Fotografie von einem Sonnenuntergang über dem Meer.

ECKSTEINE DES LEBENS: HARMONIA MUNDI

Dieser poetische Text ist eine Hommage an die Liebe, an die Begegnung zwischen zwei Seelen, die – von Harmonie getragen – das Beste für den jeweils anderen möchten. Die Erkenntnis: Wer liebt, erfährt die Harmonie der Welt.

Hier erfahren Sie mehr über

  • Zarte Annäherung
  • Achtsame Begegnung
  • Tiefe Liebe

Text Wolfgang Eckstein

Schwarz-weiß-Porträt von Wolfgang Eckstein

Wolfgang Eckstein ist 95 Jahre jung. Der Jurist war u.a. Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bayerischen Bekleidungsindustrie, gründete den Verband deut­scher Mo­de­desig­ner, den Mo­de­kreis München und eine Stif­tung für die Modeindustrie. Für PURPOSE schreibt er exklusiv.

Ein nebliger und feuchter Morgen, trist wie die Stimmung und die Herzen der Menschen, die um diese Stunde ihren Pflichten nachgehen, und die sie nicht freiwillig und nicht gern erfüllen. Ein Nachwirken der vergangenen Nacht in den torkelnden Gestalten, die verständnislos und mit hohlen, glasigen Augen auf die Frühaufsteher blicken, nicht begreifend, dass ein neuer Tag, ein neues Leben, begonnen hat.

Meine Sinne nehmen dies alles nur am Rande wahr, nur gerade so, dass ich mir meiner Umgebung bewusst werde. Meine Gedanken haben bereits ihren Weg gefunden, Entfernungen im Fluge übersprungen und Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander verwoben, sich ihre eigene Welt aufgebaut und mir das Leben und seine bunte Vielfältigkeit nähergebracht.

Dem Motto Descartes‘ folgend – „Ich denke, also bin ich“ – beginnt ein neues Abenteuer, eine Fortsetzung der reichen Erlebnisse dieser Monate.

Ungewissheit und Annäherung

Ein Tag wie jeder andere, ein Abend ohne Inhalt, unschlüssig, etwas zu tun. Ein Anruf, dann warst Du da, so als ob es selbstverständlich wäre, bist Du in mein Leben getreten. Mit sicherem Gefühl für das Richtige, unbewusst und mit der Seele einer Frau, die ein breites Band von Gefühlen in sich trägt. So war der erste Abend Anfang, Ende und Beginn zugleich. Langsam, schleppend, ein Nehmen und Geben ohne rechten Inhalt. Der ständige Versuch, sich einer weiteren Annäherung zu entziehen, auch wenn sich bereits vieles in vollendeter Gemeinsamkeit gefunden hatte.

Zu vieles war zu plötzlich und zu neu in Dein Leben getreten, um sich voreilig in eine neue Ungewissheit zu stürzen. Zu jung die Freiheit und Unabhängigkeit, nach der man sich so lange gesehnt hat, aber beständig Dein Bemühen, diesen Übergang zu meistern und zu neuen Erkenntnissen zu kommen.

Alle diese Momente geben unserem Zusammensein ein eigenes Gesicht und lassen nichts erstarren.

  • Zwei Hände, die nacheinander greifen.
  • Verschwommene Abbildung einer Hand mit Blume.

Das Erwachen der Freude

Vor uns liegt das tiefschwarze Meer, überspannt von einem südlichen Frühsommerhimmel. Wie ein strahlender Diamant auf dunklem, samtenem Grund, die stolze Stadt mit ihrer großen Vergangenheit. Noch heute den Ankömmling mit den mächtigen Türmen achtungsgebietend und zugleich einladend grüßend, wenn er den Regeln dieses Landes nicht entgegenlebt. Vor wenigen Stunden noch in Ungewissheit, erlebe ich diese Eindrücke nun mit Dir gemeinsam.

Dich neben mir zu wissen, Deinen Körper zu ahnen und Deine Gedanken zu spüren, gibt diesem wunderbaren Erlebnis eine verzauberte, unwirkliche Atmosphäre. Eine Komposition aus fern vergangener und unmittelbar gegenwärtiger Lebensfreude. Der Tag gehört dem Nachempfinden der erfüllten Nacht und der Vorfreude auf die noch ungewissen Stunden des kommenden Abends eines um sich wissenden Paares.

Ein leuchtender Stein im Mosaik unseres Lebens. Ein Anruf und noch einer – ein Brief und noch einer – und es war für mich Gewissheit, dass ich das Richtige tue, wenn ich zu Dir fliege. So viel Verlangen in einer Umgebung, die Dir so viel Möglichkeiten gegeben hätte, konnte ich nicht zurückweisen, und es war gut so.

Das Schicksal hat, als ob es die Begegnung noch verschönern wollte, eine Unsicherheit vor das Wiedersehen gesetzt und das Glück gesteigert. In eine andere Welt getragen, berauscht durch das Herbe der Natur, in einen Taumel versetzt, Dich wieder in den Armen zu halten, Deine samtene Haut zu spüren, stehen diese Tage für sich.

Die gemeinsame Melodie

Du kannst es nicht wissen, wie gern ich mir diese Symphonie des Lebens angehört und wie ich es geliebt habe, Dir den Taktstock zu überlassen, wohl wissend, dass Du unsere gemeinsame Melodie findest. Das Finale ist hoffentlich noch nicht gespielt – zu kurz war der Auftakt – zu schnell das Ende. Ein großer Wunsch bleibt offen.

Ein strahlender Sommertag an einem flimmernden See, heiter, unbeschwert unser Gemüt, das die Stunden der Arbeit, die zermürbende Hektik der Großstadt vergessen macht. Möwen, wie von geheimnisvollen Kräften getragen, segeln über den friedlichen Himmel, Fische eilen aufgeschreckt davon und stolze Schwäne suchen eifrig nach
Nahrung.

Ein sanfter Wind verwandelt die langweilige Glätte des Sees in ein zartes Wellenmuster und streicht angenehme Kühle prickelnd auf nackte Haut, lässt Gefühle
sich regen, die sonst von den Alltäglichkeiten überspült werden. Zärtliches Geplauder, angefacht vom Zauber der Natur und dem stillen aufbauenden Alleinsein. Ein
Wunderwerk – Auftakt zu einem noch größeren Erlebnis – das uns die Umwelt vergessen macht. Es gleicht einem schäumenden Gebirgsbach, der in seiner wilden Ungestümtheit alles mit sich reißt und im stillen See seine Ruhe wiederfindet. Unsere Erlebnisse wiederholen sich täglich wieder, nach allen Seiten variierend, vielfältig wie wir selbst und immer uns ganz erfassend und erfüllend. Eine fortlaufende Kette von Sommertagen mit der trüben Ungewissheit des Herbstes in sich.

Der Schatten einer Blume auf dem Körper einer Frau.

Der Herbst der Liebe

Die ersten Nebel liegen am Morgen über den Feldern, zerfließend in der aufgehenden Sonne und setzen doch die ersten Zeichen für den Winter. Wie die Saat des Frühjahrs, die jetzt ihre Früchte trägt, so finden wir uns nach den unbeschwerten Sommertagen, die so vieles in uns reifen ließen, in einer neuen Welt wieder.

Die erregende Spannung des neuen menschlichen Erlebens ist geblieben, ergänzt durch das Erkennen des Gemeinsamen. Die Gefühle sind bereichert durch das sich Preisgeben eines Teils seines Selbst, in der Hoffnung auf ein Mehr an Harmonie.

Was zeitlich unüberbrückbar schien, der Wechsel der Jahreszeit, ist kaum wahrnehmbar ineinandergeflossen. So stehen wir, wie so manches Mal, vor der Ungewissheit, ob unser immer nur auf Stunden begrenztes Zusammensein auch Tage füllen kann. Das Wissen um die Zerbrechlichkeit unserer Gefühle hat uns für diese Zeit eine andere Einstellung finden lassen, so wurde aus den Bedenken ein Rausch von Gemeinsamkeiten. Fröhlichkeit und Entspannung waren die Hintergründe für unsere Welt, in der wir uns immer wieder gern allein gefunden haben.

Der Beginn eines neuen Weges

Ein Jahresende – ob man es zur Kenntnis nimmt oder versucht, es zu vergessen – ist ein Einschnitt in unseren Lebenslauf. Es kann ein Ende ohne Anfang sein oder der Beginn eines neuen Weges. Für uns war es der Höhepunkt eines alten Jahres und ein strahlender Beginn des neuen Jahres, den ich mit Worten nicht ausdrücken kann. Er berührt mich noch immer und sicher noch viel länger unmittelbar und immer gegenwärtig.

Vielleicht gibt uns ein Größerer die Kraft und die Erkenntnis, dies alles zu bewahren, weiter daran zu glauben und es hinaufzutragen zu noch Schönerem.

Fotos: Unsplash / Joseph Barrientos, Jackson David, Olga Drach, Anna Tarazevich

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