Rotes Faden Knäuel

Design inklusiv erleben

Eine neue Taststation im Design Museum der Neuen Sammlung in München macht Design erlebbar – für alle Besucher!

Hier erfahren Sie mehr über

  • Die Neue Sammlung
  • Barrierefreiheit
  • kultur.digital.vermittlung

Text Angelika Nollert

Prof. Dr. Angelika Nollert

Prof. Dr. Angelika Nollert ist seit 2014 Direktorin der Neuen Sammlung – The Design Museum in München und war u.a. Projektleiterin der Documenta 11. Als Kunsthistorikerin beschäftigt sie sich mit Kontinuitäten und Überschneidungen unterschiedlicher Disziplinen.

„Die Neue Sammlung – The Design Museum“ in der Münchener Pinakothek der Moderne zählt mit über 120.000 Objekten aus den Bereichen Industrial Design, Graphic Design, Computer Culture, Mobility und Kunsthandwerk zu den größten und bedeutendsten Museen für angewandte Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. Im Bereich des Industrial and Product Design gilt „Die Neue Sammlung“ als führend.

Die Neue Sammlung – The Design Museum

Das älteste Designmuseums Deutschlands

„Die Neue Sammlung“ gilt zudem als das älteste Designmuseum Deutschlands. Idee und Initiative zur Gründung sind eng mit der 1903 gegründeten „Münchner Vereinigung für angewandte Kunst“ sowie der 1907 in München formierten „Werkbundbewegung“ verflochten. Die seit 1912 aufgebaute „Moderne Vorbildersammlung“ war Grundstock der „Neuen Sammlung,“ die 1925 als Staatsinstitution etabliert und 1926 als Museum eröffnet wurde mit dem Ziel, „Das Neue“ von höchster Qualität aufzuspüren, zu sammeln und zu bewahren.

Von Beginn an hat sich „Die Neue Sammlung“ in ihrem Verständnis von den gleichzeitig existierenden Museen für angewandte Kunst oder Museen für Kunst und Gewerbe abgesetzt, indem sie sich dezidiert der seinerzeitigen Moderne und damit der zeitgenössischen Formgestaltung verpflichtete. Bis heute prägt dieser Gründungsanspruch die Programmatik der „Neuen Sammlung.“

So legt „Die Neue Sammlung“ auch in der Art und Weise, wie Designobjekte im Museum präsentiert werden, in der Vermittlung und Kommunikation sowie in der Entwicklung neuer Formate großen Wert auf Innovation. Ein solch neues und wichtiges Format ist die im Dezember 2023 erfolgreich eröffnete inklusive Taststation.

Gute Gestaltung für alle!

Inklusion ist ein höchst aktuelles, bedeutendes und vieldiskutiertes Thema unserer Gesellschaft, doch zeigt sich im Alltag und in den Kulturinstitutionen, welch großer Nachholbedarf hierzu herrscht.

Gemäß ihrem Leitsatz „Gute Gestaltung allen Menschen zugänglich zu machen“ hat „Die Neue Sammlung“ nun eine inklusive Taststation entwickelt, die für die verschiedensten Bedarfe der Menschen – auch spielerisch zugängliche – Inhalte anbietet.

  • inklusive Taststation
  • Taststation in "Die Neue Sammlung"

An zwei langen Tasttischen im X-D-E-P-O-T werden 17 Objekte großzügig präsentiert.

Über verschiebbare Bildschirme sind Informationen zu den jeweiligen Sammlungsstücken digital abrufbar. Die Benutzer und Benutzerinnen können dabei frei wählen, in welcher Form die Informationen ausgespielt werden sollen: als kurzer Text mit Hintergrundinformationen, als Text in leicht verständlicher Sprache, als Audiodeskription oder als Video in deutscher Gebärdensprache.

Darüber hinaus werden die Inhalte auch auf Englisch kommuniziert. Über einen Einhandhörer mit eingebauter Induktionsschleife ist die Wiedergabe aller Texte als Audioversion möglich. Zum spielerischen Erkunden lädt eine Vertiefungsebene mit Bildern, Texten, Höraufnahmen und Videos ein.

In ihrer spezifischen Auswahl repräsentieren die Tastobjekte nicht nur die Vielfalt der Designsammlung, sondern vermitteln auch Designideen des modularen Prinzips, und es können verschiedene Werkstoffe ertastet werden. Um eine authentische Erfahrung
der Objekte zu ermöglichen, wurde besonders Wert daraufgelegt, Original-Designobjekte und Original-Materialien an den Tasttischen zur Verfügung zu stellen. Lediglich bei den modularen Designobjekten, bei denen die Besucher Elemente selbst kombinieren können, wurden Modelle erstellt, um ein partizipatives Angebot und einen spielerischen Zugang zu schaffen.

Designgeschichte, analog und digital

Mit dieser neuen Taststation bietet „Die Neue Sammlung“ erstmals ein Vermittlungsangebot auch für Menschen mit Hör- und Seheinschränkungen, Sprachverständnisschwierigkeiten und kognitiver Einschränkung. Damit wendet sich das Projekt an ein breites, internationales Publikum und verschafft allen Menschen einen analogen und digitalen Zugang zu einer der weltweit bedeutendsten Sammlungen zur Designgeschichte.

Professionelle Maßstäbe bei der Entwicklung der Taststation sind programmatisch umgesetzt. Mit „capito München“ konnten wir eine externe erfahrene Beratungsfirma für Barrierefreiheit gewinnen. Alle Inhalte und Übersetzungen wurden von Testgruppen geprüft und sind zertifiziert. Für die Entwicklung der Tasttische wurde das renommierte Tactile Studio & Atelier WAM beauftragt. Der Tisch, der bewusst an eine Werkbank erinnert, wurde von den Architekten Kuehn Malvezzi gestaltet, die auch für die Architektur des X-D-E-P-O-T-S verantwortlich zeichnen. Ganz bewusst ist der Tasttisch so zu einem integralen Bestandteil des Museums geworden.

Tasttische

Förderung mit Zukunft

Die Taststation ist letztlich ein Ergebnis der Förderung durch das Programm „kultur.digital.vermittlung“ des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst, für die wir dankbar sind, und ein weiterer wichtiger Schritt in die Richtung der Inklusion.
Auch „PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne“ unterstützt „Die neue Sammlung“ bei diesem wichtigen Projekt. Seit 2020 setzen wir uns hier intensiv mit dem Thema der Barrierefreiheit auseinander und stellen Ausstellungsinformationen in leicht verständlicher Sprache als Texte sowie Audioversionen zur Verfügung.
Die vielen Infrastrukturen und Inhalte, die durch dieses Projekt „Design inklusiv erleben“ aufgebaut wurden, werden selbstverständlich in die Zukunft weiterentwickelt.

Auch wird die digitale Strategie des Museums weiter fortgeschrieben, so ab Frühjahr 2024 mit der neuen Website der „Neuen Sammlung,“ die barrierefrei programmiert ist.

„Es ist unser Ziel, einen analogen wie digitalen sowie maximal inklusiven Zugang zur Sammlung unseres Designmuseums zu schaffen,“ so Frauke Maria Petry, welche das Projekt „Design inklusiv erleben“ leitet.

Fotos: Anna Seibel, Die Neue Sammlung – The Design Museum / A. Laurenzo, Kai Mewes

 

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