Illustration zeigt Verbindung von Herz und Hirn

Herz und Hirn – ein unschlagbares Team

Wenn Herz und Hirn gut aufeinander eingespielt sind, ergibt sich daraus eine win-win Situation. Ein Beitrag über die Qualitäten von beiden und wie wir sie aufeinander einstellen können.

Hier erfahren Sie mehr über

  • Vorsorge statt Burnout
  • Intelligenz des Herzens
  • Herz und Verstand

Text Irmela Neu

Schwarz-Weiß-Bild von Prof. Dr. Irmela Neu.

Prof. Dr. Irmela Neu lehrt Interkulturelle Kommu­nikation in Spanien und Lateinamerika an der Hochschule München für angewandte Wissenschaften (HM), gibt Seminare zur empathischen Kommu­nikation und ist Autorin.

Die Verbindung mit uns selbst

Im Alltag sind wir es gewohnt, uns nach den Anforderungen im Außen zu richten, die uns nur allzu gerne ganz in Beschlag nehmen. Daraus ergeben sich oft Müdigkeit und Erschöpfung bis hin zum Burn out. Dies geht mit einem Verlust des Kontaktes einher, den wir mit uns selbst haben. Wir funktionieren, und bis zu einem gewissen Grad geht das auch – bis sich der Körper verweigert. In diesem Fall hat unser Hirn, unser Verstand, die Oberhand gewonnen; unser gesamtes System ist im Chaos versunken.

Wir können es auch anders ausdrücken: das Gleichgewicht der Elemente ist aus dem Lot geraten. Wie in der gesamten Natur werden wir von Elementen bestimmt, deren Zusammenwirken und Gleichgewicht eine Balance in der Harmonie bewirken. Wenn dies gestört ist, und das ist die gute Nachricht, können wir das Gleichgewicht wieder herstellen. Noch besser ist es, sie im Vorfeld zu pflegen. Dazu sind die Qualitäten unseres Herzens hervorragend geeignet.

Die Kraft der Gedanken nutzen

Wie können wir uns mit Hirn und Herz – und dann beide miteinander – verbinden? Die Antwort ist klar: durch die Kraft unserer Gedanken, der Fokussierung und bewussten Lenkung der Absicht, beide wahrzunehmen. Unsere Gedanken lösen Gefühle aus, die wiederum Gedanken beeinflussen. Das Herz als Verbindung mit uns und mit dem großen Ganzen spricht zu uns, wenn wir ihm unser Ohr schenken und auch hinhören. Kraft unseres „Hirns“ sind wir in der Lage, die Wünsche des Herzens zu erkennen und durch unser Handeln umzusetzen.

Das Herz liebt Verbindungen, vor allem mit Natur, Harmonie und Frohsinn. Dies in unseren Alltag einzubauen, dazu braucht es die Verbindung von Herz und Hirn als Grundlage. Sie baut sich dadurch auf, dass ich mir der Leistungen von Herz und Hirn dankbar bewusstwerde. Dies kann z.B. durch ein meditatives Einschwingen geschehen. Nach und nach erwächst daraus ein Bewusstsein von mentaler Stärke, die Körper und Geist harmonisiert. Die Fokussierung hierauf wird umso kraftvoller, je mehr wir uns achtsam als Lebewesen wahrnehmen, die mit den Elementen in der Natur eins sind. Wir können dies zu jeder Zeit und an jedem Ort praktizieren, bis es zu einer lieb gewonnen Gewohnheit wird. Übung macht den Meister.

Schauen wir uns die Elemente, Herz und Hirn nun genauer an, mit denen wir uns bewusst verbinden.

Das Gleichgewicht der Elemente

Machen wir uns klar, dass die Elemente Erde, Feuer, Luft und Wasser von Natur aus in uns wirken. Wir sind mit der Erde verbunden, was wir allein schon dann spüren, wenn wir uns in der Natur bei einem Spaziergang oder einer Wanderung bewegen; das Waldbaden erfreut sich nicht umsonst großer Beliebtheit, da wir uns auf diese Weise von einseitiger sitzender Tätigkeit im allgemeinen Stress des Alltags besonders gut erholen können. Wir haben uns dadurch geerdet.

Die Energie des Feuers macht uns lebendig, sorgt für körperliche und mentale Prozesse. Wenn jedoch das Feuer durch Dauerstress einseitig die Oberhand gewinnt, kommt es zum inneren Ausbrennen, weil die anderen Elemente nicht mehr die Wirkung eines Gegengewichtes entfalten können, so dass unser System nicht regenerieren kann. Dafür brauchen wir Ruhe und eine erholsame Umgebung.

Im Zustand der aktiven Tätigkeit nähren wir das Feuer, das sich z.B. durch Wald- oder Wasserbaden beruhigen lässt – und wenn es im Park nebenan oder unter der Dusche ist. Hauptsache, wir nehmen die beruhigende Wirkung bewusst wahr.

Dank des Elements Luft können wir tief durchatmen und Weite in uns aufnehmen. Durch bewusstes, langsames Ein- und Ausatmen sind wir mit der uns umgebenden Luft verbunden, die uns mit Sauerstoff versorgt. Ein Zuviel an Luft lässt uns zu einem „Luftikus“ werden, der die Verwurzelung in und mit der Erde braucht.

Im Fluss sein

Zu einem hohen Prozentsatz bestehen wir aus Wasser, das die Fähigkeit des Fließens und der Verbindung besitzt. „Im Fluss sein“ meint, das Zusammenspiel der Elemente bewusst wahrzunehmen und zu gestalten. Übungen im Yoga, im Tai Chi, in den Kampfkünsten und im Chi Gong zielen darauf ab, die Harmonie der Elemente in uns herzustellen. Dies gelingt umso intensiver, je mehr wir unsere Vorstellungskraft aktivieren. Die Harmonisierung der Elemente durch bewusste Gestaltung im Alltag macht uns stark.

Wir können uns hierfür noch eine sehr gute Unterstützung holen, nämlich die von unserem Herzen dank seiner besonderen Eigenschaften, alle Elemente optimal zu bedienen. Es kann einen großen, wohltuenden Einfluss auf unser Hirn und damit auf unser gesamtes System haben, wenn wir uns dafür öffnen.

  • Schemenhafte Darstellung eines Menschen der das Herz in der Hand hält
  • Herz und Gehirn sind miteinander verbunden

Unser Herz

In letzter Zeit ist viel über das Herz zu vernehmen. Natürlich ist es unser Motor und als solches ein ganz besonderes Organ. Wie Herzchirurgen bestätigen, schlägt es, hat man es vom Körper entfernt, noch eine gute Weile auch außerhalb des Körpers, ist also autonom. Zudem bedient es zwei Kreisläufe, die uns nach innen und nach außen verbinden, nämlich einerseits über den Atem den Lungenkreislauf sowie andererseits zur Sauerstoffversorgung und zum Abtransport der verbrauchten CO2 Luft den Blutkreislauf.

Beide Kreisläufe arbeiten eng zusammen; es ist das Herz, das sie koordiniert. Die Zusammenarbeit ist ebenso in einem weiteren Umfeld gegeben, weil die Bäume den Sauerstoff herstellen, wozu sie das ausgeatmete CO2 brauchen.

Die Qualitäten unseres Herzens

Die doppelte Verbindung nach innen und außen verleiht dem Herzen ganz besondere Qualitäten, die in Redewendungen zum Ausdruck kommen, wie z.B.: „Hand aufs Herz; die Sache hat Hand und Fuß; es ist mir ein Herzensanliegen; es kommt von Herzen; auf Herz und Nieren prüfen“ – sicher lassen sich noch weitere Redewendungen ausfindig machen, die Qualitäten wie Ehrlichkeit, Freude, Reinheit, Stille und Weite zum Ausdruck bringen. Das Herz symbolisiert Verbindung, Liebe, Zuwendung; es sehnt sich danach und freut sich über Spaziergänge in der Natur, wobei Baum und Mensch die ohnehin bestehende Symbiose aktivieren. Die wohltuende Wirkung ist sofort spürbar. Ruhe und Weite beruhigen den Herzschlag, wir regenerieren.

Wie neuere Forschungen belegen, verfügt das Herz über eine eigene Intelligenz.

Wenn es nach diesen geht, folgt auf Phasen von Enge mit flachem Atmen in der Anspannung ohne Bewegung ein Ausgleich durch Weitung, Bewegung und tiefes Durchatmen. Je bewusster wir dies wahrnehmen, umso intensiver ist die Wirkung.

Unser Verstand

Wir sind es gewohnt, mit dem so genannten Neocortex und seinen zwei Teilen der linken und rechten Gehirnhälfte zu denken; dies ist jedoch nur ein Teil der Gesamtheit von Organen und Drüsen, die in einem subtilen Zusammenspiel ebenso aufeinander eingestimmt sind wie mit der Gesamtheit unseres Körpers. Das Netz der Verflechtungen und gegenseitigen Beeinflussungen bildet ein nie enden wollendes Forschungsfeld. Sicher ist, dass unser Hirn als die Schaltzentrale unser gesamtes System prägt.

Die Aktivitäten unseres Hirns werden im Buddhismus gerne mit dem Herumspringen von Affen verglichen; ein solcher Verstand hat sich durch Überbeanspruchung verselbständigt und unterliegt den aufputschenden Hormonen, die als Antreiber zwar wach machen, doch ein gezieltes Herunterfahren brauchen. Nur ein bewusstes Aussteigen und Eintauchen in den Ruhebereich ermöglicht ein Umschalten. Methoden hierzu sind Meditation, Yoga etc. sowie Gehen in der Natur, sanfte Klänge und alles, was den Verstand phasenweise zum Schweigen bringt.

Walnüsse liegen auf einem blauen Hintergrund

Die Qualitäten unseres Hirns

Wir haben als Spezies einen Verstand entwickelt, der es uns ermöglicht zu analysieren, zu planen, nachzudenken, Kreativität zu entfalten, verschiedene Sprachen zu beherrschen, Zusammenhänge herzustellen, Bewusstsein zu erweitern, zu philosophieren, zu singen, zu komponieren und vieles mehr. Welch wertvolle Möglichkeiten! Wenn wir den Verstand alleine wirken lassen, macht er, was er will, und auch in diesem Bereich sind seine Fähigkeiten beträchtlich – wobei sie sich eher zu unserem Nachteil auswirken: er wird rastlos, sein Fokus wird immer enger, die Querverbindungen durch Synapsen nehmen ab, er übertönt Warnsignale des Körpers.

Weil dies im Individuum geschieht, hat es auch gesellschaftliche Auswirkungen. Jeder Widerstand, jede Gewaltanwendung „im Namen von …“ führt zum Übertönen der Herzenergie bei überbordender Dominanz einer Ideologie, die der Verstand rechtfertigt.

Das Credo hierzu besagt, dass Veränderung nur über Zerstörung von Altem zu erzielen sei. Wie sich das auswirkt, ist uns aus Geschichte und Aktualität nur allzu gut bekannt.

Dagegen baut jede konstruktive Veränderung auf der Vision von einem Zustand der Harmonie auf, was nur unter Einbeziehung der Herzensqualitäten möglich ist. „Sei du die Veränderung, die du in der Gesellschaft sehen willst“, hat uns Mahatma Gandhi (1869 bis 1948) mitgegeben. Zu einer in dieser Hinsicht vergleichbaren Einstellung kam ein anderer großer Geist ein Jahrhundert vor ihm.

„Das Denken muss durch das Herze gehen“

Diesen Satz schrieb der Arzt, Historiker und Schriftsteller Friedrich Schiller (1759-1805) im Jahre 1793 unter dem Eindruck der zunehmend gewalttätig werdenden französischen Revolution. Er fragt sich:

„Woran liegt es, dass wir immer noch Barbaren sind? Es muss also … in den Gemütern der Menschen etwas vorhanden sein, was der Aufnahme der Wahrheit … im Wege steht.“

Seine Antwort auf obige Frage ist eindeutig:

„Das Denken muss durch das Herz gehen“ und an anderer Stelle: „Der Weg durch den Kopf muss durch das Herz geöffnet werden.“
Es sind die Qualitäten des Herzens, die der Verstand braucht, soll er zu einem friedlichen Miteinander befähigt werden. Impulse aus dem Herzen sind die Verbindung, das Zusammenwirken, die Ergänzung und Freisetzung jener Kreativität, die das Wohlergehen in der Gemeinschaft im Blickfeld behält. Dazu bedarf es einer Offenheit des Verstandes, der seinen Willen dazu einsetzt, indem er diese Herzensqualitäten fokussiert und entsprechend umsetzt.

Wind bläst durch das Haar einer lachenden Frau

Der herzensgeleitete Verstand als Meister des Daseins

Was uns heute besonders bewegt, ist die Frage nach dem Zusammenhang von Herz – Hirn und Gefühlen. Was ist mit einem mächtigen Gefühl wie dem der Angst?

Gerade dann ist das Herz ein wertvoller Ratgeber. In der Angst läuft nämlich ein verengendes Kopfkino bis hin zu Horrorvorstellungen ab, die den ganzen Menschen fest im Griff halten. Ein solcher Stresszustand übertönt die leisen Melodien aus dem Herzen und verselbständigt sich. Herzöffnung beruhigt und setzt jene Energien frei, die sich aus der Weite speisen. Dann ist der Verstand in der Lage, Möglichkeiten ausfindig zu machen, die aus der Umklammerung der Angst herausführen, weil sich Lösungen offenbaren.

Und wie können wir dies in den Alltag bringen?

Die Antwort ist klar: indem wir immer wieder tief in die Harmonisierung von Herz und Hirn einsteigen. Wenn ich in mich hinein spüre und mein Herz frage, was es braucht, um sich wohlzufühlen, erhalte ich – zumindest nach einer Weile – eine Antwort. Mein Verstand findet dann die Mittel und Wege für eine kraftvolle Umsetzung. Lassen Sie sich überraschen, was Ihnen Ihr „Hirn und Herzteam“ sagt.

Fotos: iStock, Unspalsh / Priyanka Singh

 

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