Modischer Mann mit Camouflage Oberteil

Ecksteine des Lebens: DAS MILITÄR ALS MODEMACHER

Ob man Uniform verabscheut oder sie wegen ihres Tragegefühls hoch schätzt, nicht zu übersehen ist: Unsere Kleidung wurde und wird in vielen Bereichen durch das Militär beeinflusst.

Hier erfahren Sie mehr über

  • Kurze Bermudas
  • Edles Khaki
  • Beste Jacken und Mäntel und coole Accessoires

Text Wolfgang Eckstein

Schwarz-weiß-Porträt von Wolfgang Eckstein

Wolfgang Eckstein ist 95 Jahre jung. Der Jurist war u.a. Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bayerischen Bekleidungsindustrie, gründete den Verband deut­scher Mo­de­desig­ner, den Mo­de­kreis München und eine Stif­tung für die Modeindustrie. Für PURPOSE schreibt er exklusiv.

Es sind oft keine großen Überlegungen über modische Attribute dabei, wenn für Soldaten bestimmte Bekleidung für einen besonderen Zweck entwickelt wird, denn letztlich sind Funktionalität und Gebrauchstüchtigkeit, Styling und verarbeitetes Material entscheidend.
Oft waren es Wind und Regen, die den Zweck bestimmten.
Schließlich sitzt der Soldat normalerweise nicht in trockenen, gut geheizten Räumen, sondern ist Hitze, Kälte und Trockenheit ausgesetzt.

MILITÄR MODE: DIE BERMUDASHORTS

Wobei wir gleich bei den Bermudashorts wären, die gerade jetzt ein neues Modebild, selbst in den Großstädten abgeben. Sie sind in der sommerlichen Herrengarderobe zum Standard geworden und werden sogar zum eleganten Blazer getragen. Auch die Damen haben sich nicht nur auf dem Golfplatz diesem Trend angeschlossen. Wie es zu diesen „kurzen Hosen“ gekommen ist, hat eine simple Erklärung. Die Engländer, stockkonservativ, aber auch immer mit einer Portion Mut zu Experimenten, Neuheiten und Verrücktheiten ausgestattet, sind die „Erfinder“ dieser „Kniefreien.“

Und das kam so:
Die britischen Kolonialtruppen auf den Bermudas konnten die ständige Hitze, der sie ausgesetzt waren, nicht länger ertragen. Sie kamen deshalb auf die naheliegendste Idee, die man sich denken kann und schnitten einfach ihre Hosenbeine ab. Damit waren die „Bermudas“ geboren, deren Siegeszug um die ganze Welt ging.

MILITÄR MODE UND DIE FARBE KHAKI

Es gibt nur wenige Modefarben, bei denen man weiß, wann sie entstanden sind. Die allseits bekannte Farbe Khaki hat indes ein festes Geburtsdatum, nämlich das Jahr 1848. Wieder waren es die Briten die Geburtshilfe leisteten. Als Kolonialmacht hatten sie ihre Truppen in vielen Ländern stationiert. Dem Regimentskommandeur Sir Harry Lumsden erschien es unerträglich und es ärgerte ihn maßlos, dass die weissen Baumwolluniformen seiner Soldaten nach jeder Exerzierübung in die Wäsche mussten.

Der allgegenwärtige Punjap-Staub in Nordindien sorgte für diese ständigen Verschmutzungen. So wusste er keinen anderen Ausweg, als die Uniformen im Ton der gelblich braunen Erde einzufärben, um zu erreichen, dass diese sich der Erdfarbe anpassen und damit der Schmutz nicht so leicht auffällt. Man übernahm das Hindiwort „Khak“, was so viel wie Erde oder staubfarben bedeutet. Ab diesen Zeitpunkt nannte man den festen diagonal gewebten Baumwollstoff „Khaki“.

Die Amerikaner, immer schnell im Anpassen, tauschten ihre dunkelblauen Wolluniformen aus dem Bürgerkrieg gegen „Khaki“ aus. Im zweiten Weltkrieg schneiderte man für die US- Airforce zu den Khakihosen entsprechende Hemden mit aufgesetzten Brusttaschen. Die ideale Verbindung von Funktionalität und Flair war der Ausschlag dafür, dass die heimkehrenden Soldaten diesen „Edeluniformen“ treu blieben und sie zum festen Bestandteil ihrer Freizeitbekleidung machten.

Eine gewisse weiche Alternative zu den festen Jeans. Sie kennen, wie diese, kein Bügeleisen, sitzen wie angegossen, werden nach jeder Wäsche weicher und sind ungeheuer strapazierfähig.

DER DUFFLECOAT

Der Feldmarschall Montgomery war ohne Dufflecoat nicht vorstellbar. Wo immer er auftrat, hatte er einen solchen an, in dessen Taschen er seine Hände kategorisch tief vergrub. Ein Bild von Disziplin und Durchsetzungsvermögen. Er war es, der diesem Kleidungsstück zu einem ungeheuren internationalen Image verhalf. Die große Dufflewelle setzte ein, als nach dem Zweiten Weltkrieg große Mengen von Armeebeständen ausgemustert wurden und zahlreiche Duffles auf den deutschen Markt kamen. Teilweise wurden sie nur „Monty“ genannt. Seine Farbe ist das klassische Dunkelblau. Er ist unverwüstlich chic, strahlt eine gewisse Männlichkeit aus und kann wegen seiner groß geschnittenen Weite über alle Kleidung getragen werden.

Eine andere Geschichte zu diesem Kleidungsstück besagt freilich, dass sich dessen Ursprung schon früher finden lässt. Um 1890 wünschte sich die Admiralität der englischen Marine für ihre Matrosen neue Mäntel, die sie gegen Wind, Regen und Kälte schützten. So entwickelte die heute noch bestehende Firma Montgomery den „Duffelcoat“, der alle diese Ansprüche erfüllte. Der Name des Mantels mit einer Kapuze und Knebelverschlüssen aus Horn oder Holz kommt von dem schweren Wollstoff „Düffel“, aus dem er gearbeitet ist.

DER PARKA

Dem Duffle ähnlich, aber doch wieder anders, waren die grünlichen Militärjacken wie sie jeder Soldat im Winter trug. Sie galten als besonders warm, hielten Regen und Kälte ab und waren oft die einzige Unterlage, um darauf zu schlafen. Die Modewelt hat diese Jacke aufgegriffen, ihr ein ziviles Gesicht gegeben und dadurch zu einer Metamorphose verholfen.

Heute sind diese sogenannten Parkas gerade für jugendliche Träger ein Schirmersatz. Sie sind kürzer geworden, haben eine Kapuze und große, bequeme, aufgesetzte Taschen, die Handschuhe überflüssig machen. Vor allem wurde aus dem eintönigen Militärgrün eine Palette von Modefarben.

Wieder einmal war ein grausamer Krieg Auslöser für ein Bekleidungsteil aus der Militär Mode, das Jahrzehnte überdauert hat und sicher noch weitere überdauern wird.

Trenchcoat in beige

DER TRENCHCOAT

Der erste Weltkrieg, von allen Seiten mit großem Siegesgeschrei begonnen, erstarrte bald in einem endlosen Stellungskrieg auf französischer Erde. Schnee und Regen verwandelten bald die Schützengräben in Schlammpfuhlen und ließen die Soldaten in Nässe und Kälte erstarren.

Die Engländer suchten verzweifelt nach einem schützenden Mantel, der die Unbilden der Natur abhielt. Man stieß auf einen Herren namens Thomas Burberry, der Kleidung aus einem von ihm erfundenen Stoff namens Gabardine, welcher besonders wetterfest war, verkaufte. Genau danach hatte man gesucht. Bald waren alle britischen Offiziere mit einem solchen Mantel ausgestattet und es herrschte große Begeisterung über den neuen Militärmantel. So fand er nach dem Krieg Eingang in den zivilen Bereich. Nur sein Name „Trenchcoat“ erinnert noch an seinen eigentlichen Verwendungszweck in einem mörderischen Grabenkrieg (Trench = Graben). Und wer kennt heute nicht die Hollywoodstars Bogart und Falk (Columbo) in ihren unverwechselbaren Trenchcoats?

Wie immer in der Mode machen solche klassischen Teile Verwandlungen durch. So gibt es den „Trench“ heute in den verschiedensten Formen. Mit viel Drum und Dran oder aber schlicht und ohne Extras. Trotz aller Modekosmetik hat er seinen „Charakter“ und sein Gesicht bewahrt. Man erkennt immer, dass es ein „Trench“ ist.

Frau trägt Ray Ban Sonnenbrille

DIE RAY BAN

Brillen sind neben der eigentlichen Bekleidung ein wichtiger Modesektor und ein Accessoire, das aus dem Styling nicht wegzudenken ist.

1937 entwickelte die amerikanische Luftwaffe eine spezielle Sonnenbrille für ihre Piloten. Typisch daran war die Tropfenform und das Metallgestell. Auf die Nase gesetzt vermittelt sie harten Durchblick. Sie ist das Attribut der Helden der Wüsten, Meere und der Lüfte. Sie begegnet uns auf der Zigarettenreklame, bei Polizisten, Gangstern und Kriegsveteranen, insbesondere in amerikanischen Filmen. Heute wird sie aber auch von Designern in edelster Ausführung auf den Markt gebracht und das nicht gerade billig. Jedenfalls ist diese Pilotenbrille der Luftwaffe vom Brillenmarkt nicht mehr wegzudenken und uneingeschränkt beliebt. Mit ihrem strengen Design ist sie prädestiniert als Allround­ Sonnenbrille für Frauen und Männer.

Frau mit Bomberjacke

DIE BOMBERJACKE

Die tollkühnen Männer mit den fliegenden Kisten galten schon immer als modisch angehaucht und mit einer Portion Eitelkeit versehen. Im zweiten Weltkrieg nannte man die Piloten „Schlipssoldaten“, weil sie zu ihren blauen Uniformen hellgelbe auffällige Schals trugen. Ihnen war Dreck und Staub, mit denen sich der „Bodensoldat“ herumplagen musste, unbekannt, denn ihnen gehörte der flimmernde Himmel mit seiner grenzenlosen Klarheit und Sauberkeit.

Das edle Naturmaterial Leder war für die Helden der Lüfte der ideale Schutz gegen Wind, Kälte und die Sprit- und Ölspritzer. Jacken aus Textil hätten im Notfall aus ihnen nicht Bruch- sondern Feuerpiloten gemacht. Im Zweiten Weltkrieg entwickelten die Amerikaner für ihre „Flying Tigers“ die A2 Bomberjacke, eine bis an die Hüfte reichende Jacke mit Messingreißverschluss, zwei aufgesetzten Klapptaschen und Pelzkragen, in dunkelbraunen Leder. Sie wird in einschlägigen Kreisen nur „Bomber“ genannt.

Wo die Mode die Hand im Spiel hat, gibt es immer Variationen wie zusätzliche Innentaschen, Handwärmeschlitze, innen eingenähte „Fluchtwegkarten“, für den Fall eines Abschusses über Feindgebiet. Die Devise „Weniger Ist Mehr“ gilt auch für die Bomberjacke, zu der übrigens als würdige Ergänzung eine eigens für die Airforce entwickelte USAF Hamilton Fliegeruhr gehört. Wichtig ist die Passform der Jacke, insbesondere auf der Hüfte. Sie darf nicht zu locker, zu hoch oder gar zu tief sitzen. Geht man nach dem heutigen Straßenbild, laufen Millionen Pseudopiloten herum. Die Bomber ist zweifellos ein Teil der Mode geworden.

DER BLAZER

In einem dereinst von Evelyn Künneke gesungenen Lied heißt es, „für einen richtigen Mann gibt es keinen Ersatz“. Das gleiche gilt für einen richtigen Blazer. Mit ihm ist der richtige Mann 24 Stunden am Tag richtig angezogen. Es ist die sportliche Anzugeleganz. Über die Herkunft dieses aus keinem Kleiderschrank eines Mannes wegzudenkenden „Edelteils“ ranken sich viele, teils widersprüchliche Erzählungen. Nimmt man seinen Namen als Ursprung, so klingt die nachfolgende Geschichte am plausibelsten:
Anlässlich einer Flottenparade der englischen Marine für Königin Viktoria im Jahr 1837 machte sich der Fregattenkapitän Sorge um das modische Erscheinungsbild seiner Matrosen auf seinem Schiff „HMS BLAZER“. Ihm gefielen die kurzen, ärmlich aussehenden Serge-Jäckchen nicht, mit denen sie sonst in die Wanten kletterten. Deshalb ließ er eine verlängerte, doppelgeknöpfte Ausgehversion entwerfen.

Nach über 150 Jahren hat der Blazer seinen maritimen Touch nicht verloren, der insbesondere in den Knöpfen zu finden ist. Wer hier nicht sparen muss, kann einige hundert Mark für handgefertigte Messingknöpfe hinblättern. Dazu vielleicht noch ein passendes Brustwappen aus feinem Gold – oder Silberfaden. Es lohnt sich, denn das Schöne am Blazer ist seine einzigartige Vielseitigkeit. Er ist wie kein anderes Kleidungsstück absolut alters- und klassenlos. Mit ihm ist man immer passend angezogen. Nicht nur korrekt, sondern auch elegant, mit einem Hauch von Sportlichkeit und das auch am Abend.
Der vielbelächelte „Schöne Konsul“ Weyer wusste schon, warum er meistens Blazer trug. Wieder einmal hatte das Militär, vielleicht unbewusst, den Anstoß für eine die Zeiten überdauernde modische Richtung gegeben.

Springerstiefel in pink

DER SPRINGERSTIEFEL

Auch bei Stiefeln hat das Militär seine Vorstellungen eingebracht. Im Zweiten Weltkrieg musste man vermeiden, dass die Fallschirmjäger beim harten Aufsetzen auf dem Boden ihr Fußgelenke verletzen. Deshalb entwickelte man einen Stiefel, in dem eine bestimmte Federung eingearbeitet war, die den Aufprall verhinderte. Damit war der „Springerstiefel“ geboren und jetzt erfreut er sich besonders bei der Jugend großer Beliebtheit und wird von Männern wie Damen getragen.

DER GRANATENGÜRTEL

Selbst Granatengürtel und Taschen haben in der Mode Einzug gehalten. Ursprünglich dienten diese zur Aufbewahrung von Handgranaten, jetzt für alle möglichen Kleinigkeiten, die man nicht in einer Tragetasche mitschleppen will.

CAMOUFLAGE

Die wohl weiteste Verbreitung eines Stoff Designs auf dem Weltmarkt ist das Camouflage-Muster. Der Begriff ist ein französisches Lehnwort für einen Stoff, der mit einem Tarnfleck-Print versehen ist und lässt sich deshalb am besten mit „Tarnung“ übersetzen.
Zum ersten Mal wurde es von den Armeen im Ersten Weltkrieg eingesetzt. Im Bereich der straßentauglichen Mode ist allerdings meist keine Aussage im militärischen Sinn gegeben.
Ursprünglich diente es zur Tarnung, doch heute bewirkt es genau das Gegenteil, denn Trendsetter stehen mit coolen Camouflage-Teilen im Mittelpunkt der Modewelt.

KRIEGSGUT?

Bleibt am Schluss nur noch die Frage, warum so viele militärische Momente für die zivile, alltägliche Mode übernommen wurden und über viele Jahrzehnte nichts an ihrer Beliebtheit verloren haben? Vermutlich, weil an alle militärischen Ausrüstungsgegenstände schon immer höchste Qualitätsansprüche an Material, Verarbeitung, Funktionalität und zeitlose Passform gestellt wurden. Die Modeindustrie hat dies erkannt und sich die wichtigsten Merkmale zu eigen gemacht. Der Handel hat dies begrüßt und die Kundschaft weltweit dankt es mit zufrieden Mienen.

Doch: Auch wenn wichtige Kleidungsstücke einen militärischen Ursprung haben, wäre es wohl besser, es gäbe sie nicht, denn dann hätte es vielleicht auch die Kriege nicht gegeben.

Fotos: iStock, Unsplash / Andrej Nihil, Frank uyt den Bogaard, Karsten Winegeart

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