Kochen ist eine Brücke für die Sinne
Essen ist lebensnotwendig, aber fast genauso wichtig ist Genuss, und der kommt trotz Wohlstand oft zu kurz. Zeit, den Wert des Kochens wiederzuentdecken!
Hier erfahren Sie mehr über
- Bewusste Ernährung
- Gemeinschaftliches Essen
- Gelingenden Genuss
Text Horst Schmidt
Horst H. Schmidt ist Vorstandssprecher der Privatbank DONNER & REUSCHEL. Der gelernte Bankkaufmann ist seit über 40 Jahren in der Branche aktiv und war in seiner Laufbahn für namhafte Banken in führenden Positionen tätig.
Essen ist eine Frage des Überlebens und von daher ein „Ur-Wert“ an sich. Seit jeher ist es eng verknüpft mit gesellschaftlichen Ritualen, sozialen Strukturen und kulturellen Identitäten. Es ist aber auch Kulturgut, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Essen begründet Gemeinsinn, Zugehörigkeit und kann als Metapher für vielfältige Themen – auch das Führen eines Unternehmens – herangezogen werden.
Verantwortungsvoller Umgang mit Lebensmitteln
In unserer heutigen Welt wirft das Thema Ernährung jedoch auch tiefgreifende Fragen auf: Während in vielen Regionen der Welt Hunger und Mangel herrschen, kämpfen andere mit den Folgen von Überfluss und Verschwendung. Wie können wir angesichts dieser Ungleichheiten verantwortungsvoll mit den Ressourcen umgehen, die uns zur Verfügung stehen?
Wie schaffen wir es, Lebensmittel wertzuschätzen, wenn sie in unserer Gesellschaft im Überfluss vorhanden sind? Die Frage nach gerechter Verteilung ist ein politisches Thema. Im Hinblick auf die Wertschätzung unserer Ressourcen hingegen ist jeder Einzelne gefragt.
Eine Überflussgesellschaft mit Mangelerscheinungen
Trotz unseres scheinbaren Wohlstands haben wir in der auf Fortschritt ausgelegten Welt oftmals den Zugang zu einer gesunden und bewussten Ernährung verloren. Fast Food und Convenience-Produkte ersetzen frisch zubereitete Mahlzeiten oft. Viele Menschen leiden an Bewegungsmangel, Übergewicht und Krankheiten infolge von Fehlernährung, auch weil die sinnliche Erfahrung des Kochens und Essens ihre Bedeutung verloren zu haben scheint. Auch in unserem direkten Umfeld gibt es Viele, sogar Kinder, denen nicht immer eine regelmäßige Mahlzeit sicher ist.
Die überragenden Leistungen der Tafeln in Deutschland machen uns dies deutlich.
Unabhängig von der wirtschaftlichen Situation gelingt es in vielen Familien oft nicht mehr, sich zumindest einmal am Tag gemeinsam zu versammeln, um eine Mahlzeit zusammen einzunehmen. Dabei sind das Gefühl von Zugehörigkeit sowie der Austausch während des Essens eine wesentliche Quelle von Glück und Zufriedenheit.
Kochen als Akt der Wertschöpfung
Wer für sich begreift, dass das Kochen mehr ist als nur eine Notwendigkeit, der ist in der Lage, darin einen Akt echter Wertschöpfung zu erkennen. Das Ermitteln der Frische und Güte von Lebensmitteln, das Würzen und Abschmecken bei der Zubereitung und schließlich der Genuss in besonderer Atmosphäre – all das aktiviert unsere Sinne.
Die Kraft des Kochens zeigt sich in ihrer Gegensätzlichkeit zu unserer technologisierten Welt.
Kochen als Metapher für viele Lebensbereiche?
Dabei bietet die Auswahl guter Zutaten und die hingebungsvolle Zubereitung von Speisen nicht nur Zugang zu einer achtsamen Genusskultur, sondern buchstäblich eine Metapher für viele Aspekte des Lebens: Auch für mich als Leiter eines Unternehmens braucht es eine gute Planung, die Auswahl bester Zutaten, Vision und Kreativität, um ein zielgerichtetes Zusammenspiel im Team zu ermöglichen und mit guten Ergebnissen zu überzeugen. Das kleine bisschen, das berührt, macht oft den Unterschied.
Egal also, ob im beruflichen Kontext, in zwischenmenschlichen Beziehungen oder in der persönlichen Weiterentwicklung – nachhaltiger Erfolg basiert auf bewussten Entscheidungen, der Auswahl wertvoller Zutaten und der Zeit, die es braucht, um sich zu entfalten. Wenn wir wollen, dass unser Essen einzigartig schmeckt, brauchen wir nicht nur die richtigen Aromen, sondern auch Zeit und Geduld.
Wenn Sie also demnächst einmal etwas mit viel Genuss erleben, halten Sie doch einmal kurz inne und reflektieren über den Entstehungsprozess dieses Erlebnisses: über die vorherige Auswahl der passenden Zugaben als Grundlage, den angemessenen und geduldigen Umgang mit diesen Ressourcen als wertschätzenden und kreativen Prozess der Herstellung und die gemeinsame Freude über das Ergebnis als eine Geschichte des Gelingens.
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