Charles Johann PALMIÉ

Kunkels Künstlerreisen I: Charles Johann Palmié

Was passiert, wenn Künstler ihr Atelier verlassen und reisen? In der Reihe „Kunkels Künstlerreisen“ wollen wir sie begleiten und gemeinsam mit ihnen Neuland an der Schwelle zur Moderne entdecken. Den Anfang macht der Münchner Impressionist Charles Johann Palmié.

Hier erfahren Sie mehr über

  • Monet und Kandinsky
  • Impressionismus
  • Atelier Natur

Text: Dr. Alexander Kunkel

Dr. Alexander Kunkel

Dr. Alexander Kunkel studierte Kunstgeschichte, Geschichte und Literatur an der LMU München. 2012 gründete er den Kunsthandel KUNKEL FINE ART mit Schwerpunkt auf Zeichnungen, Gemälden und Skulpturen des 19. bis 20. Jahrhunderts. Seit 2016 ist er Geschäftsführer der HIGHLIGHTS – Internationale Kunstmesse München.

Monet in München

Der russische Künstler Wassily Kandinsky gilt gemeinhin als Erfinder der abstrakten Malerei. Weniger bekannt ist, dass er zudem ein brillanter Netzwerker im Zeichen der Kunst war. So organisierte er in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg eine Reihe von Ausstellungen, die heutzutage internationale Blockbuster wären. Hierzu zählt eine 1904 gezeigte Werkschau von Claude Monet in München, durch die der französische Impressionismus Einzug in die bayerische Kunstmetropole hielt.

Unter den von der Ausstellung tief beeindruckten Besuchern befand sich auch der Landschaftsmaler Charles Johann Palmié: Seine Palette war zuvor von einer dunkeltonigen Malerei in der Tradition des Realismus geprägt, doch war es damit nach der Begegnung mit den Werken Monets vorbei.

Charles Johann Palmié (1863 – 1911), Pappelallee in Giverny, 1906, Öl auf Leinwand
Charles Johann Palmié (1863 – 1911), Pappelallee in Giverny, 1906, Öl auf Leinwand

Charles Johann Palmié Von der Isar an die Seine

In den Jahren 1905/1906 unternahm Palmié sodann eine ausgedehnte Reise durch Frankreich. In Paris dürfte sein Hauptinteresse dem Besuch jener Galerien gegolten haben, in denen sich die Werke des noch immer umstrittenen Impressionismus am besten studieren ließen. Ebenso nahm Palmié Kontakt zu Ausstellungsorganisationen auf, die aufstrebenden Künstlern ein Forum boten.

Seine Bemühungen blieben nicht ohne Erfolg: So erwähnte die Zeitung Le Figaro in ihrem Bericht über den Salon d’Automne von 1906 ein Gemälde Palmiés ehrenhaft neben solchen von Pierre Bonnard und Édouard Vuillard. Die im Grand Palais abgehaltene Leistungsschau der Avantgarde präsentierte zugleich Werke von Paul Cézanne, Henri Matisse und Constantin Brancusi.

Charles Johann Palmié in seinem Münchener Atelier, um 1900
Charles Johann Palmié in seinem Münchener Atelier, um 1900

Inspiration Giverny

Entscheidend für Palmiés weitere Entwicklung war indes das Aufsuchen von Orten, die der Landschaftsmalerei des französischen Impressionismus wesentliche Impulse gegeben hatten. In Giverny, wo Monet in dem von ihm nach künstlerischen Gesichtspunkten angelegten Gartenreich seine weltberühmten Seerosenbilder malte, hielt Palmié beispielsweise eine markante Pappelallee fest. Sie nimmt auch in Monets Œuvre eine prominente Stellung ein.

Gleich seinem großen Vorbild schuf Palmié fortan Serien von Gemälden, die ein bestimmtes Motiv in ähnlichem Bildausschnitt zu verschiedenen Tageszeiten zeigen. Ziel dieser Arbeitsweise ist die Erfassung unterschiedlicher Wirkungsweisen von Licht und Farbe anhand ein und desselben Gegenstandes. Hierbei geht es weniger um den Inhalt als vielmehr die Autonomie der Malerei, ein zu Beginn des 20. Jahrhunderts ebenso modernes wie revolutionäres künstlerisches Konzept!

Claude Monet: Die Pappeln in Giverny, 1887, Museum Barberini Potsdam
Claude Monet: Die Pappeln in Giverny, 1887, Museum Barberini Potsdam

Reisen durch Europa

Neben Giverny wurde die Normandie zu einer wichtigen Inspirationsquelle für Palmié während seiner Frankreichreise 1905/06. Insbesondere interessierte er sich für den malerischen Hafenort Honfleur, in dem Fischerboote ein reiches Spektrum an pittoresken Motiven boten. Gleich der Pappelallee in Giverny hat sie der Künstler plein air direkt auf der Leinwand festgehalten.

Charles Johann Palmié: Hafen von Honfleur, Städtische Galerie im Lenbachhaus München
Charles Johann Palmié: Hafen von Honfleur, Städtische Galerie im Lenbachhaus München

Die Natur blieb fortan Palmiés bevorzugtes Atelier. In den Jahren bis zu seinem Tod 1911 reiste der eine eigene Malschule unterhaltende Künstler zusammen mit seinen Schülern in den Sommermonaten nach Österreich, Nord-, Süd- und Mitteldeutschland sowie Italien, um dort unter freiem Himmel zu arbeiten. Mit sicherem Gespür für austarierte Kompositionen und vibrierende Farbwirkungen, welche an den Prinzipien des französischen Neoimpressionismus geschult sind, perfektionierte Palmié seine zwischen Impressionismus und Pointillismus variierende Malweise mehr und mehr.

Charles Johann Palmié: Pappeln und Weiden im Nebel, 1908, Kunkel Fine Art
Charles Johann Palmié: Pappeln und Weiden im Nebel, 1908, Kunkel Fine Art

Im Epizentrum der Moderne

Seine innerhalb der deutschen Kunstszene singuläre Malweise sicherte Palmié rasch Erfolge, wie eine Einzelausstellung im Münchener Kunstverein. Hierdurch wurde die Aufmerksamkeit jenes Künstlers auf ihn gelenkt, der seine Hinwendung zum französischen Impressionismus entscheidend beeinflusst hatte.

1909 lud Kandinsky Palmié ein, sich an der Gründung der Neuen Künstlervereinigung München zu beteiligen, aus der zwei Jahre später eine der wichtigsten Künstlergruppen des 20. Jahrhunderts hervorgehen sollte. Doch noch bevor Palmié die erste Ausstellung des Blauen Reiters erlebte, verstarb er im Sommer 1911 an einem Herzinfarkt. Eine hoffnungsfrohe Reise auf dem Gebiet der Kunst hatte ihr vorzeitiges Ende gefunden.

Entdecken Sie weitere Werke von Charles Johann Palmié in der Galerie KUNKEL FINE ART

Prinzregentenstraße 71
81675 München
+49 89 21869034
info@kunkelfineart.de

Fotos: Unsplash / Ashley-west Edwards

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