Fotokollage einer modernen Frau mit Engelchen und Teufelchen auf der Schulter.

Nachhaltige Mode: Maximaler Modespaß, minimaler Klimaimpact

Dominique Ellen van de Pol kennt die Schattenseiten der Fashion-Industrie. Deshalb macht sie sich für nachhaltigen Modekonsum und klimabewussten Lifestyle stark. An der Schnittstelle zwischen zwei Welten profitieren wir alle von der Perspektive der Achtsamkeit.

Hier erfahren Sie mehr über

  • Nachhaltigen Modekonsum
  • Green Fashion
  • Achtsamen Lifestyle

Text Antoinette Schmelter-Kaiser

Schwarz-weiß-Bild von Dominique Ellen van de Pol,

Dominique Ellen van de Pol hat in Reutlingen Modedesign und in Arnheim Modetheorie, -strategie und Trendforschung studiert. Sie lebt heute mit ihrer Familie und ihrem Mann in Essen und arbeitet freiberuflich als Green Fashion- und Achtsamkeits-Expertin.

Sichtbar sein, sich attraktiv und geschätzt fühlen – das sind nach Ansicht von Dominique Ellen van de Pol wichtige Gründe, warum sich Menschen modisch kleiden. „Es geht um ein urmenschliches, immaterielles und berechtigtes Bedürfnis“, erklärt die 40-Jährige.

Dazu komme die Möglichkeit, je nach Anlass und Outfit in verschiedene Rollen zu schlüpfen und sich auszuprobieren zu können. Um diese „Sehnsucht“ zu stillen, haben deutsche Privathaushalte laut statista.de 2022 rund 65,2 Milliarden Euro für Bekleidung ausgegeben – so viel wie noch nie. Gekauft wird nicht nur wegen der Notwendigkeit neuer Hosen, T-Shirts oder Pullis. Ausschlaggebend ist oft auch der Wunsch, angesagten Trends zu folgen, oder die Unfähigkeit, den zahlreichen verlockenden Angeboten in Läden und im Online-Handel widerstehen zu können oder aber der Fakt, das Kaufen kurzfristig ein Hochgefühl auslöst. Kurzum:
Mode-Konsum ist eine „starke Droge“, so Dominique Ellen van de Pol.

Noch ein Bild von Dominique Ellen van de Pol.

KONTINUIERLICH WACHSENDE BELASTUNG

Für den einzelnen kann Mode-Konsum zu einer Kaufsucht werden, für die Umwelt ist er eine wachsende Belastung.

Schätzungen zufolge verursacht die Modebranche zehn Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen – mehr als internationale Luftfahrt und Seeschifffahrt zusammen. Durch die Färbung und Veredelung von Textilien im Rahmen ihrer Herstellung werden schätzungsweise rund 20 Prozent der weltweiten Wasserverschmutzung verursacht“, so das Europäische Parlament in einer Infografik zum Thema Fast Fashion. Diese habe durch das ständige Angebot an neuer Mode zu sehr niedrigen Preisen zu einer starken Zunahme der Menge hergestellter und weggeworfener Kleidung geführt.

Von Europäern würden jedes Jahr fast 26 Kilo Textilen pro Person gekauft sowie elf Kilo entsorgt, mit 87 Prozent werde ein Großteil davon verbrannt oder landet auf Deponien.

Dominique Ellen van de Pol springt in die Luft.

BLICK IN DIE ABGRÜNDE DER MODEBRANCHE

In diese „Abgründe“ schaute Dominique Ellen van de Pol, als sie während ihres Modedesign-Studium mehrere Monate in Indonesien verbrachte und dort bedenkliche Produktionsbedingungen und Umweltsünden sah. Während Zweifel an ihrem Traumberuf Modedesignerin keimten, machte sie ihren Master in Modetheorie, -strategie und Trendforschung in Arnheim und absolvierte dort einen ersten Kurs zum Thema Corporate Social Responsibility.

Als Berufseinstieg beriet sie anschließend die Marketing-Abteilungen von Modefirmen zu Nachhaltigkeit, zum Beispiel dem Umstieg von Plastik- auf Papiertüten für den Verkauf. Doch dabei hatte sie den Eindruck, dass es eher um „Greenwashing“ als um tatsächlichen Veränderungs-Willen ging. Außerdem störte sie die fehlende Transparenz in Unternehmen.
Ich war lange auf der Suche“, so ihr Resümee dieser Phase.

NACHHALTIGE MODE: POTENZIAL ZUR VERWANDLUNG

Der Mode hat Dominique Ellen van de Pol nicht den Rücken gekehrt. Denn sie glaubt weiterhin an deren Potenzial, sich mit „Freude, Sinnlichkeit und Lebendigkeit“ durch sie verwandeln zu können. Ihr Fokus hat sich aber in Richtung nachhaltiger Modekonsum und bewusster Lifestyle verschoben. Mit diesen Themen beschäftigt sich Dominique Ellen van de Pol als Autorin des Sachbuchs „Achtsam Anziehen“ oder des kostenlosen E-Books „Nachhaltiger Modekonsum“, als Fachjournalistin, Illustratorin, Speakerin und Kommunikationsberaterin.

„Green Fashion“ – aus umweltfreundlichen, hochqualitativen Materialien und fair produzierte Mode – hat für sie allerdings „viel mit Privilegien zu tun“; nicht jeder habe die finanziellen Möglichkeiten, sich diese leisten zu können.

Mode von Dominique Ellen van de Pol.

ZWEITE HAND ALS ERSTE WAHL

Deshalb macht sie sich auch für Secondhand-Kleidung als „Alternative“ stark.
Gebrauchte Kleider zu tragen, galt lange als peinlich und wurde mit Armut assoziiert“, erklärt Dominique Ellen van de Pol. „Weil sich die junge Generation für den Retro-Trend begeistert und vorlebt, wie cool der ist, kommt Secondhand-Kleidung jetzt aber auch in der Mitte der Gesellschaft an und hat große Wachstumsprognosen.“

Für „zweite Hand als erste Wahl“ spreche, dass sie ressourcenschonend sei, einen individuellen Style statt Massenware ermögliche, zu günstigen Preisen zu haben und – aufgrund der vielen vorherigen Waschgänge ­– weniger schadstoffbelastet sei. Dominique Ellen van de Pol persönlich hat viel „Spaß“ beim Stöbern auf Flohmärkten und in Vintage-Läden oder beim Besuch von Kleidertausch-Partys – gerne mit ihrer achtjährigen Tochter, die wie ihre Mutter ein Faible für kreativen Umgang mit Kleidung und schon jetzt einen ganz eigenen Geschmack hat.

GELASSENER, GESÜNDER, ENTSPANNTER

Nicht nur ihr Fachwissen und einschlägige Erfahrungen haben Dominique Ellen van de Pol zum Umdenken und einem Wertewandel gebracht. Nach der Geburt ihrer Tochter bremste sie ein Burn-out aus. „Ich bin über meine Grenzen gegangen, weil ich permanent auf jemand anderen reagieren musste und Schlafentzug hatte“, erinnert sie sich.

Durch Achtsamkeitstraining lernte sie gezielte Selbstfürsorge, mehr Resilienz und bessere Stressbewältigung. Seither gelingt es ihr trotz Hochsensibilität, gelassener, gesünder und entspannter durchs Leben zu gehen. Diese „essenziellen Kompetenzen“ vermittelt sie seit einer Ausbildung als zertifizierter Achtsamkeitscoach auch anderen Menschen. Und profitiert selbst beruflich: „Die Perspektive der Achtsamkeit ist auch in der Mode sehr hilfreich“, findet Dominique Ellen van de Pol. „Beide Bereiche befruchten sich gegenseitig.“

Frau mit Engelchen und Teufelchen auf der Schulter.

CO2-FUSSABDRUCK VERRINGERN

Für ihr nächstes Buch-Projekt möchte sie ihre Recherchen über nachhaltige Mode hinaus ausweiten und „an der Schnittstelle zwischen zwei Welten“ die eigene „Expertise als Achtsamkeitscoach mit dem spannenden und hochaktuellen Thema 1,5 Grad Lifestyle kombinieren“. Denn nicht nur Mode, sondern Konsum generell, Ernährung und Mobilitätsverhalten haben einen großen Einfluss auf die Klimaerwärmung, weiß Dominique Ellen van de Pol.

Jeder kann etwas dazu beitragen, um unseren CO2-Fußabdruck zu verringern“, lautet ihre Überzeugung. „Es geht mir nicht darum, mit dem Finger auf jemanden zu zeigen und sklavisch streng zu sein, sondern Denk-Anstöße zu geben. Niemand kann und muss alles richtig machen.“

VERNETZUNG MIT DER NACHHALTIGKEITS-SZENE

Was Dominique Ellen van de Pol auf ihrem Weg stärkt, ist ihre Vernetzung mit der Nachhaltigkeits-Szene, zum Beispiel auf Instagram oder als Teil des Projekts „Futurewoman.de“. Dieses will Frauen in der Nachhaltigkeit sichtbar machen und ihre Karrieren fördern, sowie mit seinen Formaten „futuretalks“ und „futureacademy“ dazu beitragen, dass mehr Frauen in Entscheiderinnen-Positionen gelangen und im Sinne der Nachhaltigkeit agieren können.

Seit 2020 zu diesem Kreis zu gehören, sich regelmäßig mit anderen auszutauschen und ihr Credo „Maximaler Modespaß bei minimalem Klimaimpact“ zu vertreten, ist für Ellen van de Pol ein wichtiger weiterer Schritt. „Ich bin am richtigen Platz angekommen“, freut sie sich. „Dieses Gefühl gibt mir Kraft und Hoffnung.“

Fotos: Dominique van de Pol

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