MARBELLA – EINE LEGENDE ERFINDET SICH NEU
Einst Treffpunkt des internationalen Jetsets, besinnt sich Marbella heute wieder auf seine Wurzeln und versucht, die Einheit der Gegensätze zu schaffen.
Hier erfahren Sie mehr über
- Marbella
- Das Puente Romano
- Puerto Banús
Text Hans Christian Meiser
Dr. Hans Christian Meiser ist Philosoph und Publizist, zudem Herausgeber und Chefredakteur von PURPOSE, dem Magazin für Sinnhaftigkeit. Dieses Thema zieht sich durch sein gesamtes Werk.
MARBELLA: WAS EINST GESCHAH
International berühmt wurde der Ort an der Costa des Sol 1954, als Prinz Alfonso von Hohenlohe das Marbella Club Hotel samt Golfplatz, einigen Urbanisationen und Apartmentanlagen gründete. Schon bald kamen Mitglieder des europäischen Jetsets hierher, um im Winter der heimischen Kälte zu fliehen und im Sommer das Leben zu feiern. Die Namensliste derer, die hier dem Müßiggang frönten, ist legendär. Es ging ähnlich zu wie in St. Tropez, an der Costa Smeralda, oder etwas später auf Mykonos und Ibiza.
Doch dieser Lebensstil zog auch Mafiosi und Waffenhändler an, die durch den Kauf von Häusern oder Investitionen in Yachthäfen problemlos Geldwäsche betreiben konnten. Es folgten Politikskandale und alles, was man mit solchen Machenschaften verbindet. Aber: Alles hat ein Ende, und so war es auch mit dem Aufblühen des schönen Küstenstädtchens. Es begann zu verwelken.
SO IST ES HEUTE
Heute sieht die Lage gänzlich anders aus: Es gibt zwar immer noch viele Prominente, die es nach Marbella zieht, aber die Skandale bleiben aus; die Preise sind zwar immer noch hoch, aber man gibt für Essen, Greenfees und die Dinge des täglichen Bedarfs auch nicht unbedingt mehr aus als anderswo. Die Immobilienpreise liegen freilich am oberen Ende, aber das ist an den meisten berühmten Orten am Mittelmeer so, ganz nach dem Motto „Lage, Lage, Lage.“
Und Alfonos („Fonsi“) von Hohenlohe? Er starb 2003 und hinterließ nicht nur den Marbella Club, in dem eine Statue, die ihn mit seinem geliebten Hund zeigt, noch an ihn erinnert, sondern auch das „Puente Romano Beach Resort“, das er 1974 gründete und das direkt neben dem Marbella Club liegt. Seinen Namen hat das Resort von einer ca. 20 Meter langen antiken Römerbrücke, die einst Marbella mit Cádiz verband und heute das Herzstück der Anlage bildet.
IM PUENTE ROMANO
Das Besondere an der Anlage ist die Tatsache, dass man diese eigentlich nicht sieht. Denn ihre 162 Suiten und drei Villen sind in einen dicht bewachsenen, tropischen Garten eingebunden, so dass man nur ganz selten das Gefühl hat, in einem Hotel zu sein. Eher gleicht die Anlage einem Dorf, in dem man entspannt leben kann. Neben den Wohnmöglichkeiten, die übrigens auch zu erwerben sind (um sie weiter zu vermieten), gibt es vor allem 20 Restaurants, darunter Dependancen so berühmter Marken wie Nobu, Cipriani oder Coya. Jede Saison kommen weitere hinzu, entweder als Pop-up oder dauerhaft. Dazu finden Sie Out- und Indoor Pools, ein Six-Senses-Spa, ein Tenniscenter für ATP- und Davis Cup-Turniere, eine Partnerschaft mit dem spektakulären (leider nicht immer sehr gepflegten) Marbella Golfclub, einen Kidsclub und alles Weitere, was das Herz begehrt.
In diesem Dorf also, das mondäne Ruhe ausstrahlt, trifft man Menschen aus aller Welt, vernimmt die verschiedensten Sprachen, und ist lukullisch von Japan/Peru bis Italien versorgt. Das Niveau der Speisen ist hoch, das der Getränke ebenso. Eigentlich hat man das Gefühl, dass das Puente Romano um die Restaurants herum gebaut wurde, so dass ein internationaler Genuss- und Gourmettempel entstand, in dem man keine Entbehrungen fürchten muss und jeden Tag in einem anderen Land speisen kann. Dazu kommt ein höchst relaxtes spanisches Team, das sich um alle Wünsche der Gäste kümmert, so dass jede deutsche Aufgeregtheit schnell vergeht, speziell wenn man sich mit dem Taxi zu Zielen in der Umgebung bringen lässt. Die Fahrkosten sind so niedrig, dass sie die hohen Hotelpreise lindern können.
ALTSTADT VON MARBELLA
Eines dieser Ziele ist die wunderschöne Altstadt von Marbella, die mit ihren Kirchen und Lokalen, mit ihren Geschäften und Boutiquen etwas Kuscheliges vermittelt. Man könnte hier stundenlang Zeit verbringen. Das Einzige, was verwundert, ist, dass Straßen, Gassen und Plätze unglaublich sauber sind, was man von Mittelmeerdestinationen nicht durchweg gewöhnt ist. Sogar die Abfalleimer gähnen vor Leere. Das mutet fast schon steril an, ist aber natürlich gewünscht und sinnvoll, nur eben (zumindest für mich) ungewohnt. Wenn man zur Zeit der Orangenreife da ist, wird der Blick ohnedies nach oben gelenkt.
THE GOLDEN MILE
Ähnlich sauber ist es an der „Golden Mile“, jener fünf Kilometer langen und fünf bis zehn Meter breiten Promenadestraße, die Marbella mit Puerto Banús verbindet. Hier sind – ganz wie in Kalifornien – aneinandergereiht die schönsten Villen, Restaurants und Hotels zu finden, aber auch junge und ältere Menschen aus Spanien und aller Herren Länder, die dort joggen, spazieren, die aufgestellten Trimmgeräte nutzen, mit ihren Hunden Gassi gehen, Händchen halten, Fahrradfahren, herumschlendern, am darunter liegenden Strand baden, mit dem Rollator unterwegs sind, etc.. Die Einheit der Gegensätze ist hier Programm. Jeder kann sein, was er ist oder sein will. Etwas aber gibt es hier nicht: Autos.
PUERTO BANÚS
Diese kann man in Puerto Banús bewundern, vor allem Rolls Royce, Lamborghini, Ferrari (und Jugendliche, die mit ihren Handys die frühen Objekte ihrer Begierde in einem Selfie einzufangen versuchen). Dazu Yachten, wie man sie selten zu Gesicht bekommt. Kein Wunder, denn die Liegegebühr beträgt hier ca. € 500.000 p.a.
„Wenn man diesen Küstenabschnitt mit der Côte d’Azur vergleichen müsste, dann wäre Marbella mit Nizza gleichzusetzen und Puerto Banús mit St. Tropez“, sagte mir einmal eine Freundin, die Marbella und Umgebung sehr gut kennt und selbst aus den Kreisen wie Alfonso von Hohenlohe stammt. Sie muss es also wissen.
Dass das Puente Romano Beach Resort genau in der Mitte zwischen beiden Orten liegt, kann man fast schon als Symbol werten. Denn es vereint tatsächlich das, was sowohl die eine Destination ausmacht wie die andere: Extravaganz und Normalität, Adel und (Upper) Middleclass, Prunksucht und Bescheidenheit, Sport und Müßiggang, Jung und Alt etc.
FAZIT
Marbella hat sich neu erfunden, und das ist gut so. Was einst das Werk eines Adeligen war und später vom „Geldadel“ fortgesetzt wurde, weicht heute zunehmend einem internationalen Wohlstand, der nicht mehr protzt, sondern das Erworbene gut zu nutzen weiß. Goldene Meilen, einen Marbella Club oder ein Puente Romano gibt es freilich nicht überall ….
Tipp: Ca. 300 Meter nach dem Puente Romano und dem Marbella Club (Richtung Marbella) findet sich an der Meerespromenade das „Tamanaco“, ein sehr gutes Strandlokal, das gerne von der heimischen Bevölkerung besucht wird. Nicht ohne Grund. Denn die Gerichte sind nicht überteuert und gut (sehr zu empfehlen: „Negro con Calameres“ (Tintenfisch in schwarzem Reis) – sieht schrecklich aus, schmeckt aber toll, besonders nach einer Runde Golf!
Fotos: PuenteRomanoBeachResort, GoncomStudios, Adobe Stock, Unsplash / Claudiu Danaila