Mann im Park mit lachendem Gesicht

Glücklich leben bis zum Ende der „Zig-Jahre“

Was sind die „Zig-Jahre“? Die Antwort: Sie fangen bei Zwanzig an und hören bei Neunundneunzig auf. Unser Autor weiß, was man in dieser Zeit am besten macht.

Hier erfahren Sie mehr über

  • Chancen zum Glücklichsein
  • Neugier
  • Beziehungen

Text Wolfgang Eckstein

Schwarz-weiß-Porträt von Wolfgang Eckstein

Wolfgang Eckstein ist 97 Jahre jung. Der Jurist war u.a. Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bayerischen Bekleidungsindustrie, gründete den Verband deut­scher Mo­de­desig­ner, den Mo­de­kreis München und eine Stif­tung für die Modeindustrie. Für PURPOSE schreibt er exklusiv.

In all den Jahren zwischen 20zig und 99zig sollte man alles tun, was möglich ist, um das Ziel, ein glücklicher Mensch zu sein, zu erreichen. Es sei denn, man gibt sich lieber dem uneingeschränkten Genuss hin, auch wenn das der Gesundheit erheblich schadet. Ein solches Verhalten muss nicht unbedingt zu einem kürzeren Leben führen, jedoch gilt: Wenn einem bereits durch Krankheit das genommen wird, was das Leben lebenswert macht, vergibt man sich die Chance des Glücklichseins.

Menschen zwischen Seifenblasen

GESUNDHEIT

Besonders kurzsichtig gedacht ist es, wenn man sein Dasein ab dem 20zigstgen Lebensjahr mit rundum guter Gesundheit als selbstverständliches Geschenk des Schicksals ansieht. Man wähnt sich in diesem körperlichen Hochgefühl für unantastbar und immun gegen jedes Missgeschick, geht alle möglichen Risiken ein, von denen man glaubt, sie würden die Glücksgefühle erweitern und dem Leben den wahren Sinn geben – oft ein fataler, unumkehrbarer Irrtum!

Natürlich haben nicht alle Menschen die gleichen Voraussetzungen und Möglichkeiten, ein langes, glückliches Leben zu führen, deshalb sollen an dieser Stelle nur grundsätzliche Prioritäten angesprochen werden, die allgemeine Gültigkeit haben können.

An erster Stelle, man ahnt es schon, muss bei diesen Überlegungen die Gesundheit stehen, denn zu ihr gibt es keine Alternative. Es geht dabei nicht nur um die physische, sondern auch um die psychische Gesundheit. Der enge Zusammenhang zwischen den beiden Komponenten ist unbestritten.

Leider findet die seelische Seite oft zu wenig Beachtung, weil sie kein unmittelbares Schmerzempfinden verursacht, aber in vielen Fällen die Ursache für einen körperlichen Schmerz ist, was bei Diagnosen gelegentlich übersehen wird.

Gesundheit ist das wichtigste Geschenk im Leben, das man sich wünschen kann.

Mit ihr sorgfältig umzugehen, um sie zu erhalten, sollte deshalb eine Selbstverständlichkeit sein. Die Erfahrung zeigt, dass viele Menschen dies nie verwirklichen und später ernsthafte Folgen ertragen müssen. Die hohe Einschätzung der Gesundheit bedeutet nicht, sich in einer angenehmen, wohlfühlenden, erfreuenden, befreienden, unbeschwerten, genussvollen Lebensweise einzuschränken und auf wünschenswerte Dinge zu verzichten.

Das Leben kennt so viele schöne Gelegenheiten, man muss nur ihren Wert, auch für die Gesundheit, erkennen.

Kinder umarmen sich

NEUGIER

Ein weiterer Faktor für ein erfülltes Leben ist die Neugier! Warum verlieren so viele Menschen im Lauf der Jahre oder Jahrzehnte, ihre Dynamik, ihr Interesse, ihre Kommunikationsfreude, ihren Willen sich zu bewegen, ihren ursprünglichen Wunsch zu reisen? Natürlich ist es leichter abzusteigen als aufzusteigen. Es ist einfacher, den Weg des geringsten Widerstands zu gehen als sich den Anforderungen des Lebens zu stellen. Eine Couch ist eben bequemer als eine Treppe. Nur an Hoffnung und Glück zu glauben, ist eine völlig falsche Einstellung. Stillstand ist schon ein Rückschritt und verhindert, ein Leben zu führen, das über dem allgemeinen Durchschnitt liegt.

Die allumfassende Neugier, bis in das hohe Alter, ist der Antrieb für alle Aktivitäten, das Leben vielseitig, interessant, spannend und erfüllend zu machen und zu erhalten. Verliert der Mensch, im Laufe seines Lebens die Neugier, die er im Kindesalter in sich trägt, ist er schon tot, wie es Michael Ende drastisch ausgedrückt hat.

Diese Neugier muss sich auf alle Lebensbereiche beziehen und nicht nur auf irgendwelche Hobbys. Sie genügt nicht allein für den Beruf, auch wenn dieser leidenschaftlich ausgeführt wird. Eines Tages ist die Laufbahn zu Ende und man steht in einer einsamen Wüste, ohne Freunde, Interessen, verträumt sich in Langweile und endet vielleicht in Depressionen. Deshalb ist Neugier so wichtig und sie gilt unbegrenzt für alles, was die Welt bewegt.

WISSEN

Es gibt mittlerweile nicht wenige, die eine negative Meinung über Smartphones haben, weil mit diesen Minicomputern oft unnütz viel Zeit vergeudet wird. Wer aber erkennt, dass dieses kleine Wunderwerk der Technik alle Fragen beantwortet, die man ihm aus Neugierde eingibt, der erkennt seine umfassende Nützlichkeit. Man hat ein Lexikon zur Hand, welches nahezu das gesamte Wissen der Welt enthält und dadurch die Möglichkeit bildet, mit allen Menschen uneingeschränkt, weltweit in fast allen Sprachen, zu kommunizieren.

Welch großartige Gelegenheit, seine Neugier auf vielfältige Weise zu befriedigen, sich dadurch innerlich selbst zu bereichern, neues Wissen anzueignen und Beziehungen zu pflegen.

Smiley auf eine Straße gemalt

BEZIEHUNGEN

Arthur Schopenhauer und Friedrich Nietzsche meinten, der Mensch sei ein egoistischer Einzelgänger und lebe nur auf Grund gesellschaftlicher Zwänge in einer Gemeinschaft. Das hat die Forschung längst widerlegt. Seit Urzeiten haben die Menschen, wie auch die Tiere, in Gruppen gelebt. Der Mensch von Heute hat diese Eigenschaft nicht verloren, sondern in einer anderen Weise erhalten. Er will manchmal Einzelgänger sein, ein anderes Mal sucht er einen einzelnen Menschen oder die Gruppe.

Dieses Bedürfnis ist ein starkes, lebensbejahendes, glückbringendes Moment, ohne das der Mensch in Einsamkeit versinkt, die wiederum erhebliche gesundheitliche Schäden zur Folge haben können, welche das Leben verkürzen.

Zwischenmenschliche Beziehungen sind eine Brücke zwischen Einsamkeit und glücklicher, zufriedener und gesunder Lebensfreude. Sie müssen keine enge Bindung darstellen, sondern können in freier Weise so gelebt werden, wie die handelnden Personen sich das wünschen. Das Leben ist vielgestaltiger, interessanter, auch abwechslungsreicher und leichter, wenn man mit vielen Menschen aus verschiedensten Lebensbereichen kommuniziert.

Auch wenn das ohne irgendwelche Verpflichtungen oder Bindungen geschieht, darf es nicht in die Oberflächlichkeit abrutschen.

FREUNDSCHAFTEN

Auch hier kommt wieder die Neugier zu ihrer Bedeutung, denn nur sie führt zu Begegnungen mit anderen Menschen, deren Leben, Beruf und Interessen. Ein vielseitiger Austausch von Ideen, Gefühlen, Gedanken und auch Emotionen, wirkt demnach wie ein Lebenselixier.

Echte, vertrauensvolle Freundschaften sollten einen festen Platz im Leben haben, denn sie machen glücklich. Sie sind aber nur von Wert, wenn sie Zeiten und Entfernungen überstehen und nicht an Bedeutung verlieren. Auf keinen Fall darf eine Freundschaft eine Zweckgemeinschaft sein, weshalb es ein wichtiges Ziel für immer bleibt, Beziehungen und Freundschaften, gleich welcher Art, in allen Lebensabschnitten zu haben.

Freundschaften aber sind keine Alleinläufer, sie müssen gepflegt werden und das kostet Zeit. Wer sich keine Zeit für seine Freunde nimmt, so sagt eine bekannte Weisheit, dem nimmt die Zeit die Freunde! Besonders im Alter ist es wichtig, sich auch an jüngeren Altersgruppen zu orientieren, um deren Lebenseinstellungen, Interessen, Wünsche, Erwartungen und vieles mehr weiterhin zu verstehen und mitzuerleben. Man kann sich durchaus an ihre Lebensart anpassen und ihnen zugleich eigene Lebenserfahrungen vermitteln, zumal gerade an diesen oft großes Interesse besteht.

Dabei kann man Verständnis für ihre Probleme zeigen und, wenn gewünscht, gute Ratschläge geben. Auch das macht glücklich, denn auf diese Weise hat man nicht nur eine Vergangenheit, sondern lebt in einer immerwährenden, angepassten Gegenwart, die das eigene Alter unwichtig werden lässt.

REISEN

Es gibt in der Geschichte eine Anzahl berühmter Persönlichkeiten, die unter oft anstrengenden Bedingungen gereist sind, nur um ihren Blick auf die Vielfalt der Welt und ihre Menschen zu erweitern. Wie wichtig Reisen im Leben ist, lässt sich mit den Worten des Kirchenvaters Augustinus wie folgt ausdrücken „Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon.“

Reisen ist die Suche nach etwas, das innerlich fehlt. Reisen ist ein Motivator für den Erhalt der aus dem Leben nicht wegzudenkenden Neugier. Die Welt ist ein Mosaik mit vielen, unterschiedlichen Facetten, die den Geist nicht ruhen lassen, damit er immer wieder Neues entdecken kann.

Man lernt, mehr zu sehen, hören und fühlen. Daraus entwickeln sich Glücksgefühle, die man nicht beschreiben kann, sondern selbst erleben und empfinden muss.

Zwei Menschen sitzen vor einem Sonnenuntergang

HUMOR

Dem bisher Gesagten muss aber noch eine wichtige Komponente hinzugefügt werden. Bei allem Ernst des Lebens sollte man die Bedeutung des Humors nicht vergessen, und gerade für ihn in seiner spontanen Form bietet der Alltag viele Möglichkeiten. Humorvolle Bemerkungen können über schroffe Klippen im Leben hinweghelfen, Stimmungen aufheitern oder festgefahrene Gespräche in Leichtigkeit auflösen. Eine Sache verliert nicht an Ernsthaftigkeit, wenn man sie heiter nimmt. Außerdem ist Lachen eine Krankheit, von der sich jeder gerne anstecken lässt.

FAZIT

Bei Einschluss obiger Überlegungen für den Lebensweg der Zig-Jahre (und darüber hinaus) kann ich zu folgendem Ergebnis kommen: Für die Vergangenheit: Alle negativen Momente, auch wenn das oft schwer sein mag, vergessen. Ein Paradies schöner, unbeschwerter Erinnerungen behalten, die Nichts und Niemand wegnehmen kann und sie in der Seele verankern. In der Gegenwart auf allen Ebenen leben, erleben und das Erfahrene verinnerlichen.

In der Zukunft mit Demut und Dankbarkeit bisherige und neue Erfahrungen harmonisieren.

Der Autor ist diesen Weg bislang in großer Zufriedenheit und mit Glücksgefühlen gegangen und will ihn auf die gleiche Weise fortsetzen, um mit sich und der Welt im Einklang zu sein.

Seinen Platz in der Hierarchie der Gesellschaft sieht er darin, dass die Besseren für ihn immer Vorbilder sind, und für die anderen bemüht er sich, selbst ein Vorbild zu werden.

Fotos: …iStock, Unsplash / Danilo Batista, Varun Gaba, Yingchou Han, Harli Marten, Annie Spratt

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