Buntes Gemüse liegt auf einer Steinplatte

Wegbereiter für Veränderung: nachhaltiges Einkaufen

Mit Dokumentarfilmen und Sachbüchern will Katarina Schickling komplexe Themen verständlich darstellen. Schwerpunkt ihrer Arbeit ist das Konsumverhalten, mit dem Verbraucher durch nachhaltiges Einkaufen entscheidend Einfluss auf Produkte und Produktionsmethoden nehmen können.

Hier erfahren Sie mehr über

  • Klimaschädlichen Lebensmittelverbrauch
  • Greenwashing
  • Nachhaltiges Einkaufen: Die Kraft der Käufer

Text Antoinette Schmelter-Kaiser

Katarina Schickling

Katarina Schickling hat Geschichte und Amerikanistik studiert. Seit 1993 dreht sie als Expertin für Nahrungsmittel und Nachhaltigkeit Reportagen und Dokumentarfilme fürs Fernsehen, 2016 erschien ihr erstes von vier Sachbüchern.

Verwende ich zu viel tierisches Fett? Sollten statt Weizenmehl Getreide-Alternativen wie Dinkel auf meinem Einkaufszettel stehen? Wie schaffe ich es, auf Zucker zu verzichten? Reicht meine Versorgung mit Vitaminen aus? Solche Überlegungen findet Katarina Schickling überflüssig.
„Die Furcht vor dem falschen Essen ist unbegründet, die Frage nach ungesunder Ernährung wird völlig überbewertet“, so das Fazit der Dokumentarfilmerin und Journalistin nach der eingehenden Beschäftigung mit zahlreichen Studien. „So gesund und ausgewogen wie die jetzige Generation hat sich hierzulande noch keine zuvor ernährt. Das Einzige, was nachweislich gefährlich ist, ist erhebliches Übergewicht.“

KLIMASCHÄDLICHE AUSWIRKUNGEN DES VERBRAUCHS

Über das Kreisen um Kohlenhydrate verkennen nach Ansicht von Katarina Schickling „viele das eigentliche Problem“: die umwelt- und klimaschädlichen Auswirkungen des eigenen Lebensmittelverbrauchs – und deren gesundheitliche Folgen. Denn die auch durch sie bedingte globale Erwärmung führt vermehrt zu extremen Wetterereignissen – Hitzerekorden, Stürmen und Starkniederschlägen, die Menschen gefährden oder töten können.

Rund 500 Kilo Lebensmittel pro Person und Jahr verursachen hierzulande etwa 15 Prozent unserer jährlichen Treibhausgas-Emissionen – ebenso viel, wie beim Heizen entstehen. Essen müsse jeder, so Katarina Schickling im Buch „Mein Lebensmittelkompass“.

Aber um dem Planeten möglichst wenig zu schaden, sollten wir die Emissionen unserer Mahlzeiten zumindest reduzieren.

FOKUS AUF NACHHALTIGEM KONSUMVERHALTEN

Wie das ressourcenschonend gelingen kann, darüber informiert Katarina Schickling auf Kanälen, die „sich komplementär ergänzen“: Sie dreht Filme, schreibt Sachbücher sowie einen Blog und ist auf Instagram aktiv – vor allem mit dem Fokus auf nachhaltigem Einkaufen und Konsumverhalten.

Ich beschäftige mich seit Jahren mit Verbraucherthemen“, sagt die Multitaskerin. „Eines Tages las ich einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung über eine Studie, laut der die Umweltbilanz durch Verpackungsmüll von To-go-Plastikbechern gar nicht so schlecht sein sollte. Weil mir das nicht stimmig schien, habe ich die Studie genauer angeschaut und herausgefunden, dass das ein klarer Fall von Greenwashing war.“ Das habe ihren Ehrgeiz angestachelt, mehr darüber herauszufinden, wie getrickst und getäuscht wird.

EINFLUSS DURCH NACHHALTIGE EINKAUFSGEWOHNHEITEN

Mit Fakten aus gründlichen, kritischen Recherchen möchte Katarina Schickling für mehr Durchblick sorgen. Dieses Wissen soll helfen, „als mündige Verbraucherinnen und Verbraucher fundierte Entscheidungen zu treffen“ – und mit Einkaufsgewohnheiten Einfluss auf Produktion und Produkte in der Lebensmittelbranche zu nehmen.

Bester Beweis sind für Katarina Schickling Eier aus Käfighaltung. Als Codes auf den Schalen und Verpackungs-Aufdrucke die Herkunft erkennbar machten, ging ihr Absatz stark zurück. „Das hat deutlich gezeigt, was der Wille der Käuferinnen und Käufer ist“, macht Katarina Schickling klar. „Käfig-Eier werden aber leider weiter in Keksen oder Nudeln verarbeitet.“ Denn dort ist die Kennzeichnung der Haltungsform nicht vorgeschrieben – für Katharina Schickling ärgerlicher Etikettenschwindel. Deshalb appelliert sie an Politik und Hersteller, viel transparenter über Inhaltsstoffe und Herkunft aufzuklären.

Apfelbaum trägt viele Früchte

ÖKOKISTE MIT OBST- UND GEMÜSESORTEN

Für Lebensmittel in Bio-Qualität gelten restriktivere Auflagen. Im Gegensatz zu konventioneller Ware sind für sie in der EU statt 300 nur 56 Zusatzstoffe erlaubt. Außerdem ist der Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und auf leicht lösliche mineralische Düngemittel sowie möglichst artgerechte Tierhaltung gesetzlich vorgeschrieben. Das hat auch in Sachen Umweltschutz positive Effekte.

Die Bedenken wegen hoher Preise kann Katarina Schickling entkräften: „Viele Produkte kann man sich auch mit kleinem Geldbeutel leisten“, so ihr Resümee nach Vergleichsrechnungen. Wer selbst koche, könne sparen. Das Preisniveau hänge natürlich auch von den Einkaufsquellen ab. Praktisch und vergleichsweise günstig seien Ökokisten: In ihnen werden naturbelassene Obst- und Gemüsesorten geliefert, für die zwei wichtige Kriterien gelten: Außer Bio ist die Ware oft regional und saisonal.

REGIONAL UND SAISONAL ALS WICHTIGE KRITERIEN

Denn je kürzer der Weg zwischen Erzeuger und Verbraucher, desto weniger klimaschädliche Emissionen fallen beim Transport an. Und wird angeboten, was in der jeweiligen Jahreszeit erntereif ist, vermindert das Energieaufwand und -kosten für die Lagerung.

Auf Lebensmittel von Direktvermarktern trifft beides zu. Sie sind meist regional und saisonal. Wer sie in Hof- und Bioläden oder auf Bauernmärkten kauft, kann dort überdies Zubereitungs-Tipps bekommen oder Fragen zu Anbau-Art oder Tierhaltung zu stellen. Bei letzterer empfindet es Katarina Schickling „als Verpflichtung, genau darauf zu achten, was ich da eigentlich kaufe“. Tiere bräuchten viel Platz und „Lebensbedingungen, die ihrer Natur entsprechen.“ Nur unter diesen Bedingungen kann die bekennende Rindfleisch-Liebhaberin auch mal ein Steak genießen.

VERMEIDEN VON VERPACKUNGSMÜLL

Insgesamt plädiert Katarina Schickling nicht für Verzicht wie fleischfreie Ernährung, sondern für den achtsamen Umgang mit Lebensmitteln. Dazu gehört für sie auch, bevorzugt selbst zu kochen statt Fertiggerichte mit ellenlangen Zutatenlisten zu verzehren, möglichst wenig wegzuwerfen und sich über Produktionsbedingungen Gedanken zu machen.

Schokolade mit Fairtrade-Siegel beispielsweise findet sie „alternativlos, nur da können Sie sicher sein, dass Sie zumindest nicht das Produkt ausgebeuteter Kinder in Händen halten“.

Um Plastikmüll zu vermeiden, rät Katarina Schickling zu Mehrweg- statt Einwegflaschen, wiederbefüllbaren Behältern und Unverpackt-Einkauf, wann immer das geht. In Sachen Mobilität setzt sie auf gesunden Menschenverstand: „Im SUV zum Hofladen fahren, um Bio-Eier zu kaufen, ist ein Widerspruch in sich.“ Besser sei es, das Rad oder öffentliche Verkehrsmittel zu nehmen.

Äpfel in einer Tragetasche

NACHDENKEN ÜBER NACHHALTIGKEITSKRITERIEN

Nachhaltiges, ressourcenschonendes Verhalten ist für Katarina Schickling nicht auf die bewusste Auswahl von Lebensmitteln limitiert. Auch in allen anderen Konsumbereichen findet sie es richtig und wichtig, sich zu informieren und zu hinterfragen: Textilien zu Dumping-Preisen werden oft unter menschenunwürdigen Bedingungen von Firmen hergestellt, für die Nachhaltigkeitskriterien keinerlei Rolle spielen ­­– ganz im Gegensatz zu Mode von ausgewiesenen Ecolabeln.

Rosen für Sträuße an Supermarktkassen stammen nicht selten von Feldern, auf denen in Afrika oder Südamerika gefährliche Giftstoffe versprüht werden, die ebenso schädlich für die Umwelt wie für die Gesundheit der (Leih-)Arbeiter sind.

WISSEN ALS WEGWEISER

Vertieft sie sich in Themen, deckt Katarina Schickling immer wieder Missstände auf. Doch das ist für sie kein Grund zu Hoffnungslosigkeit, sondern stachelt sie vielmehr „zum Kampf an“. Und bestärken sie im Wunsch, ihr Wissen als „Wegweiser“ an ein breites Publikum weiterzugeben, das die Marktmechanismen in einer immer komplexer werdenden Welt auf eigene Faust schwer durchschauen kann.

Ich bin grundsätzlich ein optimistischer Mensch“, erklärt die Mutter zweier erwachsener Kinder. „Meine Überzeugung ist und bleibt: Mit unserem Verhalten und einem umweltbewussten Leben können wir viel bewirken. Einzelne Taten scheinen nicht viel zu verändern, aber in der Summe lässt sich einiges erreichen.“

Fotos: Michael Jungblut, Unsplash / Nathan Hulsey, Ella Olsson, Priscilla du Preez

 

Sie möchten nichts mehr verpassen? Hier erhalten Sie spannende Nachrichten zu Finanzen und vielen weiteren Themen.