DER MALER, SEIN MANIFEST
Ungewöhnlich wie sein künstlerisches Werk ist auch der Mensch, der es schafft. Kilian Saueressig ist nicht „nur“ Maler, auch Forscher, Naturwissenschaftler, kurz: ein hellwacher, enorm inspirierender Geist.
Hier erfahren Sie mehr über
- Kilian Saueressig
- Nachhaltigkeit in der Kunst
- Das Manifest der Nachhaltigkeit des Künstlers
Text Hans Christian Meiser/Kilian Saueressig
Kilian Saueressig, 1969 in Essen geboren, entwickelt seit 2006 eigene Farben und Klebstoffe, auf die er zahlreiche Patente besitzt. Als Künstler gestaltet er mit diesen Materialien sein Werk; das machte ihn zu einem Vorreiter nachhaltiger Kunst.
Die Kunst von Kilian Saueressig erschließt sich einem sofort; das unterscheidet sie von vielem, was die (Post)moderne hervorgebracht hat. Einerseits liegt das natürlich an den Motiven, aber auch an der intensiven Farbgebung, mit der der einstige Geschäftsführer und Gesellschafter im Familienunternehmen (Druck- und Prägeindustrie) seine Werke gestaltet. Themen des Weltgeschehens und anderes lässt er dabei mit seinen speziell dafür entwickelten Materialien und Technologien zu Kunstwerken verschmelzen.
Transluzente Freiformflächen aus dem Münsterland
Ist schon das WAS faszinierend, ist es das WIE umso mehr. In seinem Atelier im Münsterland entwickelt er transluzente, dreidimensionale Freiformenflächen sowie eigene Farben und Klebstoffe, auf die er auch die Patente hält. Nachdem Saueressig das elterliche Unternehmen verkauft hatte, widmete er sich ganz der Kunst, und das mit wachsendem Erfolg. Ausstellungen in Köln, Berlin, Innsbruck, Venedig, München, St. Moritz führen ihn relativ rasch dorthin, wo sich Künstler wohlfühlen: in der öffentlichen Anerkennung.
An dieser Stelle soll aber nicht unbedingt nur der Künstler selbst oder sein Werk bedacht werden, sondern vielmehr sein Bestreben, etwas zu schaffen, das nachhaltig ist. Damit ist nicht ein Bildnis gemeint, das die Jahrhunderte überdauert, weil es so grandios ist (etwas wie die „Mona Lisa“), sondern die Technik, mit der Kilian Saueressig sein Oeuvre schafft; diese ist nämlich durch und durch nachhaltig.
Was Nachhaltigkeit denn für ihn bedeutet, hat der Künstler in einem speziell für das Purpose-Magazin geschriebenen Text festgehalten:
DAS MANIFEST DER NACHHALTIGKEIT IN DER KUNST
Die Welt, unseren Lebensraum für uns und uns folgende Generationen zu erhalten. Das ist Nachhaltigkeit. Ein analoges Wort für Nachhaltigkeit wäre demzufolge das Wort Umweltschutz.
Wie können wir das Ziel, unseren Lebensraum zu erhalten, erreichen? Kein Verbrauch von fossilen Rohstoffen. Weder für die Energiegewinnung noch für die Herstellung von Rohstoffen für Verbrauchsgüter. Erzeugung unserer Energie für die wirtschaftlichen Produktionsprozesse und die mechanisierte Fortbewegung, Wärme aus nachhaltigen Energien – im Wesentlichen Windkraft-, Solar-, Wasserkraft und Umweltenergie (Wärmepumpe).
Die Transformation von der chemisch/fossilen/bedingt elektrischen zur physikalisch/elektrischen Energie-Gesellschaft!
Biologische Landwirtschaft. Der schonende Umgang mit nachwachsenden Rohstoffen. Auch ein schonender Umgang mit der Natur an sich!
Erzeugung der Rohstoffe für unsere Nahrungsmittelproduktion und unsere wirtschaftlichen Produktionsprozesse auf Basis nachwachsender, pflanzlicher Rohstoffe.
Jeder Einzelne kann seinen Beitrag für eine nachhaltige Welt leisten.
In der Kunst?
„Zurück in die Zeit vor der Fossilen/Industriellen Revolution“ mit dem Wissen der Moderne. Neue Bedingungen – Neue Kunst.
Leinwände aus nachwachsenden Rohstoffen, biologisch erzeugt. Bioleinen, Bio-Baumwolle, Holz, Bio-Papier etc.
Farben, nicht aus Erdöl gewonnen, sondern aus pflanzlichen Rohstoffen.
Skulpturen aus Naturstein, biologisch gewonnen Kunststoffen etc.
Videoanimationen auf Bildschirmen, die mit nachhaltiger Energie hergestellt sind und betrieben werden.
Kunstateliers und Werkstätten, die mit nachhaltiger Energie versorgt werden.
Was mache ich? – Diese Frage sollte sich jeder stellen.
Was macht Kilian Saueressig?
Ich nutze Strom, ausschließlich aus erneuerbaren Energien hergestellt, sowohl privat als auch in meinem Atelier. Meine Materialen entwickle ich aus nachwachsenden, aus Pflanzen gewonnen Rohstoffen, die zu festen Verbindungen polymerisiert werden. Sie können dabei flexibel, hart, opak oder auch transparent sein – ganz so wie ihre fossilen Entsprechungen.
Mein Ziel ist es, alle Materialen zu 100% durch nachwachsende Rohstoffe zu ersetzen. Je nach Kunstwerk liegt derzeit der Anteil nachwachsender Rohstoffe in meiner Fertigung bei ca. 50 bis 95%. Noch nicht perfekt, aber auf dem Weg zur vollständigen Nachhaltigkeit. Zu meinem Atelier fahre ich mit dem Fahrrad oder dem Elektroauto.
Eine meiner spannendsten Erkenntnisse auf meiner Reise in die Nachhaltigkeit: Die Generierung nachhaltiger Energien ist wesentlich einfacher als die Generierung nachhaltiger Werkstoffe. Strom aus Photovoltaikanlagen oder aus Windenergieanlagen ist einfach zu erwerben. Im Rohstoffsektor ist es hingegen wesentlich schwieriger, nachwachsende Grundstoffe zu beziehen.
In meinen Kunstwerken fordere ich zum Dialog und zur Reflektion auf. Auch zur Reflektion über unseren Umgang mit unserer Umwelt. Oft stoße ich dabei auf faszinierende Paradoxien, wie z.B. dass die allermeisten Menschen eine nachhaltige Welt wollen – doch gleichzeitig sind sie nicht bereit, höherer Preise für fossile Energie und fossile Produkte zu zahlen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir bereits zum jetzigen Zeitpunkt in unserer industrialisierten, wohlhabenden Welt schon sehr nachhaltig leben können ohne Verzicht zu üben. Die elektrische, nicht-fossile Revolution ist im vollen Gange! In der Sprache der Betriebswirtschaftslehre wird dies auch Backstopp genannt. Einen solchen sehen wir gerade im Wandel vom Verbrenner-betriebenen Automobil zum Batterie-betriebenen Elektromobil.
In der Schaffung von Kunstwerken ist der Wechsel hin zur Nachhaltigkeit einfach. Es ist dies keine Frage der Möglichkeit, sondern des Wollens.
Perspektiven wie in der Renaissance
Ohne Zweifel: Kilian Saueressig hat eine Botschaft. Es ist ihm wichtig, Erkenntnisse und Erfahrungen weiter zu vermitteln und er strebt danach, seinen Beitrag für eine nachhaltige Welt zu leisten. Er macht also durch seine Kunst die Bedingungen für unser Dasein nicht nur schöner, sondern auch besser, wenn er sagt:
„Tun und Geist verschmelzen zukunftsweisend wie die Erfindung der Perspektive am Anfang der Renaissance.“
Die Renaissance war ja bekanntlich auch eine Epoche voller Kunstsinnigkeit, Schönheit und Innovation. Wir können nur hoffen, dass unsere Zeit sich alsbald zu einer Neo-Renaissance wandelt, damit unser (Über)leben nicht nur dank der Nachhaltigkeit gesichert ist. Ein Künstler wie Kilian Saueressig zeigt uns, wie das funktionieren kann.