Frau spricht in auf Wand gemaltes Megaphon.

ECKSTEINE DES LEBENS: DIE MACHT DER STIMME

Nicht nur für Tiere, auch für Menschen ist die Stimme ein wesentlicher Bestandteil ihres Ausdrucksvermögens, mit dem man Positives oder Negatives schaffen kann. Mehr über die Macht der Stimme lesen Sie hier.

Text Wolfgang Eckstein

Schwarz-weiß-Porträt von Wolfgang Eckstein

Wolfgang Eckstein ist 95 Jahre jung. Der Jurist war u.a. Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bayerischen Bekleidungsindustrie. Er gründete den Verband deutscher Modedesigner, den Modekreis München und eine Stiftung für die Modeindustrie. Für PURPOSE schreibt er exklusiv.

Ein griechischer Philosoph wurde von seinen Freunden beobachtet, wie er jeden Tag zum Meer ging und für sie unverständliche Worte in die Brandung schrie. Auf ihrer Frage nach dem Warum antwortete er:

„Ich werde so lange meine Stimme erheben, bis sie laut genug ist, die Brandung zu übertönen. Dann will ich vor meine Zuhörer treten und ihnen deutlich sagen, was ich ihnen vermitteln möchte. Nun werden sie mich verstehen und meine Worte werden nicht untergehen wie Steine im Meer.“

Die Historie der Menschheit liefert genügend Beispiele von Männern und Frauen, die mich ihrer Stimme weitreichende Entscheidungen herbeigeführt haben. Martin Luther King z.B., Mahatma Gandhi, John F. Kennedy und viele andere im Positiven, Adolf Hitler im Negativen.

Einer unser eindrucksvollsten Bundeskanzler, Helmut Schmidt, wurde von der Bevölkerung nicht umsonst „Schmidtschnauze“ genannt, da er immer mit klaren und deutlichen Worten seine Ansichten durchsetzen bzw. sie vermitteln konnte.

MIT DER STIMME ÜBERZEUGEN

Auch im Tierreich verschaffen sich die Spezies durch ihre Stimme Respekt, wenn sie bellen, heulen oder knurren. Der Mensch aber verfügt über ganz andere Möglichkeiten, weil er seine Stimme vielfältiger einsetzen kann. Deshalb kann man die Bedeutung der Stimme und ihrer Ausdrucksmöglichkeiten, ganz gleich, bei welcher Gelegenheit sie eingesetzt wird, nicht hoch genug einschätzen.

Das Gegenüber muss immer das Gefühl haben, dass man es anfasst, also berührt. Dabei sollte das Verhalten des Sprechenden nicht massiv emotionsgeladen sein, sondern klar und entschieden, oder einfühlsam und zärtlich, je nach „Lage der Dinge.“ Der Ansprechpartner wird dadurch veranlasst, zuzuhören und über das Gesagte nachzudenken – und im besten Fall vom Inhalt der Worte überzeugt sein.

  • Schnurtelefon aus Dosen
  • Aus Post-its gelegte Sprechblase.

AUS DEN REAKTIONEN LERNEN

Mit der Stimme kann man aber das, was man sagt, selbst im Griff halten, um nicht Anderen das Terrain zu überlasen. Bei einem Dialog oder auch bei einem Monolog sollte man nicht zögern, Fragen (oder Gegenfragen) zu stellen, denn dadurch drückt man Selbstbewusstsein aus.

Meine Lebens- und Berufserfahrung hat mir gezeigt, dass man mit der Stimme viel mehr zu erreichen in der Lage ist, als man es selbst für möglich hält. Das Gesagte bezieht sich aber nicht nur auf Vorträge oder Reden, sondern auch auf den Umgang mit Menschen im Alltag, im Beruf, bei Freunden, bei Geselligkeiten, beim Einkaufen, schlicht: auf alles, wo man im Leben mit anderen zusammenkommt.

Freilich wird man seine stimmliche Überzeugungskunst nicht von Heute auf Morgen wie mit einem Drehknopf am Radio verändern können; was zu tun ist, habe ich oben in der Geschichte des Philosophen erzählt. Dabei bedarf es einer ständigen Selbstbeobachtung und Übung. Wichtig ist es, die Reaktionen bei den Angesprochenen zu beobachten und zu verinnerlichen. Gelegenheiten hierfür bieten sich jeden Tag: auf der Straße, in der U-Bahn, im Restaurant usw.

DIE KUNST DER ITALIENER

Sprich einfach Menschen an, ohne aufdringlich zu sein. Mache Fremden ein Kompliment, wenn es angebracht ist, grüße sie in freundlicher Weise. Du wirst sehen, wie viele kleine Erfolgserlebnisse du erntest. Du wirst von Mal zu Mal freier, unbeschwerter und sicherer im Umgang mit Menschen. Und wenn Du dann die Stimme richtig einsetzt und auch noch die richtigen Worte findest, dann steht Deinem Erfolg nichts mehr im Wege.

Die meisten Deutschen beneiden die Italiener wegen ihrer offenen, lockeren Unbekümmertheit, mit welche sie laut und oft (und auch für die Nachbarn deutlich hörbar) miteinander reden. Dieser Lebensstil ist ihnen von der Natur aus mitgegeben. Wir hingegen müssen daran arbeiten, verstanden zu werden.

Sprechender Mund aus Papier.

HEILUNG DURCH DIE MACHT DER STIMME?

Mittlerweile weiß man, welche Heilprozesse die Musiktherapie zu zeitigen in der Lage ist. Musik ist aber nur eine andere Art von Stimme (oder Stimme ist eine andere Art von Musik), die nach außen abstrahlt.

Warum wirken Singen, Schreien oder Lachen so befreiend und vermitteln ein wohliges Gefühl? Die Stimme dient wie die Haut und andere Organe als Ausleitungsmittel für die Seele, deshalb ist sie entgiftend und kann sogar heilend wirken. Leider ist auch das Gegenteil der Fall, wenn man die Stimme falsch einsetzt. Dann wirkt sie verletzend und kann schwere seelische Schäden hervorrufen.

Wir können also mit unserer Stimme zeigen, dass wir jemand sind, dem man zuhört und den man auch versteht. Gleichzeitig ermöglichen wir unserer Seele einen Flügelschlag, der uns in unserer Persönlichkeitsentwicklung ein Stück weiterbringt, vielleicht auch auf unserer Erfolgsleiter.

Die Stimme ist das, was wir haben, und sie macht uns gleichzeitig zu dem, der wir sind, sein wollen oder sein werden.

Fotos: iStock, Unsplash / Volodymyr Hryshchenko 

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