Ein Mensch blickt auf die Wolken

ECKSTEINE DES LEBENS: REISEN, UM ZU REISEN!

Warum reisen wir? Wollen wir tatsächlich Anderes, Fremdes erkunden, oder nur vom Alltag entspannen? Unser viel gereister Autor hat sich darüber Gedanken gemacht.

Hier erfahren Sie mehr über

  • Neugier und Suche
  • Was es bedeutet zu reisen
  • Erfüllung und Ankommen

Text Wolfgang Eckstein

Schwarz-weiß-Porträt von Wolfgang Eckstein

Wolfgang Eckstein ist 96 Jahre jung. Der Jurist war u.a. Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bayerischen Bekleidungsindustrie, gründete den Verband deut­scher Mo­de­desig­ner, den Mo­de­kreis München und eine Stif­tung für die Modeindustrie. Für PURPOSE schreibt er exklusiv.

Johann Wolfgang von Goethe äußerte gegenüber der Freundin Caroline Herder „man reist ja nicht um anzukommen, sondern, um zu reisen.“

Millionen Menschen bewegen sich ständig durch die Welt, und die Motive, warum sie eine Reise antreten, sind so vielseitig, dass man sie kaum erfassen kann. Aber es ist unbestritten, dass viele Reisende nur ein bestimmtes Ziel haben, ohne großes Interesse am Umfeld des Ortes, den sie besuchen. Für sie ist es wichtig, nicht den ganzen Tag zu Hause herumzusitzen oder in der Arbeit zu verkümmern. Leider haben sie im gleichförmigen Trott des Alltags vergessen, welche Überraschungen die Welt bereithält, die das Leben bereichern können.

WARUM REISEN WIR?

Um den Weg in die Welt zu beschreiten, bedarf es einer großen Neugier auf andere Länder und auf alles, was einem auf diesen Wegen begegnen kann. Die Welt ist wie ein Buch, von dem man nur eine Seite gelesen hat, wenn man nichts als seine Heimat kennt!

Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt!

Natürlich haben manche nicht das nötige Geld, um sich Reisen leisten zu können und bleiben lieber in der Heimat. Andere hingegen verbringen ihren Urlaub schon mit ihren Babys in fernen Ländern. Die meisten freilich reisen, um Vergnügen zu haben oder um für eine gewisse Zeit anders, vielleicht schöner als zu Hause, leben zu können. Und oft ist es nur der Wunsch nach mehr Sonne … wohingegen Araber z.B. gerne vor der Sonne in nördlich gelegene Länder fliehen.

Es gibt Reisende, die, befragt man sie nach ihren Eindrücken, Erfahrungen und Erlebnissen, einem das sichere Gefühl vermitteln, dass sie nichts erlebt, gesehen, gehört, oder irgend etwas mitgebracht haben, was sie innerlich berührt und verändert hat.

Andere wiederum, die nicht so viel gereist sind, kommen mit Begeisterung über das Erlebte und unvergesslichen Erinnerungen zurück.

Mann sitzt auf dem Dach seines Campers und blickt in die Sterne

TOURISTEN VS. REISENDE

Es heißt, Touristen wissen nicht, wo sie waren, und Reisende wissen nicht, wohin sie gehen; aber sie wissen, wo sie waren.

Viele glauben, sie müssten in irgendeine Stadt oder ein Land reisen, um bestimmte Sehenswürdigkeiten zu sehen, damit sie tolle Fotos auf Instagram posten können. In Wirklichkeit haben sie kein sonderliches Interesse an der Kultur der Stadt, ihren Gebäuden, Denkmälern und Museen. Aus einer gewissen Kulturschuld heraus, glauben sie etwas sehen zu müssen, um anderen ihr Kulturwissen beweisen zu können.

Die Medien zeigen Reisereportagen über Städte und Länder. Sie können aber immer nur oberflächlich berichten, weil in einer zeitlich begrenzten Sendung kaum tiefergehende Impressionen vermittelt werden können. Zu einer Erlebnis-, Abenteuer- oder Bildungsreise gehört aber auch, zu erfahren, unter welchen oft bitteren Lebensumständen die Menschen in (vor allem) armen Ländern leben.

Dem Besucher wird durch solche Wahrnehmungen Demut und Dankbarkeit gelehrt, für das, was er selbst im Überfluss hat. Auch Goethe hat in seinen Reiseberichten hierüber geschrieben.

Ein Zug fährt über eine Brücke

MIT DER WELT AUF DU UND DU

Um mit der Welt auf Du und Du zu sein, bedarf es offener Augen und Ohren, einer unstillbaren Neugier und einer sensiblen Seele. Man muss ein echtes Bedürfnis haben, die vielfältigen Eindrücke, die Land und Menschen hinterlassen, entdecken zu wollen. Es genügt nicht, zu suchen und zu beschreiben, was in vielen Reiseführern geschrieben steht.

Interessieren sollten die oft spannenden und unbekannten Hintergrundgeschichten. Der Alltag der Menschen mit all ihren Freuden und Leiden. Die Probleme abgelegener Städte und Dörfer. Die Tätigkeiten der Männer und das Los der Frauen und Mütter, mit ihren oft zahlreichen Kindern und den damit verbundenen schwierigen Lebensumständen. Ihre für uns fremden Brauchtümer und Traditionen. Interessant sind auch die besonderen Bauweisen der Häuser und Wohnungen. Die unterschiedlichen Charaktere, spontanen Leidenschaften, nicht alltäglichen Gewohnheiten und fremdartigen Hobbys.

Wer auf seinen Reisen, diese Gedanken, Wünsche, Sehnsüchte und Interessen aufnimmt, wird erkennen, was ihm gefehlt hat und diese fehlende Seite in sich selbst entdecken. In andere Länder zu reisen, führt zu völlig neuen, vielseitigen Erfahrungen. Es erweitert den Blick für bisher Ungesehenes, öffnet das Herz für andere Menschen, mit denen man zuvor nie in Kontakt gekommen wäre. Es lässt uns toleranter werden gegen alles uns bisher Fremde.

Unser gesamter Horizont wird erweitert, wenn man dies in sich zulässt. Man erkennt seine Grenzen und auch verborgene Talente.

Blick aus dem Fenster eines Flugzeugs auf die Wolken

DER REISEBERICHT

Die Erfüllung einer Reise sind nicht die zahlreichen Fotos, die man gemacht hat. Die inneren und äußeren Empfindungen sowie die vielen Details der Reise kann man sich nur erhalten, wenn man sie niederschreibt, um sie später wieder mit großer Freude aufleben zu lassen.
Doch: Nur aufs Ziel zu setzten, verdirbt die Lust an der Reise!
Ich durfte ca. 120 Länder dieser Erde bereisen und habe über jede Reise einen kleinen Bericht angefertigt. Was hat mich bewegt, wen habe ich getroffen, was habe ich gesehen? Jahre später dieses zu lesen, erfüllt mich mit Staunen und Dankbarkeit. Man versteht, wie sehr einen das Reisen geprägt hat. Jede Reise hat zwar ein Ende, aber die Erinnerung daran ist unvergänglich!

Es gibt aber noch einen ganz anderen Gesichtspunkt, warum eine Reise glücklich machen kann: Es ist das befreiende Gefühl, nach Hause zu kommen. Das kann nur der wirklich erleben, der fortgegangen war …

Deshalb: Das Leben ist eine Reise, und wer reist, lebt zweimal.

Fotos: Unsplash / Alex Azabache, Tommy Lisbin, Roland Losslein, Le Tan

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