Karlsruher Institut für Technologie Photovoltaik & Solar

Treiber der Energiewende

Die Energiewende und der Ausbau eines nachhaltigen Energiesystems in Deutschland ist eines der Zukunftsthemen am Karlsruher Institut für Technologie. Am KIT wird von Photovoltaik über Geothermie bis zu umweltfreundlichen Batterien geforscht.

Hier erfahren Sie mehr über

  • Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
  • Photovoltaik und Solarfolien
  • Energiespeicherung

Text Antoinette Schmelter-Kaiser

Prof. Dr. Alexander Colsmann

Prof. Dr. Alexander Colsmann ist promovierter Physiker. Seit 2008 leitet er die Forschungsgruppe Organische Photovoltaik am Lichttechnischen Institut des KIT. Er gehört auch dem Lenkungsausschuss des KIT-Zentrums Energie an.

Das Ziel der Bundesregierung ist ehrgeizig: Bis 2030 soll der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch hierzulande auf mindestens 80 Prozent steigen, bis 2035 soll die Stromerzeugung nahezu treibhausneutral sein. Damit möchte sich Deutschland unabhängiger von fossilen Energieimporten machen und die Klimaerwärmung auf 1,5 °C begrenzen. Wie dringend der Ausbau einer einheimischen Energie-Autarkie ist, führt derzeit die zunehmende Drosselung russischer Gaslieferungen deutlich vor Augen. Denn sie hat nicht nur zu drastischen Preiserhöhungen geführt, sondern könnte im kommenden Winter einen Gas-Notstand für Privathaushalte und die Wirtschaft bedeuten.

ENERGIE IST DAS FOKUS- UND ZUKUNFTSTHEMA

Nicht ohne Grund ist die Energiewende und der Ausbau des Energiesystems in Deutschland eines der Fokus- und Zukunftsthemen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Als eine der größten Wissenschaftseinrichtungen Europas wurde es 2009 durch einen Zusammenschluss der Universität Karlsruhe und des Forschungszentrums Karlsruhe der Helmholtz-Gesellschaft gegründet. Sie bündelt an 18 Standorten „langfristig angelegte Spitzenforschung“ in sechs strategischen Bereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Information, Luftfahrt, Raumfahrt und Verkehr sowie Materie. Damit will sie Beiträge leisten „zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft“.

SELBSTORGANISIERENDE TEAMS

Allein das KIT https://www.kit.edu/beschäftigt 9.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; rund 1.800 Wissenschaftlerinnen sowie Wissenschaftler und technisches Personal beschäftigen sich mit dem Thema Energie, aufgeteilt in die „Topics“ Energiebereitstellung, -speicherung, -verteilung, -nutzung sowie System & Nachhaltigkeit.
„Unsere Teams sind selbstorganisierend und suchen sich ihre Leute je nach Projekt quer durch alle Fachrichtungen zusammen“, erklärt Dr. Alexander Colsmann. Als Vertretung für alle, aber auch als „Einfallstor von außen, wenn Anfragen kommen“, fungiert das KIT-Zentrum Energie, in dessen Lenkungsausschuss Dr. Alexander Colsmann sitzt.
Überdies ist er Sprecher für das Topic Energiebereitstellung; als Gruppenleiter Organische Photovoltaik hat er ein besonderes Faible für Sonnenenergie.

  • Photovoltaik Forschung
  • Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Gelände

MEHR POTENZIAL FÜR PHOTOVOLTAIK

In den ersten sechs Monaten 2022 hatte die Photovoltaik laut stromreport.de mit 2,2 Millionen Anlagen und einer Leistung von 59 Gigawatt einen Anteil von 12,1 Prozent an der Stromerzeugung in Deutschland. Für Dr. Alexander Colsmann gibt es in dem Bereich der neuen Energien aber noch viel mehr Potenzial.
„Photovoltaik-Anlagen auf Hausdächern oder in Solarparks bestehen aus Siliziummodulen“, erklärt er. „Auf Flachdächern sind sie ohne Aufständerung und wegen ihres hohen Gewichts oft nicht gut nutzbar, an Hausfassaden wirken sie optisch störend.“
Eine Alternative sei eine Solarfolie aus synthetischen Kohlenstoffverbindungen, die das KIT entwickelt hat: „Sie ist leicht und beliebig form- oder färbbar, also für eine Vielzahl von Anwendungen geeignet, darunter auch mobile Anwendungen“, begeistert sich Dr. Colsmann. Für Privatanwender seien diese Organischen Solarzellen noch nicht zu haben, bei Pilotinstallationen aber bereits erfolgreich im Einsatz.

WIE BEKANNTE BAUMATERIALIEN

Mit einem besonders hohen Wirkungsgrad von 25 Prozent und mehr können Perowskitsolarzellen punkten. Als Hybridmaterial aus organischen und anorganischen Bestandteilen sind sie außerdem günstig in der Herstellung. Auf ihrer Basis haben Forschende des KIT Solarmodule entwickelt, die auf lange Sicht genauso wie Organische Solarzellen in Gebäudefassaden oder Dächern integriert werden können und die Optik bekannter Baumaterialien wie Marmor imitieren.

Zuvor gilt es aber noch eine Hürde zu nehmen: „„Perowskitsolarzellen sind, Stand heute, nicht langzeitstabil und enthalten eine wasserlösliche Bleiverbindung, haben also giftige Anteile“, räumt Colsmann ein. „Noch macht das ihre Herstellung schwierig, beim Entsorgen wären sie Sondermüll.“

Forschung im KIT

LAGE AUF EINEM HOTSPOT

Auf einem „Hotspot“ in Sachen Geothermie sitzt das KIT laut Dr. Alexander Colsmann durch die Nähe zum Oberen Rheingraben. Weil sich dort die Erdkruste und der oberste Teil des Erdmantels dehnen, kommt darunterliegende heiße Wasser-Reservoire der Erdoberfläche besonders nahe. Aber auch andernorts ist die Nutzung von Geothermie laut wissenschaftlicher Studien vielversprechend für Wärmeversorgung und Stromerzeugung.
„Die natürlichen Wärmepotenziale im Untergrund sind hierfür in den meisten urbanen Räumen vorhanden“, so der Befund einer Roadmap, mit der u.a. das KIT und die Fraunhofer-Gesellschaft Handlungsempfehlungen „für eine erfolgreiche Wärmewende“ geben. Geothermie könne einen wichtigen Beitrag leisten, weil sie „beständig und witterungsunabhängig lokal Energie liefert und wenig Fläche in Siedlungen belegt.“

Die benötigte Speichertechnologie entwickelt das KIT mit der Forschungsinfrastruktur DeepStor.

NACHHALTIGE BATERIEMATERIALIEN

An der Entwicklung neuer Batteriematerialien und Technologiekonzepte für eine ebenso leistungsfähige wie nachhaltige Speicherung elektrischer Energie beteiligt sich das KIT auch im Rahmen des Exzellenzclusters POLis. Weil bei den weitverbreiteten Lithium-Ionen-Batterien die Gewinnung wesentlicher Bestandteile von Kobalt über Graphit bis Lithium politische, ökologische und wirtschaftliche Risiken birgt, werden mit Hochdruck Alternativen erforscht.
Auf der Basis von Natrium, Magnesium, Calcium, Aluminium und Chlorid-Ionen haben sie das Potenzial, mehr Energie zu speichern, umweltfreundlicher und sicherer zu sein und sich für kostengünstigere, langfristige Massenanwendungen zu eignen. „Energiespeicherung ist am KIT ein Riesenthema“, resümiert Colsmann.

WEITERE AUFKLÄRUNG IM BEREICH ENERGIEWENDE NOTWENDIG

Als oberste Prämisse für innovative Entwicklungen gelte am KIT, dass sie möglichst nachhaltig und kreislauffähig sein sollten. Bekannt gemacht würden sie in Workshops, Vortragsreihen, Pressemitteilungen und Publikationen sowohl für ein eher wissenschaftliches Publikum als auch für die breite Öffentlichkeit. „Das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Energiewende nimmt zu“, so Dr. Alexander Colsmann. „Eine weitere Aufklärung ist aber nötig, um Vorbehalte und Widerstände abzubauen“.
Mit seinem Lieblingsthema Sonnenenergie ist er als Wissenschaftler groß geworden, sich am KIT intensiv mit ihm und anderen Treibern der Energiewende zu beschäftigen, macht für ihn Sinn und „großen Spaß“.

Fotos: www.kit.edu

 

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