Frau am Computer in einem Meeting.

Meeting-Detox

Schon vor der Pandemie waren Meetings nicht immer erfreulich, die Verlagerung ins Digitale führte nicht unbedingt zu Verbesserungen. Wollen Sie wissen, wie man sich vom Besprechungs- und Konferenzen-Übermaß befreit?

Text Nadine Geigle

Schwarz-Weiß-Bild von Nadine Geigle.

Nadine Geigle ist seit über 20 Jahren als Event-Managerin, Marketing- und PR-Beraterin und Medien-Designerin tätig. Neben der visuellen Kommunikation legt sie großen Wert auf eine effektive und überzeugende Markenführung.

Oft befinden wir uns in einem Hamsterrad, und die Umdrehungen werden von Aufgabe zu Aufgabe und von Projekt zu Projekt herausfordernder, wobei gleichzeitig immer weniger Erhol-Phasen zur Verfügung stehen.

Woran liegt das, und was können wir dagegen tun? Bestimmen wir über unsere Zeit oder herrscht die Zeit über uns? Wie arbeiten und leben wir effektiv, bewusst und nachhaltig? Wie werden die Stärken eines Teams bestmöglich eingesetzt? Was können wir gegen den Zeitkiller „Meeting“ machen bzw. wie können wir es so gestalten, dass die Teilnehmer es nicht als belastend empfinden, sondern als Bereicherung?

Topmanager, Führungskräfte oder Unternehmer, so hat eine Untersuchung gezeigt, verbringen fast drei Viertel ihrer Arbeitszeit in Meetings, Konferenzen und Besprechungen. Dabei sollte doch die Effektivität und die Produktivität immer an erster Stelle stehen.

In meinem eigenen Arbeitsleben erkannte ich recht schnell, dass es eine Kunst für sich ist, erfüllende Meetings, Workshops oder Events zu veranstalten. Zu oft wurden Kreativ-Ressourcen mit Kleinkriegen zwischen den Beteiligten vergeudet, zu oft wurde wertvolle Lebenszeit in unnötiges Palaver gesteckt. Wo doch alle wissen, dass die Würze in der Kürze liegt. Und darin, flexibel, ehrlich sowie technisch auf dem neusten Stand zu sein – den Mut zu Neuem nicht zu vergessen.

Verbrannte Zeit, verbranntes Geld

Einer Studie des Harvard-Professors Michael Porter zufolge kommt ein durchschnittlicher Manager auf 37 Meetings pro Woche, wobei jedes dritte länger als eine Stunde dauert. Natürlich hat jeder Mensch eine andere Aufgabe, eine andere Position, einen anderen Charakter und spezielle Interessen, die er vertritt. All dies prallt bei einer Besprechung wegen meist unterschiedlicher Interessen aufeinander.

Jeder Teilnehmer möchte seine Position und seine Stärken aufzeigen, und genau deswegen kosten Meetings unnötig Zeit, Geld, Lebensfreude und Qualität. Oft steht dabei nicht die ausgewiesene Expertise eines Experten und seines Könnens im Vordergrund, sondern die verletzte Eitelkeit derjenigen Teilnehmer, die meinen zu kurz zu kommen; weshalb sie auch immer darauf verweisen, was alles nicht geht, anstatt kreative Lösungsvorschläge zu machen – umfassend betrachtet übrigens eine sehr deutsche Verhaltensweise!

Was aber kann nun eine Führungskraft, Manager oder Unternehmer tun, um ein gutes Management für Meetings und Konferenzen bereitzustellen? Hier einige meiner Erfahrungen der letzten 20 Jahre:

Alles möge einfach sein

Wer etwas bewegen will, wirbelt Staub auf! Wenn Sie eine eingespielte Vorgehensweise ändern, müssen sie mit Reaktionen der Beteiligten, auch negativen, rechnen. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier.

In einem Meeting schlagen dann zunächst die Emotionen hoch, wenn Sie von einer umfassenden Korrektur sprechen, die nicht allen Teilnehmern gefällt und die ihre gewohnte Welt durcheinanderbringt. Oft werden deshalb einer wirklichen Veränderung und Innovation keine Chance gegeben. Oder es wird ein Grund gesucht, warum der Vorschlag nicht umzusetzen ist, anstatt dass sich alle zusammenreißen und ihre Expertise und ihr Wissen zu einem konstruktiven Lösungsvorschlag formen. Das Gelernte wird verteidigt.

Sensitive Manager, Führungskräfte und Unternehmer neigen oft dazu, dem guten Klima im Team zuliebe nachzugeben, wodurch aber die angestrebte Verbesserung nicht erreicht wird. „Harte Hunde“ hingegen setzen ihre Ziele ohne Wenn und Aber durch und hinterlassen zerknirschte Mitarbeiter.

Das Ziel eines jeden Meetings sollte jedoch sein, es so unkompliziert und effektiv wie möglich zu gestalten, sodass sich alle mit den Vorschlägen, Innovationen etc. einverstanden erklären, und das Team ein Verständnis dafür entwickelt, was gemeinsam gewünscht ist und zum gemeinsamen definierten Ziel führt.

Moderation tut not

Bei Besprechungen geht es meist um abstrakte Konzepte, schwierige Konstellationen, Konflikte und Rollenverteilungen, Verantwortlichkeiten, die gelebt werden wollen. Dabei wird aber pro Minute nur eine geringe Menge an Informationen vermittelt und anschließend trotzdem entschieden. Deshalb ist für jedes Meeting eine gründliche Vorbereitung unerlässlich – genau dafür hat aber meist keiner Zeit.

Zudem sind die TOP oft vage, so dass niemand genau weiß, worum es eigentlich wirklich geht und was das angestrebte Ziel ist. Es bedarf daher eines Kompasses oder eines Moderators, der hierüber Bescheid weiß und das Meeting führt, diplomatisch auf alle Beteiligten einwirkt und die Themen und Aufgaben gut steuert.

Oft werden betriebliche Zusammenkünfte, egal ob analog oder digital, ohne bindendes Ergebnis beendet oder vertagt, da keine Führungskraft anwesend ist, die wirklich entscheiden kann. Weil diesem demokratischen Umstand nur schwer Einhalt zu gebieten ist, ist eine Rückbesinnung auf die Volksweisheit „Viele Köche verderben den Brei“ angebracht.

Das heißt: Wenn man sich schon nicht mit wenigen Meetings zufriedengeben kann, sollte man wenigstens versuchen, dass dabei die Regeln, die bereits vorhin erwähnt wurden, eingehalten werden: Niemand möge einem Kollegen seine Kompetenz nehmen und vermeiden, ihn nicht in den Gesamtkontext einzubinden; dabei gilt es, konstruktiv, schnell und effizient für das gemeinsame Ziel zu arbeiten.

Was übrigens selten einer bedenkt: Besprechungen verursachen hohe Kosten, die das Unternehmen belasten können. Deshalb sind kurze Meetings nicht nur effektiv und produktiv, sondern sparen tatsächlich Geld.

Übung macht den Meister

Mein Vorschlag: Ein Meeting sollte nicht länger als 15, 30 oder 45 Minuten dauern. Stellen Sie einen Wecker auf, der nach 15, 30 oder 45 Minuten läutet. Legen Sie zuvor die Besprechungslänge gemeinsam fest. Nach 15, 30 oder 45 Minuten ist die Besprechung vorbei. Punkt.

Sie werden sich wundern, wie schnell Lösungen gefunden werden können! Und vergessen Sie dabei nicht, dass es auch enorm wichtig ist, einen Zeitpunkt zu vereinbaren, an dem die Zielvorgabe erledigt sein muss.

Oftmals verlassen die Teilnehmer ein Meeting und gehen ihrer gewohnten Arbeit nach, wobei dann das in der Besprechung Festgelegte schnell dem Lösen anderer Probleme weicht und schlichtweg vergessen wird. Man kann das eben Aufgezeigte aber auch gemeinsam trainieren. Für alle Mitwirkenden ist dies ein gutes Selbstmanagementtraining, welches die Selbststeuerungskompetenzen erhöht.

Beim Thema der Selbststeuerung ist es theoretisch wie praktisch wichtig, die verschiedenen Arten der Selbststeuerung (Selbstkontrolle, Impulsivität und Selbstregulation) und deren Auswirkungen auf Gesundheit, Wohlbefinden, Zielverfolgung und -erreichung zu kennen.

Die Motto-Ziele sind eine Methode, welche durch die Synchronisation von Verstand und Unbewusstem eine gesunde Form der Selbststeuerung – die Selbstregulation – erzeugen und unterstützen.

  • Steine auf einer Waage.
  • Ein Timer auf einem Tisch.

Gemeinsam geht es besser

Sie können ein Meeting dieser Art wie gesagt mit Ihren Mitarbeitern z.B. bei einem Incentive üben:

Beginnen Sie mit einem konkreten Problem. Erstellen Sie dabei ein konkretes Ziel.

Versuchen Sie klare Entscheidungen und konkrete Umsetzungsideen und Lösungsansätze zu präsentieren.

Der Weg ist das Ziel. Beenden Sie die Besprechung mit neu definierten Zielen und Verantwortlichkeiten, neuen Schritten und möglichst wenig neuen Terminen. Wichtig ist es, sich auf veränderte Situationen immer wieder neu einzustellen und neue Wege aufzuzeigen.

Zudem ist es sinnvoll, sich z.B. von Versprechungen nicht blenden zu lassen und sich weder „einkaufen“ zu lassen oder sich unter Wert zu verkaufen. Stellen Sie Ihre Erfahrung immer klar und direkt zur Verfügung. Ermutigen Sie Ihre Mitarbeiter, neue Lösungen zu finden und diese gemeinsam umzusetzen.

Planen und Improvisieren

Langfristige Unternehmensplanungen beruhen oft auf Eingebungen oder dem Gespür für den Zeitgeist. Es gibt dabei aber viele Faktoren, die man nicht kontrollieren kann: die sich ändernde Marktlage, neue, unbekannte Wettbewerber, neue Kundenwünsche und eine veränderte Wirtschaftslage. Langfristige Pläne und die Kunst der Improvisation sind daher oft keine Freunde.

Aber es ist enorm wichtig, improvisieren zu können, damit man die Gelegenheiten beim Schopf packen kann, wenn sie sich anbieten. Die meisten Informationen, die zum Erfolg oder Misserfolg führen, erhält man während eines Projekts, nicht zuvor! Deshalb ist es nötig, auch bei der Planung Lücken zur Improvisation zu lassen, falls ein Bedarf hierfür auftauchen sollte. Und das wird er mit Sicherheit!

Modernes Arbeiten für Allrounder

Technologie, die früher enorm viel Geld verschlang, ist heute für wenig Geld zu haben oder steht sogar gänzlich kostenlos zur Verfügung. Ein Einzelner kann die Arbeit von zwei oder drei Personen, manchmal sogar einer ganzen Abteilung erledigen. Was vor ein paar Jahren noch unmöglich schien, ist heute ganz einfach. Auch ein Büro braucht man heute nicht mehr unbedingt.

Dafür sind Vertrauen und eine gute Absprache, eine klare Aufgabenverteilung und schnelle Entscheidungen umso wichtiger. Der Fachmann wird heute schon durch den Allrounder ersetzt, der sich sein Wissen durch Internet oder praktische Schulungen und Erfahrung wesentlich schneller aneignet, als das noch vor Jahren oder Jahrzehnten der Fall war.

Die richtige Dosis: „Work-in-Balance“

Das Sprichwort „Den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen“ kennen wir alle. Wem es so ergeht, erkennt den Weg, der vor ihm liegt, nicht mehr. Wenn man ausschließlich arbeitet und keinen Sport treibt, wenig Urlaub macht, sich kaum der Wellness hingibt oder sich eine Auszeit als Erholungsinsel schafft, der verliert die Sicht und ist irgendwann ausgebrannt. Die Urteilsfähigkeit leidet und Entscheidungen sind immer schwerer zu treffen. Die Erschöpfung wird immer größer, und man verliert die Motivation, den inneren Antrieb oder die Leidenschaft.

Natürlich gilt „Ohne Fleiß keinen Preis“, aber es ist nichts als ein Glaubenssatz, der sich von frühster Kindheit an in vielen Köpfen, auch jenen späterer Manager, verankert hat, weshalb sie nicht aufhören, ihn zu befolgen. Die Frage ist nur, welchen Preis man am Ende dafür bezahlt. Die berühmte Work-Life-Balance sollte eigentlich „Work-in-Balance“ heißen, da dann der Unterschied zum Leben besser zum Vorschein käme, und niemand mehr auf die Idee käme, sein Leben nur noch der Arbeit zu opfern.

Es ist wichtig, körperliche, seelische und geistige Leistungen in Einklang zu bringen und unsere Ressourcen optimal nutzen können. Dann ist anhaltender gemeinsamer Erfolg bei der Arbeit wie auch sonst im Leben garantiert.

Zwei Personen mit Laptops bei einer Besprechung.

Fortschritt bedeutet gute Entscheidungen zu treffen

Wenn Sie Entscheidungen hinausschieben, häufen sie sich an. Berge von Arbeit werden ignoriert, irgendwann hastig erledigt oder komplett entsorgt und wegdelegiert. Die einzelnen Probleme in den Arbeitsstapeln bleiben somit oft ungelöst. Schieben Sie Entscheidungen nicht auf die lange Bank. Manchmal stellt sich die perfekte Lösung nie ein.

Treffen Sie eine Entscheidung und widmen Sie sich der nächsten Aufgabe. Sie müssen einen Rhythmus kreieren. Je mehr Entscheidungen Sie treffen, umso mehr gewinnen Sie an Schwung. Jede Entscheidung, die getroffen wird, ist ein Puzzleteil, das sich zu einem Gesamtbild formt und somit die richtigen, zeitgemäßen Antworten liefert.

Eine geglückte (Unternehmens)Zukunft basiert letzten Endes nur auf guten Entscheidungen der Vergangenheit.

Der Schlüssel zum gemeinsamen Erfolg

Allzu viele und allzu lange Meetings, Konferenzen und Besprechungen sind Gift für uns und unsere Mitarbeiter. Dennoch benötigen wir sie, um Entscheidungen tragfähig zu machen. Die Kunst der Selbstbeherrschung und -beschränkung führt dabei zu positiven Ergebnissen.

Niemand muss so agieren wie die Generationen vor ihm. Es ist an der Zeit, mutig Neues gemeinsam zu wagen und das Alte umzuformen oder zu vereinfachen, sowie Komplexes einfach zu gestalten und der Intuitionen und dem Herz zu folgen und sich mitzuteilen. Mit Sicherheit wird niemand darunter leiden, sondern der gemeinsame Erfolg für das Unternehmen wird rasch sichtbar.

Zahlen wir gemeinsam auf ein Pluskonto ein, können wir das Schloss durch den richtigen gewählten Schlüssel mühelos aufsperren!

Fotos: iStock, Unsplash / Charles Deluvio, Ralph Hutter

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