SEELENFRIEDEN – ERREICHEN UND BEWAHREN (TEIL 2)
Wie können wir unseren inneren Frieden auf Dauer bewahren? Hier ist der zweite Teil der Untersuchung.
Text & Video Van Nguyen Hoang
Van Nguyen Hoang wurde in Vietnam geboren. Dort und in London studierte sie Jura, bevor sie Dozentin für Internationales Recht an der Hanoi National University und Gastforscherin am Max-Planck-Institut in München wurde. Ihre buddhistischen Gedanken zeigen sich in ihren Arbeiten.
Wie wir schon zu Beginn dieses Beitrags (s. Verlinkung unten) gehört haben, ist es für das Erreichen des seelischen Friedenszustandes wichtig, sich nicht mit anderen zu vergleichen, niemanden zu beneiden oder alles kontrollieren zu wollen. Aber es gibt noch weitere spannende Möglichkeiten, den erwünschten Zustand zu erlangen und vor allem auch zu bewahren:
NICHT UM SORGEN SORGEN!
Akzeptieren Sie das, was Sie nicht ändern können oder was ganz offensichtlich oder natürlich ist – dann kann es Ihren Frieden nicht stören. Dinge geschehen aus Gründen, lassen Sie den Grund dafür zu.
Interessanterweise lassen wir allzu oft zu, dass etwas in der Vergangenheit oder etwas, das noch nicht geschehen ist, uns am inneren Frieden hindert. Wir machen uns Sorgen, ob sich die Verletzung in der Vergangenheit wiederholen sollte oder ob wir den Job in der Zukunft behalten können … Lassen Sie mich Ihnen sagen: Sorgen Sie sich nicht um die Sorgen, damit Sie nicht den Frieden Ihrer Seele stören.
Letztlich ist es Ihr Verstand, der Sie vom inneren Frieden abhält. Die besorgniserregende Stimme in Ihrem Kopf lenkt Sie völlig von dem ab, was jetzt geschieht, deshalb können Sie die Gegenwart nicht sehen. Wachen Sie also bitte auf, leben Sie im Augenblick, akzeptieren Sie die Vergangenheit, lernen Sie daraus und gehen Sie weiter. Machen Sie sich nicht zu viele Gedanken über die Zukunft, denn egal wie gut Sie sich darauf vorbereiten, Sie werden nie wissen, was als nächstes passiert. Und vor allem:
Innerer Frieden kann nur und immer im gegenwärtigen Moment entstehen.
MIT LIEBE ZUHÖREN
Tiefes und aufmerksames Zuhören ist eine besondere Fähigkeit in unserem Leben, denn die Bedürfnisse der Menschen nach Zuhören sind unendlich. Der schon erwähnte Zen-Meister Thich Nhat Hanh sagte einmal: „Höre mit der Absicht zu, anderen zu helfen, weniger zu leiden. Wenn wir mit Liebe zuhören, bleiben wir nicht bei der Beurteilung hängen.“
Ein Beispiel: Ich habe zwei Freundinnen, die ein Treffen vereinbart haben, weil einer von ihnen ein Problem hatte. Im Anschluss daran sagte mir die eine, dass dies heute eine sehr schöne Verabredung gewesen sei. Als ich der anderen Freundin von diesem Kompliment berichtete, sagte sie, sie hätte gar nichts gesagt, sondern nur zugehört.
Zuhören bedeutet, die Last in den Herzen der anderen zu teilen.
Laut Thich Nhat Hanh nehmen wir oft, wenn wir unserem Gesprächspartner zuhören, seine Geschichte stillschweigend auf und bewerten sie, indem wir mental vorbereiten, was wir darauf antworten werden. Dabei kommt uns unser Ego in die Quere. „Tiefes Zuhören“ bedeutet, anderen zuzuhören, ohne sie zu unterbrechen, ohne zu urteilen, mit ganzem Herzen aufzunehmen, was die andere Person zu sagen hat – das hilft uns, unser Ego loszuwerden.
Dazu müssen wir uns aus der Liebe heraus leiten lassen: „Ich höre dieser Person nur deshalb zu, um ihr zu helfen, weniger zu leiden.“ Der Zen-Meister hat Recht, wenn er hier das EGO erwähnt, denn es ist ein großes Hindernis, das uns daran hindert, Frieden zu erreichen. Wenn unser Ego zu groß ist, blendet es uns, verdeckt unsere Augen, so dass wir nichts anderes sehen können als uns selbst; deshalb hören wir anderen nie zu, weil wir nur unsere Stimme hören. Und das wiederum vermittelt uns die Gefühle, von denen wir abhängig sind und die uns kontrollieren.
Wie Oprah Winfrey einmal sagte: „Die Einstellung ist alles. Kontrolliere deinen Geist, bevor er dich kontrolliert!“
AUFGESCHLOSSEN SEIN, FÜR NEUES ÖFFNEN
Aufgeschlossenheit kultivieren und die Dinge leichtnehmen: Wir sollten einen blockierten Geist durch einen aufgeschlossenen ersetzen. Während ein engstirniger Mensch für gewöhnlich etwas Festgelegtem, etwas bereits Gemachtem, Etabliertem folgt, ohne groß darüber nachzudenken, weil er glaubt, dass es für immer Bestand haben könnte, bezieht sich ein aufgeschlossener Mensch auf eine fortschrittliche, radikale Art des Denkens, die das Meiste immer wieder in Frage stellt und alten Theorien widerspricht. Er möchte neue Wahrheiten finden, neue Wege, die für die Gegenwart besser geeignet sind, zumal sich ja alles permanent ändert.
Nichts ist für immer und unter allen Umständen und zu allen Zeiten richtig.
Und wenn wir unser Herz und unseren Verstand nicht für Neues und Bestehendes öffnen, um zu lernen, uns anzupassen und neue Wahrheiten zu finden, werden wir wütend, ärgerlich und protestieren gegen das Unvermeidliche, gegen das, was wir nicht kontrollieren oder ändern können; ohne es zu wollen beginnen wir dann gegen uns selbst zu kämpfen und werden so ungewollt zu unserem eigenen Feind.
Dogmatismus ist eine typische Eigenschaft eines verschlossenen Menschen. Im Dogmatismus spielt alles eine immerwährende Rolle, aber außer der Veränderung ist nichts ewig oder beständig. Daher ist der Dogmatismus der Feind des Wandels. Er hindert uns daran, aktiv zu sein und selbst zu denken.
Zum Thema Aufgeschlossenheit möchte ich noch zwei Dinge hinzufügen: Erstens, versuchen Sie nicht, über andere zu urteilen, denn in dem Moment, in dem Sie urteilen, haben Sie Ihrer Seele bereits den Frieden entzogen und lassen die negative Energie in sich aufsteigen.
Zweitens, nehmen Sie nicht zu schnell etwas an, denn viele Dinge sind nicht das, was sie zu sein scheinen. Seien Sie neutral und einfühlsam, dann ist das Leben leichter.
KEINE ANGST VOR FEHLERN!
Und schließlich: Haben Sie keine Angst vor dem Scheitern oder dem Schmerz, denn daraus lernen wir, weil wir mehr Lektionen, mehr Erfahrungen und somit mehr Reife erhalten. Haben Sie keine Angst davor, Fehler zu machen, haben Sie Angst davor, nicht aus diesen Fehlern zu lernen und sie noch einmal zu machen. Nur wenn man Fehler macht, Schmerzen erleidet oder scheitert, wächst man.
Seien Sie bereit für alles, was das Leben Ihnen bringt. Akzeptieren und umarmen Sie sogar Ihre Fehler und Misserfolge und arbeiten Sie daran mit Ihrer Weisheit, Ihrem guten Herzen und Ihrem Glauben den Frieden für Ihre Seele zu bewahren. Wenn Sie dies tun, verbreiten Sie bereits Frieden und Gelassenheit für die Menschen um sich herum und in der Außenwelt.
FAZIT
Abschließend möchte ich all das, was ich in den beiden Teilen meines Beitrags erwähnt habe, zusammenfassen, in der Hoffnung, dass Sie einen Zustand des Gleichgewichts und der Harmonie für Ihren Geist schaffen können, der entscheidend ist, um den Frieden in Ihrer Seele in zu bewahren.
Sie wissen ja, alles beginnt mit Ihnen und endet mit Ihrer Entscheidung. Es liegt also an Ihnen, sich daran zu erinnern, wie Sie den Frieden in Ihrer Seele bewahren wollen. Denken Sie immer daran, dass Sie stark, schön und geliebt sind. Sprechen Sie jeden Tag auf diese Weise mit sich selbst und kultivieren und perfektionieren Sie dies gleichzeitig, um eine bessere Version von sich selbst zu werden. Man kann seine Träume und sein Ziel erreichen, wenn man jeden Tag den Glauben und die Konjugation des Verbs „lieben“ übt.
Lassen Sie Ihre wunderbare Persönlichkeit Ihrer Seele dienen. Treffen Sie alle Ihre Entscheidungen auf der Grundlage von Ausgewogenheit und Harmonie, indem Sie sich in Selbstfürsorge, Selbstachtung und Selbstliebe üben, Grenzen setzen, nein sagen und sich aus schädlichen Situationen zurückziehen sowie auf Groll, Schuldzuweisungen und Hass gegenüber anderen verzichten. Alles zusammen kann Ihnen helfen, eine friedliche Seele zu bewahren. Ich hoffe, dass Sie eines Tages dasselbe fühlen können, was William Ernest Henley in seinem Gedicht „Invictus“ sagte: „I am the master of my fate: I am the captain of my soul.“
Ich wünsche Ihnen viel Glück und hoffe, dass Sie bald Ihr Lächeln aus Ihrer friedlichen Seele strahlen sehen!
Fotos: iStock, Unsplash / Christian Wiediger