons zu finden. „Mein Lieblingsplatz ist dort, wo ich im warmen Abendlicht gegen Sonnenuntergang auf das Meer schauen kann. Das macht mich selig. So, wie wenn eine Mutter ihrem Kind ein Gute-Nacht-Lied vorsingt.“
Vielleicht wurde deshalb der India Leaf Anhänger aus Perlmutt zu ihrer Hommage an alle Mütter dieser Welt, für Schutz, Liebe und Geborgenheit. Und da es genügend Kinder gibt, denen dieses Glück nicht zuteil wurde, startete Tamara Comolli eine Weihnachts-Charity-Aktion. Zehn Prozent aus dem Erlös des „Mother-of-Pearl“-Anhängers kam SOS Kinderdorf zugute.
Nomadentum und Schmelztiegel Gibraltar
Die Kindheit der Designerin verlief unstet. Der Vater erwarb nach seiner Ausbildung zum Croupier in der Spielbank Bad Wiessee von der britischen Königin eine Lizenz, um in Gibraltar ein Casino in den Fels zu bauen. Tamara besuchte dort die Schwesternschule und wuchs im Dreieck Frankreich, Spanien und Marokko auf.
Das Nomadentum war alles andere als einfach, „aber du erlebst viele Kulturen und Gibraltar war ein melting pot. Dort lebten viele Inder und meine Mama lief im Sari herum,“ erinnert sich Tamara Comolli. „Casino war damals noch glamourös, so wie der Opernball. Für mich war es eine Märchenwelt. Doch wehe, mein Vater erwischte uns Kinder an den einarmigen Banditen!“
Zurück zu den Ursprüngen
Tamara Comolli verkaufte vor drei Jahren einen Großteil der Firmenanteile an einen strategischen Investor. „Ich war und bin immer Vordenker“, sagt sie und in ihrer Stimme schwingt so viel jugendlicher Elan, dass man das was dann kommt nicht so recht glauben mag: „Mein Schmuck lebt von Geschichten. Und ich will künftig mehr Zeit haben, mich als Executive Creative Director auf solche emotionalen Stories zu konzentrieren. Ich habe 30 Jahre lang Gas gegeben. Ich muss jetzt wieder zu den Quellen meiner Inspiration reisen und ich muss das jetzt tun.“
Zwei Drittel der Erde sind von Ozeanen bedeckt. Wasser ist unser Lebenselexir. „Verantwortungsbewusstes Handeln des Managements ist ein wichtiger Schritt in Richtung nachhaltigen Luxus und eine bessere Zukunft für uns alle und die kommenden Generationen.“
Fotos: Tamara Comolli, iStock, Unsplash / Ateeq, Abner Abiu Castillo Diaz