SÜDAFRIKA – AM ANFANG WAR DAS JETZT

Hier erfahren Sie mehr über

• Eine Pirschfahrt in Südafrika
• Die Big Five und das Horn des Rhinozeros
• Das Abenteuer Afrika

Text Hans Christian Meiser

Vor vielen Jahren war ich schon einmal hier, zumindest in Durban und KwaZulu-Natal, dem Land der Zulu-Krieger. Damals spürte ich zum ersten Mal die Magie Südafrikas, die in der Begegnung mit unserem Ursprung, mit unseren Wurzeln liegt. Das südliche Afrika verwandelt einen, das wurde mir jetzt wieder klar. Man besinnt sich auf das, was Wesentlich ist.
Aber was ist wesentlich?

DAS KOSMOPOLITISCHE DURBAN

Nach dem Flug von Dubai nach Durban, jener spannenden Stadt, in der die größte indische Community außerhalb Indiens lebt, logiere ich in der legendären „Oyster Box“, um am nächsten Tag zum The Royal Thanda Club by Thanda Safari aufzubrechen. Beim Dinner bewundere ich den kosmopolitischen Mix von Indern, Südafrikanern und Europäern, die es sich hier auf der Terrasse über dem Umhlanga Beach gut gehen lassen.

Fast beschleicht den Betrachter ein kolonialistisches Gefühl, so sehr scheint auch die Vergangenheit lebendig, in einem positiven Aspekt. Die Zimmer und Suiten des Hotels mit dem spektakulären Blick auf den Leuchtturm und den Ozean, dessen Wellen wild heranbranden, erinnern ebenso an vergangene Zeiten, wie der High Tea oder das Curry Buffet.
All diese britischen Relikte sind, wie auch der Linksverkehr, perfekt in die Gegenwart integriert, so dass man schon bei der Ankunft am King Shaka International Airport ahnt, dass nun ein besonderes Abenteuer wartet. Das mag am Klima liegen, an dem, was man über Südafrika weiß oder an den vielen Sprachen, die man hört – auf jeden Fall ist zu spüren: Jetzt beginnt etwas Großes!

SKYDANCE – Helikopterflug entlang der Küste

Und tatsächlich: Auch wenn es – dem Namen des Hauses gerecht – zum Frühstück Austern gibt, verzichte ich darauf, denn ich muss zum ebenfalls nur 15 Minuten von der Oyster Box entfernt gelegenen Virginia Airport, wo mich der Pilot Robbie mit dem Skydance Helikopter (dem Aston Martin unter den Drehflüglern) in 80 Minuten Flugzeit zum The Royal Thanda Club fliegen wird – ein Erlebnis der Extraklasse!

Wir fliegen mit der Kennung „Romeo Zulu Lima“ die Coastline so tief entlang, dass man vom Hubschrauber aus Delfine sehen kann.

Und Robbie erweist sich als meisterlicher Erzähler der Geschichte des Zululandes, der Vision der Gründer von Thanda und seines Faibles für Rhinozerosse – die Zeit vergeht buchstäblich wie im Fluge.

Robbie war früher Ingenieur bei BMW in Johannesburg. Doch dann packte ihn der Wunsch nach Freiheit und zufällig (?) traf er auf Dan Olofsson und seine Frau Christin, die in Südafrika ihre Vision einer Safari Lodge wahrmachten. Nachdem Robbie seinen Pilotenschein erhalten hatte, wurde der Skydance angeschafft und seither fliegt er Gäste aus aller Welt zum The Royal Thanda Club, zur Thanda Safari Lodge oder zum Thanda Tented Camp.

EINS SEIN MIT DER NATUR

Am exklusivsten sind natürlich die Residenzen im The Royal Thanda Club, die meist aus einem Haupthaus und vier bis fünf Gästehäusern bestehen, so dass bis zu zehn Personen hier Platz finden. Dazu gesellen sich jeweils ein Butler, ein Koch, ein Concierge-Service und ein Hospitality-Mitarbeiter.

Drei Mahlzeiten am Tag sind genauso inkludiert wie je eine tägliche Pirschfahrt am Morgen und am Abend mit Führer und Fährtenleser. Im offenen Land Cruiser geht es gleich am Abend nach meiner Ankunft los. Buselophi, mein Guide, der einst Tischler war und nach dreijähriger Ausbildung Ranger wurde, weil auch ihn die Sehnsucht nach Freiheit packte, erklärt mir, dass ich keine Angst haben müsse, denn die Ranger würden ihre Tiere ganz genau kennen und wissen, wann es brenzlig wird.
Davon kann ich mich gut zehn Minuten später überzeugen, als eine Nashornfamilie unseren Weg kreuzt. Der Vater schaut den Wagen sehr skeptisch an, richtet sich gegen ihn, aber da alle still sitzen bleiben, wendet das Nashorn sich bald wieder ab und zieht mit seinem Kind und dessen Mutter seines Weges.

Warum sein Horn halb gekappt ist, möchte ich wissen. Bosi, so nennen ihn hier alle, erklärt mir, dass dies ein Muss sei, um sein Leben zu schützen. Denn nach wie vor ist im südlichen Afrika das Horn des Rhinozeros eine beliebte Trophäe, da viele Chinesen und Koreaner immer noch meinen, sie könnten damit die Manneskraft stärken. Dieser Irrglaube hat allein im September 2024 in Südafrika 15 Rhinos das Leben gekostet. Ist das Horn aber von vornherein nicht vorhanden, interessieren sich die Wilderer nicht für das Tier, und so wird der Bestand geschützt.

„Hallelujah“, ruft Bosi laut, es ist neben „Hey man“ sein Lieblingswort.

Thanda: Ein Schutzgebiet für die Big Five

Das gesamte Gebiet von Thanda erstreckt sich über 16.500 Hektar und es ist die Heimat von ca. 3000 Tieren: den Big Five natürlich, also Löwe, Büffel, Elefant, Leopard und Rhinozeros, zudem gibt es Geparden und unzählige Antilopenarten, darunter Kudu und Eland, sowie Zebras, Giraffen, Hyänen, Vögel und Schildkröten, Schlangen, Leguane etc..
Sie alle kann man innerhalb kurzer Zeit bestaunen und verstehen lernen, weshalb der Schutz der Artenvielfalt so wichtig ist und wie grandios die Natur oder die Schöpfung wirkte, als all dies geschaffen wurde oder entstand.

WILDLIFE

In dieser Umgebung hat man – so ist meine Erfahrung – keine Fragen und keine Antworten. Die Natur zwingt einen, im reinen Jetzt, in der Gegenwart, im Präsens zu leben. Jede Ablenkung könnte tödlich sein. Das wissen alle, die sich auf das Abenteuer Afrika einlassen und die Freiheit suchen. Nachzusinnen, was war oder was sein wird, sollte man sich hier nicht erlauben. Es zählt allein das, was ist. Und das ist das Wesentliche.

Das weiß auch Christian Sperka, ebenfalls ein Aussteiger aus dem bürgerlichen Leben. In der Schweiz geboren, aber deutscher Staatsbürger, arbeitete er als IT Spezialist und IT Firmeninhaber in Amerika und vielen anderen Ländern der Erde. Bis ihm das Wesentliche zu Bewusstsein kam und er auf Wildlife Photography umsattelte. Heute bringt er den Gästen von Thanda bei, wie man Wildtiere am besten fotografiert und erzählt ihnen überdies hinaus alles Wissenswerte über das Leben in Busch und Savanne.

Ich selbst entdecke bei einer der Pirschfahrten den halben Fuß einer Giraffe, die kurz zuvor wohl einem Löwen zum Opfer fiel. Das ist ernüchternd, aber gehört dazu.
Und man versteht den Unterschied: Tiere töten, um zu überleben, Menschen aus Mordlust.

DAVOS IN AFRIKA

Natürlich gibt es noch sehr viel Wichtiges, worüber es zu sinnieren gilt; hierfür sind bislang fünf Residenzen geschaffen, von denen manche einen externen Besitzer haben, die jedoch zu mieten sind. 44 weitere sollen nach dem Plan des Unternehmers und Philanthropen Dan Olofsson (Sigma Gruppe, Danir SE) entstehen – vorzugsweise für Philanthropen aus aller Welt.
Hier, in der Weite Afrikas, so Olofssons Überzeugung, kann man über die Geschicke der Welt besser nachdenken und sie mit positiven Impulsen nähren als z.B. in Großstädten. Auf diese Weise soll in Thanda (der Name bedeutet „Liebe“) eine Art afrikanisches Davos entstehen, allerdings nicht für Politiker, sondern für Menschen, die ohne den politischen Zwang darüber nachdenken können, was für die Gegenwart und Zukunft wesentlich ist.

Vielleicht möchten sie dann auch weiter etwas gegen die bittere Armut tun, die sich vor allem außerhalb von Thanda zeigt. Ich besuche in den umliegenden Dörfern die Kindergärten (hier Crèches genannt) Iknanyiso und Masibambisane und bin überrascht, dass die Kinder kaum Lernmaterial oder Spielzeug haben und selbst das morgendliche Porridge von Thanda gesponsert werden muss.

Es ist wie so oft in Afrika: Trotz Armut wirken die Menschen nicht unglücklich.

HIER UND JETZT

Der Thanda Royal Club ist weit mehr als ein Game Resort für Gutbetuchte. Es ist der Versuch, das, was uns die Natur lehrt, wiederzufinden, um ein harmonisches Dasein zu führen. All das, was wir verloren haben, lässt sich in der Begegnung mit der überwältigenden Natur (Schöpfung) entdecken, um es zum Besten für alle einzusetzen.

Eine riesige Aufgabe, aber wir wissen ja: Jede Reise beginnt mit einem Schritt. Und am Anfang steht das JETZT.

Wieder zurückgekehrt in die Oyster Box versuche ich, während ich auf meinen Rückflug warte, das Erlebte zu reflektieren. Und mit einem Mal weiß ich: Wie damals vor vielen Jahren schon, war ich in den letzten Tagen im reinen Sein, in der Freiheit des Gegenwärtigen. Keine Fragen, keine Antworten. Nur das Hier und Jetzt.

Ich fühle mich erfüllt und leicht wie selten zuvor.

Fotos: Christian Sperka, Hans Christian Meiser, The Red Carnation Hotel Collection