Metro steht zur Wartung in einer Station

DAS SPIEL DES SCHICKSALS

Arthur Schopenhauer war der Meinung „das Schicksal mischt die Karten, wir spielen.“ Ob er damit Recht hat, betrachtet unser Autor nun genauer.

Hier erfahren Sie mehr über

  • Verantwortung
  • Schicksalsschläge
  • Zufall

Text Wolfgang Eckstein

Schwarz-weiß-Porträt von Wolfgang Eckstein

Wolfgang Eckstein ist 96 Jahre jung. Der Jurist war u.a. Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bayerischen Bekleidungsindustrie, gründete den Verband deut­scher Mo­de­desig­ner, den Mo­de­kreis München und eine Stif­tung für die Modeindustrie. Für PURPOSE schreibt er exklusiv.

Der Begriff „Schicksal“ wird im Sprachgebrauch sehr vielseitig verwendet, aber über eine eindeutig wertende Bedeutung verfügt er nicht.
Als Schicksal begreift man im Allgemeinen eine höhere Macht, die ohne direktes menschliches Zutun das Leben eines Erdenbewohners in vielfacher Weise beeinflussen kann. Wenn dem so ist, würde daraus folgen, dass ein Schicksal existiert und man es nicht beliebig verändern kann.

SCHICKSAL UND VERANTWORTUNG

Es gibt Menschen, die meinen, alles Geschehen im Leben mit „Schicksal“ begründen oder interpretieren zu müssen, m.a.W. sie ergeben sich dem Schicksal. Damit wollen sie womöglich ihr eigenes schuldhaftes Verhalten, das oft erhebliche Folgen hat, als schicksalhaft und damit als unabänderlich einstufen. Wenn das Schicksal es so wollte, dann bin ich nicht schuld, sondern eben das Schicksal, das einem das Verhängnis „schickte.“ Man kann also auf einfache Weise seine Verantwortung abgeben und bei anderen Menschen u.U. sogar Mitleid erregen. Wer so agiert, klagt unablässig über das ungerechte Schicksal, obwohl er dieses ja selbst herausgefordert hat.

Sinnvoll wäre es hingegen, davon auszugehen, dass der Mensch durch überlegtes Verhalten vieles in seinem Leben selbst bestimmen kann, ganz gleich, ob die Folgen positiv oder negativ sind. Dass aber auch eine höhere Macht eingreifen kann, steht außer Frage, nur ist es eben kein Gott oder Teufel, sondern meist die Natur in Form von Katastrophen. Sie ist es, die dann das „Spiel“ bestimmt.

  • Frau steht auf einem Bahnsteig zwischen zwei Zügen
  • ein langer Zug fährt über eine Brücke

SCHICKSALSSCHLÄGE

Aber das Schicksal kann auch unerbittlich sein, vor allem wenn man die Situation selbst herbeigeführt hat, z.B. wenn man Alkohol, Nikotin oder andere Suchtmittel in der irrigen Annahme konsumiert, mehr Freude am Leben zu haben – und schließlich genau daran schwer erkrankt oder stirbt. Es ist dann noch nicht einmal ein tragischer Tod wie z.B. bei einem Flugzeugabsturz, sondern ein selbstverschuldeter Abschied.

Das Gleiche gilt für riskante Sportarten, die man ausübt, nur um einen Adrenalinstoß zu bekommen. Oder wenn man mit dem Auto in einer unübersichtlichen Kurve überholt und dann das Schlimmste passiert, ist das für den Unfallverursacher kein Schicksal, das ihn heimsucht, sondern das Ergebnis purer Rücksichtslosigkeit.

Für die Menschen aber, die als Opfer davon betroffen sind, ist es ein wirklicher Schicksalsschlag, den sie nicht verhindern konnten. An dieser Stelle könnte man unzählige Beispiele für unverantwortliche, nicht nachvollziehbare „Schicksalsspielereien“ anführen, wie man sie überall beobachten kann.

POSITIVE GEDANKEN

Der Mensch muss sich entscheiden, ob er sich dem Schicksal unbegrenzt ergibt und damit und alle Folgen daraus auf sich nimmt, weil diese unabänderlich sind, oder ob er versucht, durch verantwortungsvolles Verhalten aus den Karten, die ihm das Schicksal mischt und gibt, eine Spielrunde für das Leben zu gewinnen. Die Kraft der Gedanken vermögen, wie man mittlerweile weiß, großen Einfluss auszuüben.

Positive Ziele können positive Situationen auslösen. Wer negative Erwartungen verinnerlicht, muss damit rechnen, dass sie eintreffen. Es gibt sicher noch andere Gelegenheiten, um das Unabänderliche durch bestimmtes Verhalten zu verändern.

Natürlich kann man dem Schicksal nicht unbegrenzt ausweichen, versuchen es zu negieren, zu überspielen oder sich davor zu verstecken. Es begleitet uns in Form von selbst- und nicht selbst herbeigeführten Ereignissen vom ersten bis zum letzten Tag unseres Lebens.

UND WAS IST MIT DEM ZUFALL?

Und dann gibt es noch den Zufall, der ebenso zu positiven, aber auch negativen Folgen führen kann. Der Schweizer Tiefenpsychologe C.G. Jung hat versucht, diesen als „Synchronizität“ zu deuten, wenn zwei Ereignisse, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben, aufeinandertreffen. Dabei kann der Zufall erwartbar sein oder in keinem kausalen Zusammenhang mit irgendeinem Umstand stehen.

Man kann sich dem Schicksal fügen, die Verantwortung für das Leben aus der Hand geben und alles dem „Zufall“ überlassen, in der Hoffnung, sich auf sein „Glück“ verlassen zu können. Dann allerdings entscheidet der Zufall oder das Schicksal allein über das, was kommen mag.

Mit dem Schicksal müssen wir uns abfinden, aber wir müssen seine Unabänderlichkeit nicht noch durch schuldhaftes Verhalten erweitern und dadurch unsere Lebensfreude vermindern.

"Fulfill your Destiny" mit Kreide auf Pflastersteine gemalt

ACHTSAMKEIT UND DANKBARKEIT

Wir können das Leben (noch) nicht beliebig verlängern, aber durch Achtsamkeit und Dankbarkeit lebenswert erhalten. Dabei sollten wir die Hoffnung und den Wunsch haben, dass das Schicksal es gut mit uns meint. Denn wenn wir uns Mühe geben, unser Leben gut zu behandeln, dann wird uns auch das „Schicksal“ mehr geben als wir erwarten.

In diesem Zusammenhang über die Endlichkeit des Lebens nachzudenken, ist für jemanden wie mich, der im 97sten Lebensjahr steht, verlorene Zeit, das wird das Schicksal bestimmen. Warum sich den Augenblick zermürben, indem man sich mit dem Tod befasst? Es ist gewiss, dass er kommt. Mehr muss man nicht wissen.

Für Jüngere als mich hingegen gilt, dass es durchaus sinnvoll sein kann, sich mit der Endlichkeit auseinanderzusetzen. Denn das führt automatisch dazu, die Themen „Schicksal“ und „Zufall“ zu hinterfragen und anhand der Ergebnisse sein künftiges Leben auszurichten, da man auf diese Weise an Achtsamkeit und Dankbarkeit dazugewonnen hat.

Wenn wir das Schicksal mit einem Zug vergleichen, der von der Geburt zum Tod führt, so ist dieses unabänderlich, was aber während der Fahrt geschieht, dafür sind wir selbst verantwortlich. Wir haben es also selbst in der Hand, wie wir unser Schicksal gestalten.

Fotos: Unsplash / jk, Danica Tanjutco, Patrick Tomasso, Benjamin Suter

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