Berghütte in den Alpen

GOLDFINGER, BUDDHA UND EIN RETTER AUS ÄGYPTEN

Vor zehn Jahren öffnete das Hotel „The Chedi Andermatt“ seine Pforten, um aus einem verwaisten Schweizer Alpental eine internationale Destination zu machen. Ob es gelungen ist, hat sich unser Autor angeschaut.

Hier erfahren Sie mehr über

  • Alpine Andacht
  • Das Restaurant Gütsch
  • James Bond

Text Hans Christian Meiser

Portrait in Schwarz-Weiß von Hans Christian Meiser

Dr. Hans Christian Meiser ist Philosoph und Publizist, zudem Herausgeber und Chefredakteur von PURPOSE, dem Magazin für Sinnhaftigkeit. Dieses Thema zieht sich durch sein gesamtes Werk.

RETTUNG AUS ÄGYPTEN

Als Samih Sawiris, ein ägyptischer Unternehmer, dessen Familie das Telekommunikations-, Bauwesen- und Hotelgewerbe-Unternehmen „Orascom“ gehört, im Jahr 2005 erfuhr, dass ein ganzes Schweizer Tal nach einer neuen Bestimmung suchte, zögerte er nicht lange und entschloss sich, hier ein Resort zu verwirklichen, wie es die Schweiz noch nicht gesehen hatte.
Es sollten entstehen: sechs Hotels, 42 Apartmenthäuser, ca. 30 Villen, ein Hallenbad sowie ein 18-Loch-Goldfplatz – alles zusammen ein Investment von 1,8 Milliarden Schweizer Franken, zu dem sich noch einmal 130 Millionen gesellten, mit denen das Skigebiet Andermatt-Sedrun ausgebaut und modernisiert wurde.

Die Rechnung scheint aufzugehen, denn seit der Eröffnung im Jahr 2013 sind Hotel und Wohnungen zwar noch teurer als damals, aber nicht umsonst nach wie vor heiß begehrt; und der Strom der internationalen Touristen beginnt nach Corona wieder zu fließen, allein schon, um das exorbitante Haus zu bestaunen, das den schönen Namen „The Chedi“ trägt.
Zudem wandert die heimische Bevölkerung nicht mehr ab, sondern sieht wieder eine Zukunft in der eigenen Region.

The Chedi Andermatt

BUDDHISMUS IN DEN ALPEN

Im Buddhismus ist ein Chedi eine Andachtshalle, wobei nicht nur die Architektur, sondern auch die darin stattfindende geistige Sammlung gemeint ist. Und genau dies wurde in Andermatt durch die Fusion von asiatischen Elementen mit alpinem Chic verwirklicht.
So steht nun an der Stelle des ehemaligen Hotels „Bellevue“, das 1986 abgerissen wurde, das Werk des Stararchitekten Jean-Michel Gathy, der es meisterhaft verstand, das Lokale mit dem Internationalen zu vereinen.
Das merkt man sogleich in der riesigen Lobby mit ihrem fast in die Unendlichkeit reichenden Dach, in über 100 Zimmern, von denen das kleinste 52 m² und das größte 134 m² aufweist, im ganz und gar asiatischen 2.400 m² großen Spa-Bereich, und natürlich im Zentrum des gastronomischen Angebots, im „The Restaurant“.

  • Erfahrungen The Chedi Andermatt
  • Buddhismus im The Chedi Andermatt

SCHWEIZER ZWILLINGE UND JAPAN

An den vier Stationen, die „The Restaurant“ zu bieten hat, werden den Gästen kulinarische Köstlichkeiten kredenzt, die zwar international oder indisch geprägt sind, aber gleichzeitig den Schweizer Lokalkolorit nicht vernachlässigen, etwa im „Cheesetower“, einer spektakulären Röhre im Zentrum des Lokals, in dem die besten Käsesorten der Region aufbewahrt und zum Genießen angeboten werden.
Zudem verfügt das Chedi über das besonders eindrucksvolle „The Japanese Restaurant“ mit Sushi/Sashimi- und Tempurabar, diverse Lounges und weiteren Rückzugsorten, in dem die Zwillinge Dominik Sato und Fabio Toffolon japanisch inspirierte Kochkunst bieten, die bislang mit einem Michelinstern und 17 Gault&Millau Punkten ausgezeichnet wurden. Da die beiden aber erst 33 Jahre alt sind, werden, bin ich sicher, dass es nicht dabei bleiben wird …

 

Bergrestaurant auf dem 2.344 Meter hohen „Gütsch“

Ein spektakuläres Erlebnis ist übrigens auch der Besuch der Dependance des Restaurants auf dem 2.344 Meter hohen „Gütsch“. An diesem Ort z.B. Sake aus der berühmten Sammlung des Hotels zu nippen, gehört zu den gastronomischen Erlebnissen, die man nie vergisst. Außerdem gibt es eine berühmte Sammlung von Zigarren und Spirituosen, allesamt verwaltet von Elmir Medunjanin, der es meisterlich versteht, die Kulturgeschichte dieser Genussmittel zu erzählen. Lauscht man seinen Worten, ist man fasziniert davon, was sich die Menschheit alles ausgedacht hat, um ihrem trüben Schicksal zu entgehen …

  • Restaurant Andermatt
  • Empfehlenswerte Küche Andermatt

DAS FREIZEITANGEBOT

Da man aber – auch wenn es noch so schön ist – nicht den ganzen Tag im „The Chedi“ oder seinen Restaurants verbringen kann, stellt sich die Frage, was Andermatt winters und sommers zu bieten hat.
Im Winter natürlich die grandiose Skiarena Andermatt-Sedrun mit dem fast 3.000 Meter hohen Gemsstock und dem nicht weniger schönen, schon erwähnten Gütsch (2.344 m), dem Cuolm Val (2350 m) oder dem Snowpark Sedrun. Das Hotel offeriert mit seinen „Sik-Butlern“ einen ganz besonderen Service: Man kann die gesamte Ausrüstung direkt im Hotel ausleihen, die Anpassung erfolgt ebenfalls vor Ort.
Luzern, Zürich oder Mailand sind durch die perfekte Lage von Andermatt in 1,5 Stunden zu erreichen, und im Sommer und Herbst wird das Golfspiel mitten im Tal wird auf der schönen, von einem grandiosen Panorama umgebenen 18-Loch-Anlage zum Vergnügen, schon allein durch den kurzen Anfahrtsweg vom Hotel aus.
Dann gibt es noch das Musikfestival „Swiss Alps Classic“, diverse Oldtimer Rallyes, die eigentlich nicht mehr so recht in die klimaneutral gewollte Zeit passen, und für Cineasten die Suche nach der ehemaligen Dorftankstelle „Aurora“. Hier wurde eine Szene für den James-Bond-Film „Goldfinger“ mit Sean Connery und seinem Aston Martin DB5 gedreht.

Golfplatz Andermatt

Erfahrungen zum „The Chedi Andermatt“

Was Samih Sawiris, der ja schon mit dem Roten-Meer-Resort El Gouna einen großen Erfolg aufweisen kann, in der Schweiz geleistet hat, ist durchaus spektakulär, aber vielmehr noch ist es zukunftsweisend. Denn Sawaris zeigt, wie sich ein sanfter Tourismus entwickeln kann, wenn man eines in den Vordergrund stellt: den Menschen, dem das Ganze dienen soll, damit er (wieder) verstehen lernt, dass er ein Teil dessen ist, das ihn umgibt. Und das er schützen soll, damit es ihn schützt.

Samih Sawiris ist ein Goldfinger, aber einer, der auf der guten Seite steht. Es ist sein Ziel, sein Unternehmen „Andermatt Swiss Alps“ zu 100 Prozent nachhaltig zu machen, weshalb es auch einen jährlichen Fortschrittsbericht „Andermatt Responsible“ gibt, in dem sämtliche Umweltkennzahlen der Gruppe aufgeführt werden. Das geht von Ladestationen für Elektrofahrzeuge bis zu „mybuxi“, einer Mischung aus Bus und Taxi für die Bewohner der Gotthardregion, von der „Take The Train“ Kampagne bis zum Hybrid-Pistenbully.
Wer so genau dokumentiert, hat kein Greenwashing im Sinn, sondern will tatsächlich etwas für die (Um)welt tun. Sonderbar nur, dass man im „The Chedi“ die wohlriechenden Amenities von „Aqua di Parma“ noch nicht von ihrer Plastikverpackung befreit und durch nachfüllbare Shampoo-, Conditioner-, Duschgel- und Bodylotionspender ersetzt hat. Aber vielleicht hat man ob der riesigen Aufgabe diesen kleinen Schritt einfach vergessen. Ihn nachzuholen wäre auf jeden Fall die kleine Mühe wert …

P.S. Wer eine mythenfreie Führung durch den Ort und die Geschichte der Schweiz erleben möchte, buche Bänz Simmen. Der weitgereiste Heimatkundige ist eine unglaubliche Quelle für Erkenntnisse jeder Art. T: (+41) 41 887 00 50, M: (+41) 79 202 21 02, kiosk@kiosk61.ch.

DIE ADRESSEN

The Chedi: www.thechediandermatt.com
Andermatt Swiss Alps: www.andermatt-swissalps.ch
Andermatt Golf Course: www.andermatt-golf.ch

Fotos: The Chedi Andermatt

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