Changemaker stärken im Gegenwind
Junge Talente, die etwas verändern wollen, fördert die gemeinnützige GmbH „CRITICAL FRIENDS“: Mit einem Weiterbildungsprogramm gibt sie Changemakern eine Stimme, wenn sie in eingefahrenen Strukturen mehr Nachhaltigkeit umsetzen wollen.
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Text Antoinette Schmelter-Kaiser
Gemeinsam gründeten sie „CRITICAL FRIENDS“: Anna Goldhofer, Wirtschaftsingenieurin und Materialwissenschaftlerin, arbeitet in der BMW Group an Kreislaufwirtschaft. Susanne Schöb studierte Gesellschaftswissenschaften und arbeitete in der Nachhaltigkeitsberatung.
Interviews, Vorträge, Talks: An Gelegenheiten mangelt es Anna Goldhofer nicht, über ihre Herzensthemen Nachhaltigkeit und Circular Economy zu sprechen, zum Beispiel am 15.5.24 bei einer Panel Diskussion in der Pinakothek der Moderne, die im Rahmen der „munich creative business week“ stattfand und von der BMW Group Design und Die Neue Sammlung ausgerichtet wurde. „Jung, weiblich, nachhaltig – diese Kombination lässt sich gut kommunikativ nutzen und hat mich zu einer Art Ambassador gemacht“, erzählt die Münchnerin, die sich beruflich bei der BMW Group auf die Entwicklung und den Einkauf kreislauffähiger Materialien sowie Bauteile fokussiert. Dabei kann sie erfreuliche Erfolge wie die Einführung reycelbarer Fußmatten verbuchen – für sie eine Möglichkeit, etwas zu bewegen.
Denn ihrer Meinung nach hat „jedes kleine Teil eine Auswirkung auf die Umwelt.“
Gleichzeitig hat sie auf ihrem Weg aber auch „viel Gegenwind“ bekommen, war immer wieder mit „starren Strukturen“ konfrontiert.
Softskills für mehr Überzeugungskraft
Einerseits der Wille und die Notwendigkeit zur Veränderung angesichts großer, globaler Herausforderungen wie Klimakrise, Krieg und soziale Spaltung, andererseits die Schwerfälligkeit bestehender Systeme: Mit diesem herausfordernden Spagat muss nicht nur Anna Goldhofer in ihrem Job klarkommen. Aus vielen Gesprächen weiß sie, dass das auch für andere junge Menschen in Unternehmen gilt. Und das hauptsächlich aus einem Grund:
„Ihre Schwierigkeit ist, dass sie nicht in relevanten Entscheidungspositionen sitzen. Es kostet sie viel Energie, für ihre Überzeugungen zu kämpfen. Es macht müde, immer wieder gegen Windmühlen zu argumentieren – das weiß ich aus eigener Erfahrung.“
Dabei mangele es Nachwuchskräften nicht an Fachwissen, sondern an Softskills, um überzeugende Geschichten zu erzählen, andere mitzunehmen und dabei innerlich resilient zu bleiben.
„Menschen hinter einer Sache zu mobilisieren, das bringt einem im Studium niemand bei“, sagt Anna Goldhofer.
Jungen Changemakern eine Stimme geben
Vision der gemeinnützigen GmbH „CRITICAL FRIENDS“, die sie 2022 gemeinsam mit Susanne Schöb gegründet hat, ist es deshalb, „jungen Changemakern eine Stimme zu geben“. Als Mittel zum Zweck dient ein sechsmonatiges Weiterbildungsprogramm, das aus einem dreitägigen Live-Event am Anfang und Ende sowie wöchentlichen Online-Sessions besteht.
Im Modul „Empowering Growth“ lernen die Teilnehmenden, ihre eigenen Werte kennen, stärken ihre Persönlichkeit, arbeiten mit Konfliktsituationen und erhöhen ihre individuelle Resilienz.
Im zweiten Modul wird fundiertes Fachwissen über eine ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltige, zukunftsfähige Wirtschaft vermittelt.
Das dritte kreist um praxisorientierte Instrumente, um Ideen effektiv voran zu bringen, und Hierarchien zu überwinden. Im Modul „Mastering Transformation“ werden die Lerninhalte direkt in die Praxis überführt. Mit „Collective Learning“ schließt sich an jede Online-Session ein Austausch über Erfahrungen, Herausforderungen, Best Practices und Lösungsansätze an.
Konstruktive Brücken bauen
Dieser „Blumenstrauß in Richtung Change“ wurde mit Unterstützung von 40 Fellows aus verschiedensten Fachgebieten und führenden Executive Coaches in einem Jahr Vorbereitungszeit entwickelt. Er soll Impulse geben, eine „konstruktive Brücke bauen“ und „die Hände reichen“ zwischen progressiven und eher konservativen Positionen sowie verschiedenen Generationen. Denn für Anna Goldhofer und Susanne Schöb ist „unser Wirtschaftssystem Teil des Problems und Schlüssel zur Lösung zugleich. Es sind die eigenen jungen Mitarbeitenden, die Unternehmen zukunftsfähig machen.“
Der Begriff „Critical Friend“ verdeutlicht die Haltung, mit der Transformationen idealerweise von innen heraus initiiert werden sollten: Sie ist ebenso kritisch wie versöhnlich-zugewandt, um eine Verteidigungshaltung als Reaktion auf massive Angriffe oder Vorwürfe zu vermeiden.
Branchenübergreifende Ähnlichkeiten
Mittlerweile haben die ersten Kohorten das Programm durchlaufen; zwei neue Gruppen sind im April an den Start gegangen, im Oktober folgen die nächsten. „Von der kleinen Schreinerei bis zum Dax-Unternehmens war alles dabei“, resümiert Susanne Schöb. „Interessant ist, dass sich die Herausforderungen und Probleme branchenübergreifend gleichen.“
Das Feedback sei mit Lob für viel Inspiration, positiven Spirit, einfühlsame Lernatmosphäre und ganz viel Gemeinschaft „super“ ausgefallen. Gut kam auch an, dass die Umsetzung in die Praxis schon während der Akademie Teil des Programms ist, Teilnehmende also direkt ins Tun kamen – und dabei sowohl durch qualifizierte Coaches begleitet wurden als sich auch gegenseitig unterstützen konnten. Für eine Fortsetzung dieser Verbindung ist gesorgt. Denn im Lauf von sechs Monaten sind aus etlichen Akademie-Absolventen Freunde geworden, die dauerhaft Kontakt halten und ein Netzwerk bilden.
Viel Kraft im Miteinander
Wie viel Kraft im Miteinander steckt, wurde Anna Goldhofer selbst in zwei Schlüsselmomenten klar: 2019 war sie beim Young One World-Gipfel zu Gast und begegnete dort Tausenden junger Changemaker, die einander von ihren Wegen und Zielen berichteten.
Ende 2021 folgte sie einer Einladung von Susanne Schöb, die als Kuratorin von TEDx München einmal im Jahr inspirierende Talks zu aktuellen Themen organisiert, und konnte als Nachhaltigkeits-Expertin und Aktivistin über Kreislaufwirtschaft sprechen. Bei diesem Anlass lernten sich die beiden Frauen näher kennen, blieben nach dem „Circular Minds“-Event in Verbindung und beschlossen, zusammen junge Talente mit Veränderungsdrang und innerem Feuer zu fördern – die Geburtsstunde von „CRITICAL FRIENDS“.
Dauerhafter Bedarf an Weiterbildung
Mittlerweile kümmert sich Susanne Schöb als „Frontfrau“ hauptberuflich um die gemeinnützige GmbH und empfindet das als den „besten Job der Welt“. Anna Goldhofer engagiert sich neben ihrem Vollzeitjob bei BMW ehrenamtlich bei „CRITICAL FRIENDS“, weil ihr diese Aufgabe „seelisch guttut“.
Mit der bisherigen Entwicklung sind die beiden Co-Founderinnen sehr zufrieden: „Wir wollen langsam wachsen. Auf lange Sicht kann das Modell unserer Changemaker Akademie vervielfältigt werden.“
Bedarf an Weiterbildung gibt es ihrer Meinung genug:
„Nachhaltigkeit ist für viele junge Menschen ein wichtiges Thema, für das sie sich nicht nur privat, sondern auch an sinnstiftenden Arbeitsstellen einsetzen wollen. Unternehmen mit erklärten Nachhaltigkeits-Zielen sind für sie besonders attraktiv.“
Zum „Wandel in und durch Unternehmen hin zu einer Beautiful Economy“ will „CRITICAL FRIENDS“ nicht nur mit der Changemaker Akademie inspirieren. Auch Workshops, Entrepreneur Talks und Keynotes hat die kreative gGmbH im Angebot – weitere Möglichkeiten, um eine nachhaltige, systemische Veränderung anzuregen.
Fotos: CRITICAL FRIENDS, iStock, Unsplash / Jason Leung