Nachhaltiger Konsum mit Refurbed

Nachhaltiger Konsum

Das Start-up „Refurbed“ sorgt dafür, dass Handys, Laptops und PCs Teil einer Kreislaufwirtschaft werden, anstatt in der Schublade oder auf dem Müll zu landen. Als Plattform für erneuerte Produkte vermittelt es zwischen Anbietern und Kunden.

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  • Langlebige Produkte
  • Refurbished Computer
  • Kreislaufwirtschaft

Text Antoinette Schmelter-Kaiser

Kilian Kaminiski

Kilian Kaminiski hat BWL in Hamburg, Shanghai und London studierte. Bei Amazon Deutschland arbeitete er als New Key Account Manager und Leiter des Refurbished Products Program. 2017 wurde er einer der Mitgründer von „Refurbed“.

Handys, Tablets, Laptops, Smartwatches, Kameras, Monitore und PCs gibt es bei „Refurbed“. Aber auch Allesschneider, Brotbackautomaten, Eis- und Kaffeemaschinen, Stabmixer, Fitnessgeräte und sogar Ski gehören mittlerweile zum Sortiment. Trotz der unterschiedlichsten Kategorien haben alle Produkte einen gemeinsamen Nenner: Sie sind durch die Bank „refurbished“, auf Deutsch erneuert.

Dafür durchläuft jedes von ihnen einen Prozess mit bis zu 40 Arbeitsschritten, bei dem alle Komponenten überprüft und fehlerhafte Teile ausgetauscht werden. Am Schluss sehen sie aus wie neu und funktionieren auch so. Gleichzeitig sind bis zu 40 Prozent günstiger gegenüber fabrikneuen Geräten und außerdem nachhaltiger als sie, weil sie in einem Kreislaufwirtschafts-System wiederverwendet werden.

Erfahrungen mit Refurbed

Erneuerte Technik: WENIGER CO2, ELEKTROSCHROTT UND WASSER

Laut einer Studie des Forschungsinstituts Fraunhofer Austria fallen durchschnittlich 80 Prozent weniger CO2-Emissionen und 73 Prozent weniger Elektroschrott beim Kauf eines refurbished-Smartphones, -Tablets oder -Laptops statt dem eines Neugeräts an, im Mittel wird 90 Prozent weniger Wasser verbraucht. Auch wertvolle Ressourcen wie seltene Erden werden geschont.

Bezogen auf die bislang verkauften Produkte summiert sich die Reduzierung des ökologischen Impacts im Vergleich zu Neukauf seit der Gründung von „Refurbed“ 2017 auf 147.000 Tonnen CO2, 450 Tonnen Elektroschrott und 31 Mrd. Liter Wasser. On top pflanzt „Refurbed“ mit Partnern wie One Tree Planted oder Reforest Nation für jedes verkauftes Produkt einen Baum – bei über 4,9 Millionen ist das Start-up schon angelangt.

IM TEAM ETWAS VERÄNDERN

Meine Arbeit bedeutet mir sehr viel“, resümiert Kilian Kaminski, einer der drei Gründer von „Refurbed“. „Hier im Team kann ich wirklich etwas verändern“.
Anders war das bei Amazon Deutschland, wo der studierte Betriebswirt Mitte der 2010er Jahre Leiter des Refurbished Products Program war, aber feststellen musste, dass dort der Fokus auf möglichst hohen Verkaufszahlen von neuen Produkten lag und seine Abteilung stiefmütterlich behandelt wurde.

Ein Treffen mit Peter Windischhofer, einem ehemaligen Kommilitonen aus seinem Master-Studium und Consultant bei McKinsey & Company, gab den Impuls zu einem eigenen Geschäftsmodell: „Er hatte ein iPhone über eine Website für Gebrauchtwaren gekauft, das aber nach wenigen Wochen kaputt ging“, erzählt Kilian Kaminski.
Weil er keine Garantie hatte, bekam er weder sein Geld zurück noch eine Gratis-Reparatur oder Ersatz geschickt. Gemeinsam haben wir überlegt, wie sich solche Risiken vermeiden lassen.“

  • erneuerte Produkte bei Refurbed
  • Hund mit GPS Tracker

PLATTFORM FÜR ERNEUERTE PRODUKTE

Ende 2016 konkretisierte sich die Idee einer „Plattform für erneuerte und qualitativ hochwertige Produkte, mit einheitlichen, hohen Standards hinsichtlich Qualität, Sicherheit und Garantie“. Anfang 2017 wurde „Refurbed“ gegründet, im März das erste Produkt über die Website des jungen Unternehmens verkauft, im Frühsommer als dritter Gründer der Software und Information Engineering-Spezialist Jürgen Riedl mit ins Boot geholt.

Die ersten Monate nach dem Startschuss haben wir im Wohnzimmer gearbeitet, dann in einer kleinen Kammer in einem Wiener Bürogebäude“, erinnert sich Kilian Kaminski. „Enorm lehrreich waren unsere abendlichen Anrufe bei Kunden. Mit ihnen wollten und konnten wir herausfinden, ob sie zufrieden waren und was wir besser machen konnten.“

ERNEUERTE TECHNIK AUS ZUVERLÄSSIGER QUELLEN

Dank einer staatlichen Förderung für Start-ups und der finanziellen Beteiligung von Business Angels, die die Ideen von Kilian Kaminski & Co „cool“ fanden, nahm „Refurbed“ an Fahrt auf. Genauso wichtig wie Ausbau von Marketing und IT-Struktur war die Akquise zuverlässiger Quellen für Refurbished-Produkte.
Die meisten Handys, Laptops oder PCs stammen von Firmen, die ihre Mitarbeiter-Geräte alle ein bis zwei Jahre gegen neue austauschen“, sagt Kilian Kaminski. „Die ausgedienten werden von spezialisierten Betrieben mit 20 bis 200 Mitarbeitern professionell durchgecheckt, Daten gelöscht, Defekte behoben“. Mit 250 solcher Aufbereiter arbeitet „Refurbed“ zusammen, jeder durchläuft einen strengen „Onboarding-Prozess“. Hinzu kommen vermehrt Hersteller mit eigenen Bereichen, die unter anderem Retouren prüfen, herrichten und für den Wiederverkauf aufbereiten. Neu ist die Möglichkeit für Endkunden, ihr gebrauchtes iPhone über „Refurbed BuyBack“ zu verkaufen.

Erneuerte Technik aus zuverlässigen Quellen

PLATTFORM FÜR TRANSAKTIONEN UND KOMMUNIKATION

All das hilft, die Lebenszeit von Produkten zu verlängern – und sie nicht in der Schublade oder auf dem Müll landen zu lassen“, freut sich Kilian Kaminski. „Refurbed“ fungiert bei diesem Prozess als Vermittler, über den – gegen Provision – nicht nur alle Transaktionen und die Kommunikation zwischen Anbietern und Kunden laufen, sondern von einem großen Kundenservice-Team auch Fragen beantwortet und Reklamationen bearbeitet werden. Denn für jedes Gerät gibt es 30 Tage Rückgaberecht und mindestens zwölf Monate Garantie.
Das überwiegende Kunden-Feedback ist sehr gut; 50 Prozent der Neukunden kommen über Empfehlungen zu uns“, so Kilian Kaminski. Auch das ist für ihn Bestätigung der Philosophie seines Start-ups, das heute knapp 300 Mitarbeiter hat und in sieben Ländern aktiv ist.

Refurbed App

KONSUM ALS WICHTIGER HEBEL

Um Konsum nachhaltiger zu gestalten, engagiert sich Kilian Kaminski aber nicht nur bei „Refurbed“ und „einer tollen Arbeit mit viel Sinn“. Überdies ist er stellvertretender Vorstandsvorsitzender der European Refurbishment Association (EUREFAS), unterstützt die „Right to Repair“-Kampagne und bringt mit Handelspartnern auf politischer Ebene Gesetzesvorschläge ein, um Kreislaufwirtschaft und Refurbishment stärker zu etablieren. „Wir müssen noch deutlich mehr tun“, findet er. „Konsum ist ein enorm wichtiger Hebel, um in Sachen ökologischer Nachhaltigkeit etwas zu bewegen.“ Er selbst trug als Kind Second-Hand-Kleidung und schraubte sich in der Werkstatt des Patenonkels sein erstes Auto aus Teilen gebrauchter Fahrzeuge zusammen.
Beruflich einmal aktiv zur Kreislaufwirtschaft beizutragen – das hätte sich der 33-Jährige damals aber noch nicht träumen lassen.

Fotos: Refurbed, Marko Mestrovic

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