Blick von unten auf Bambusstäbe.

EIN MANTRA FÜR RESILIENZ

Wie Bambus am Druck nicht zu zerbrechen – das können auch Menschen lernen! Z.B.  mithilfe des psychologischen Ayurveda, praktischerweise nicht nur in Indien, sondern auch an der Mosel.

Text Gerd Giesler

Schwarz-Weiß-Bild von Kathleen Landbeck.

Kathleen Landbeck ist Psychotherapeutin und Heilpraktikerin und arbeitet im Ayurveda Parkschlösschen in Traben-Trarbach als Ayurveda Psychologie-Beraterin. Sie hat in Indien vedische Philosophie studiert und ist Expertin für Resilienz-Training.

Im Speisesaal gedämpfte Gespräche, wie in der Kirche. Hier eine Gruppe erstaunlich junger Frauen, die offensichtlich ein Yoga-Kurs zusammengeführt hat, dort ein gepflegter Mitdreißiger im T-Shirt mit Arm-Tattoos, in der Bibliothek ein älteres, arabisches Pärchen.

Das freundliche Hotelpersonal zeigt dem Neuankömmling SPA, Pool, Kochschule und die luxuriösen Zimmer. Nur die Minibar und das WLAN sucht man dort vergebens. Ansonsten verweisen allein ein paar Buddha-Statuen im Haus auf die eigentliche Bestimmung und natürlich auch auf die Grundhaltung der Gäste.

ZURÜCK ZU DEN LEBENSQUELLEN

Sie wollen zu den Quellen des Lebens und daran gesunden. Stress, Hektik und das Handy gibt man am besten gleich an der Rezeption ab.

Mit einem normalen 5-Sternehotel hat das Ayurveda Parkschlösschen im verschlafenen Moselstädtchen Traben-Trarbach so gar nichts gemein. Die internationalen Gäste kommen wegen Prävention, Rehabilitation, zur Unterstützung der Behandlung von chronischen Krankheiten hierher, aber hauptsächlich zum detoxen. Und sie kommen, um ayurvedische Gesundheitspraktiken für sich zu erlernen oder von Zeit zu Zeit aufzufrischen.

Hier arbeitet Kathleen Landbeck. Ihre Aufgabe ist es, Menschen an ihre tiefsten Ressourcen heranzuführen. Für Kathleen Landbeck ist das eine Herzensangelegenheit, was sie auch ausstrahlt. Sie verkörpert die Geradlinigkeit einer amerikanischen „urban citizen“ und zugleich die Wärme und Abgeklärtheit Indiens.

Auf dem Subkontinent wollte die Psychotherapeutin und Heilpraktikerin ein Sabbatical von einem Jahr absolvieren, es wurden elf Jahre daraus. „Die ersten 4,5 Jahre war ich in einem Buddhistische Retreat Center in Italien, wo ich meine Meditationspraxis vertiefte. Danach machte ich ein Pilgerreise nach Indien, blieb hängen und meine Beschäftigung mit der hinduistischen Philosophie „Advaita Vedanta“ begann,  – sie dauert bis heute an. Bei David Frawley lernte sie dann in Deutschland, wie sie ihre Kenntnisse in der ayurvedischen Psychologie praktisch bündeln kann.

  • Außenaufnahme des Ayurveda-Parkschlösschens.
    Das Parkschlösschen in Traben-Trarbach
  • Eine Frau macht im Grünen Yoga.

WIE BAMBUS IM STURM

Kathleen Landbeck liebt den herrschaftlichen Park, in dem die Gründerzeitvilla steht, die einst Erholungsheim eines Röhrenwerks war, bevor die Familie Preuß sie erwarb und ihrer heutigen Bestimmung zuführte.

Die Pflanzen und Bäume, die im Schutz der Weinberge prächtig gedeihen, schätzt Kathleen besonders. Hier wurzeln 100-jährige Mammutbäume, wie man sie eher in Kalifornien vermuten würde, neben nicht weniger hohen Sumpfzypressen, Trompetenbäumen und schnellwachsendem Bambus.

All diesen Supergewächsen ist eines gemeinsam: sie sind resilient. Diese Eigenschaft beschreibt Materialien, die nicht brechen, wenn Druck auf sie ausgeübt wird, wie beispielsweise Bambus, der sich im Sturm biegt, ohne zu bersten.

AUS NIEDERLAGEN LERNEN

In der Psychologie wird dieses Prinzip auf den Menschen angewendet. Resiliente Menschen können Konflikte, Misserfolge, Niederlagen und Schicksalsschläge wie Erkrankung, Entlassung oder Verlust besser meistern als andere. Und sie besinnen sich relativ schnell auf ihre Stärken und Fähigkeiten, mit traumatischen Erlebnissen umzugehen.

Die ayurvedische Psychologie wendet dieses Prinzip nicht nur an, sie lehrt uns, diese Fähigkeiten aus uns selbst herauszuentwickeln und immer wieder anzuwenden. Kathleen Landbeck nennt das Resilienz.

„Resiliare“ (lat.) heißt auf Deutsch „abprallen“. Trifft dieses Prinzip auch auf die Resilienzfähigkeit im ayurvedischen Sinn zu?“

„Im Gegenteil, denn das würde ja bedeuten, man wehrt alles ab. Ayurvedisch gesehen, lassen wir die Dinge durch uns hindurch. Es geht darum zu akzeptieren, dass nicht alles in unserer Hand liegt, dass das Leben nicht immer so verläuft, wie wir uns es wünschen. Wir sollten nicht die Sinnfrage stellen, sondern darauf vertrauen, dass uns auch Schicksalsschläge weiterbringen, selbst wenn uns das im Moment nicht gefällt,“ erzählt Kathleen Landbeck in der Lobby, nippt an einem Glas heißen Wassers und unterstreicht das Gesagte in ihrer Muttersprache: „We can’t prevent!“ Und dann ergänzt sie:  „Es werden Dinge passieren, die uns nicht in den Kram passen und wer glaubt, das verhindern zu können, baut keine Resilienzfähigkeit auf.“

Im Ayurveda Parkschlösschen bietet Kathleen Landbeck regelmäßig ein siebentägiges Resilienz-Retreat für kleine Gruppen an. Was die Teilnehmer mit nach hause nehmen können, formuliert die Ayurveda Psychologie-Beraterin so: „Man wird sich seiner inneren Stärke bewusster und wird sich selbst mehr zutrauen“.

DIE SEINS-EBENEN

Gearbeitet wird dabei auf allen fünf Seins-Ebenen (Pancha Kosha), denn sie sind aufeinander abgestimmt und verantwortlich für ein perfektes Immunsystem. Da wäre zunächst unser Körper und das große Thema Ernährung. Denn was ich ihm täglich zuführe stärkt die Lebenskraft (zweite Ebene), die für die Verdauung verantwortlich ist.

Als dritte Ebene nennt die Therapeutin den Geist. Das sei wie eine Unmenge an Gedanken, die wie ein Bienenschwarm ziellos in uns kreisen. „Zumeist gelten unsere Gedanken der Vergangenheit und Zukunft. Selten sind wir wirklich präsent. Wir verschwenden dadurch Unmengen an Energie und schwächen unsere Widerstandsfähigkeit enorm.“

Doch dann kommt auf der vierten Ebene der Intellekt ins Spiel, der sowohl nach außen als auch nach innen wirkt. Hier kommt es auf die richtige geistige Nahrung an, um unseren Gedanken in Richtung Problemlösung zu lenken. Und über allem (fünfte Ebene) steht der „Bliss-Körper“ für die Sinnfindung, denn nach den Veden ist ein Zustand von innerem Frieden und Zuversicht das Ziel, wonach wir streben.

EINSAMKEIT IN DER PANDEMIE

Kathleen Landbeck sieht in der Bevölkerung eine Zunahme an Vereinsamung und Angst, verstärkt durch die Pandemie. Gerade unter den 40- bis 60-jährigen sei diese angestiegen. „Die Menschen fühlen sich ausgeliefert, wissen nicht wie sie sich wappnen können und was sie zuhause machen können, um gesund zu bleiben. Sie pflegen ihre sozialen Kontakte nicht und die sozialen Medien entpuppen sich als Scheinwelt und Tor in die Einsamkeit. Kein Instagram-Follower wird Ihnen eine Hühnersuppe ans Bett bringen, wenn Sie sich krank fühlen. Da braucht es schon einen lieben Nachbarn. Wer ist für mich da? Wem kann ich mich zumuten? Wer hält mich aus, wenn ich nicht gut drauf bin? Wer spiegelt mich? Und wer hat den Mut, mir ins Gesicht zu sagen: ‚Das war total daneben, was du gemacht hast?’“

Und weiter: „Dass wir uns mit Corona auseinandersetzen müssen, ist schwer genug. Aber die ganz persönliche Covid-Geschichte in unserem Kopf ist genauso machtvoll.“

Einer Person wird der Puls gemessen.

RESILIENZ IST LERNBAR

Beim Resilienz-Retreat hat jeder Teilnehmer nach einer medizinischen Konsultation mit Pulsdiagnose zwei persönliche „Mental Detox“-Sitzungen mit der Ayurveda Psychologie-Beraterin allein.

Dabei geht es zunächst um die Frage: Auf welchen Seins-Ebenen stehe ich mir selbst im Weg? Welche inneren Stories, die ich mir selbst einrede, müssen bewusst werden? Um dann im nächsten Schritt sagen zu können: Das sind die Objekte meiner Wahrnehmung, aber ich bin das nicht!

„I am not my body“, sagt Kathleen Landbeck. „Ich bin nicht meine Gedanken, nicht mein Gefühl, sondern Zeuge.“ Das sei ein wesentlicher Grundsatz der vedischen Philosophie und mache auch einen resilienten Menschen aus.

„Dort setze ich als Therapeutin an, auf der geistigen, der intellektuellen und der emotionalen Ebene. Jeder Teilnehmer findet einen Platz, um anzunehmen, was gewesen ist. Um dieses verarbeiten zu können, findet er hier sein Werkzeug. Damit muss man üben, üben, üben.“

EIN MANTRA ALS WERKZEUG

Wie muss man sich das vorstellen? Wie Vokabeln büffeln? Kathleen Landbeck strahlt warmes, positives Lächeln aus und nippt an ihrem Wasser.

„Ja genau! Das Werkzeug ist meist ein ganz persönliches Mantra. Und das sind nicht nur Worte, sondern die Essenz der Erfahrung, die der Teilnehmer gemacht hat, und in der Sitzung selbst gefunden hat. Das ist also ganz individuell und kann nicht vorgesetzt werden. Eine Wahrheit des Herzens. Und die muss täglich, so sagen wir, 108-mal gesprochen werden.“

Tagtäglich werden wir von schlechten Nachrichten bombardiert. Die Medien tun das Ihre dazu. Dabei ist das nicht die Wirklichkeit, sondern immer ein Ausschnitt davon. „Aber mein Blick hat zwangsläufig kaum Chancen, auf Dinge zu achten, die mich nähren. Die Schönheit um mich herum, die es auch gibt, die täglichen Glücksmomente, für die man Dankbarkeit empfindet. Überhaupt ist Dankbarkeit extrem wichtig für die persönliche Resilienz.“

DANKBAR SEIN!

Und dann wird Kathleen Landbeck auf einmal sehr persönlich. „Ich bin gestern aus dem Urlaub zurückgekehrt. Ich war nur eine lang Woche weg. Am Tag meiner Abreise kam mein Ex-Ehemann wegen einer Kleinigkeit ins Krankenhaus. Als ich zurückkam, wurde er palliativ im Hospiz betreut. Ich war so froh, dass ich gelernt hatte, dankbar zu sein. Ich konnte bei ihm sein trotz der schwierigen Jahre der Trennung und ich konnte dankbar sein für die gemeinsame Tochter, für all die schöne Zeit, die wir auch hatten. Das war nicht gespielt, sondern verinnerlicht und kam aus dem Herzen.“

WIE KANN DAS ERFAHRENE UND ERLERNTE ZUHAUSE INS ALLTAGSLEBEN INTEGRIERT WERDEN?

Bei dieser Frage lächelt Kathleen Landbeck. „Das ist nicht so schwer. Die Leute, die sich zum Resilienz-Retreat anmelden, kommen mit einem Leidensdruck. Wir setzen den Samen für Veränderung, bereiten den Boden dafür. Wenn sie nach Hause gehen, haben sie die Voraussetzungen geschaffen, das zu nähren, damit etwas wachsen kann, was ihre Resilienz langfristig und nachhaltig verbessert.“

MEHR INNERE WIDERSTANDSKRAFT

Um Resilienz- und Meditationstools für mehr Zuversicht und Selbstvertrauen zu erlernen, findet das nächste 7-tägige Resilienz-Retreat mit Kathleen Landbeck vom 6. bis 12. Dezember 2021 statt.

Alle Informationen finden Sie unter: ayurveda-parkschloesschen.de

Fotos: Ayurveda Parkschlösschen, Michael Berger, Thomas Lemmler, iStock, Unsplash / Bence Balla Schottner

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