
Flusskreuzfahrt mit der Riverside Ravel
Flusskreuzfahrten sind „in“ – wer hätte das vor einigen Jahren gedacht! Unser Autor reiste mit dem Championship „Riverside Ravel“ auf der Rhône von Lyon nach Arles und weiter – und war überrascht.
Hier erfahren Sie mehr über
- Flusskreuzfahrten in Frankreich
- Erlesenes verwöhnt werden
- Kultur in der Natur
Text Hans Christian Meiser

Dr. Hans Christian Meiser ist Philosoph und Publizist, zudem Herausgeber und Chefredakteur von PURPOSE, dem Magazin für Sinnhaftigkeit. Dieses Thema zieht sich durch sein gesamtes Werk.
Natürlich plagten mich (Vor)urteile. Worte wie „Mumienschlepper“ hatte ich gehört, und dass man solche Reisen doch erst ab 90 Jahren unternehmen sollte. Aber dann erreichte mich eine Einladung zur Schiffstaufe der „Riverside Ravel“ und neugierig, wie ich nun einmal bin, wollte ich erleben, was dort vor sich ging.
Flusskreuzfahrtschiffe gleiten über das Wasser!
Zuvor informierte ich mich natürlich über das Schiff und musste erfahren, dass es ursprünglich „Crystal Ravel“ hieß und schon für kurze Zeit im Einsatz war. In Wismar gebaut, sollte es für Crystal Cruises auf dem Rhein kreuzen. Doch auch hier schlug Corona unerbittlich zu. Pandemiebedingt musste das Unternehmen Insolvenz anmelden. Die Rettung kam in Gestalt der Geschwister Gregor und Anouchka Gerlach, den Kindern des heute 95-jährigen Immobiliers und Touristik-Pioniers Theo Gerlach, der bereits vor 50 Jahren Hotels auf den Kanaren errichtete. Seine Marke „Seaside Hotels“ ist bis heute erfolgreich. Seine Kinder übernahmen nun die fünf Flusskreuzfahrtschiffe von Crystal und werden sie nach einem Refurbishment unter der Marke „Riverside“ wieder ihrer ursprünglichen Bestimmung zuführen.
Mit der Riverside „Mozart“ ist schon das erste Schiff auf der Donau unterwegs, „Bach“, „Debussy“ und „Mahler“ werden für den Rhein folgen. Und die „Ravel“ fährt nun also seit August auf der Rhône. So viel zum Verständnis.
Ein Flusskreuzfahrtschiff sieht nicht so aus wie ein klassisches Boot, das durch die Wellen pflügt. Eher wie ein Zug, der auf dem Wasser gleitet.
Es hat zwei bis drei Stockwerke und verfügt meist über ca. 150 Kabinen. Die 135 Meter lange „Riverside Ravel“ weist drei Stockwerke plus Sonnendeck auf und die 52 Kabinen, die hier „Suiten“ (24 m²) genannt werden, können bis 104 Passagiere aufnehmen. 62 Crew-Mitglieder umsorgen diese.

Edel und regional: Gourmetküche auf dem Fluss
Was ist nun aber das Besondere an diesem Boot? Natürlich das, was man allgemein „Luxus“ nennt, denn genau dieser soll hier im Einklang mit den Elementen gepflegt werden. Dass es sich tatsächlich um einen solchen handelt, erfährt man auf Schritt und Tritt, auch wenn er dezent gesetzt ist und nicht prahlerisch daherkommt. Kein Wunder, die jungen Gerlachs leben das Ideal vom ehrbaren Kaufmann. Ultra-Luxus, auch ein schönes Modewort aus der Reisebranche, gibt es hier freilich (noch) nicht, auch wenn man einen Butler hat, der einen ständig umsorgt und Ausflüge wie sämtliche Mahlzeiten im Gesamtpreis inkludiert sind.
Die Ausstattung des Schiffes ist demzufolge dezent nobel und edle Materialien wurden allerorts verbaut. Das Dinner ist meist à la carte und der österreichische Chef Johannes Bär findet immer neue Wege, seine Kochkunst unter Beweis zu stellen. Die Gerichte passen sich der landschaftlichen Umgebung an und man trinkt oft das, was von den Weingütern, die entlang der Strecke liegen, kommt. Auch wenn vieles, was das Schiff braucht (etwas Toilettenpapier, aber auch Grundnahrungsmittel) alle 14 Tage mit dem Schiffsausrüster Odin aus Bremerhaven kommt, versucht man zumindest im kulinarischen Bereich den Weg zur Nachhaltigkeit einzuschlagen.
Anouchka Gerlach, die mit ihrer Familie bei der Jungfernfahrt dabei war, sagte bei der Taufe in dem Städtchen Viviers, bei der auch die Bürgermeisterin, der Provinzpräfekt und natürlich ein Pfarrer, der einst in der französischen Marine gedient hatte, dass sie diesen Weg bewusst weitergehen und gleichzeitig den Gästen Erlebnisse bieten möchte, die unvergesslich sind.
Erlesene Abstecher an Land
Auf dieser Reise gab es tatsächlich einige, die dem Gewünschten schon sehr nahe kamen:
Ein Kochkurs in Lyon bei einem Bocuse-Schüler nach gemeinsamen Einkauf auf dem Markt.
Eine Reise in das Weinbaugebiet Beaujolais, bei dem man lernte, dass es hier weitaus bessere Weine als den „Primeur“ gibt. Eine Fahrt mit der berühmten „Ente“ von Citroen.
Eine Wanderung durch die Schluchten der Ardèche oder eine Kayak-Tour auf derselben.
Ein Besuch der Chauvet-Grotte mit den weltberühmten, mehr als 30.000 Jahre alten Wandmalereien unserer Vorfahren (es handelt sich hier um eine originalgetreue „Replika“, da das Original vor den menschlichen Ausdünstungen geschützt werden muss – trotzdem ist der Besuch sehr bewegend).
Ein Besuch in einer anderen Höhle, in der Weinfässer zum Reifen gelagert werden (eine Verkostung in der Dunkelheit ist ebenfalls ein unvergessliches Erlebnis).
Eine Tagestour zu den schönsten Dörfern der Provence wie Gordes, Roussillon oder L’Isle-sur-la-Sorgue.
Ein Helikopterflug zum Mont Ventoux, eine Austern-Verkostung in Port-Saint-Louise in der Camargue etc. etc.
Viele Angebote finden gleichzeitig statt, so dass es schwerfällt, die richtige Entscheidung zu treffen. Denn natürlich gab es auch einige Landgänge, die eher klassisch touristisch und nicht so geglückt waren, dass man anschließend davon schwärmt. Aber für Anouchka Gerlach ist klar, dass bei der ersten Fahrt nicht alles optimal laufen kann, weswegen sie das Produkt ständig perfektionieren wird. Dazu gehört auch, dass die Aufbauten auf dem Sonnendeck so gestaltet werden, dass man sich dort auch aufhalten kann, wenn Brücken oder Schleusen passiert sind. Denn das ist ja eigentlich der Grund, weshalb man eine Flusskreuzfahrt macht: ständig auf den Fluss zu sehen und immer mehr zu sich selbst (zurück) zu kommen.
Lohnt sich eine Flusskreuzfahrt?
Und was ist nun mit meinen (Vor)urteilen? Ich habe sie über Bord geworfen. Denn speziell am vorletzten Tag erlebte ich die Magie dessen, was die Kenner so schätzen. Die Gäste saßen auf dem Weg zur Mündung der Rhône in das Mittelmeer bei Sonnenuntergang auf dem Upperdeck, ließen sie vom dezenten, wunderbaren Personal mit erlesenen Speisen und Weinen verwöhnen und blickten auf die fast afrikanisch anmutende Landschaft an den Ufern.
Nahezu jeder konnte die Einheit von Mensch, Natur und Schiff spüren – eine meditative Stimmung ergriff uns. Kaum hörbar glitt die „Riverside“ dahin. Es war wie in Ravels berühmtesten Stück „Bolero“. Dieses beginnt ja bekanntermaßen ganz leise und steigert sich zu einem grandiosen Finale. Insofern hätte man dieses Schiff mit keinem besseren Komponistennamen taufen können. Gänzlich entschleunigt gehe ich nach 323 Kilometern von Bord.
Fotos: Riverside Luxury Cruises, Dennis Williamson