Viele Hände halten sich gegenseitig

ERFOLG ODER MISSERFOLG IM HANDEL

Bei einem guten Geschäft denken wir an einen Abschluss mit Zugewinn. Ist jedoch „gut“ gleichzusetzen mit „erfolgreich“? Fragen und Antworten in Bezug auf das Grimm’sche Märchen „Der gute Handel“.

Hier erfahren Sie mehr über

  • Wunschdenken
  • Gier
  • Handel und Händel

Text Irmela Neu

Schwarz-Weiß-Bild von Prof. Dr. Irmela Neu.

Prof. Dr. Irmela Neu lehrt Interkulturelle Kommu­nikation in Spanien und Lateinamerika an der Hochschule München für angewandte Wissenschaften (HM), gibt Seminare zur empathischen Kommu­nikation, ist Autorin und studierte Politologin.

Misserfolgsfaktor Wut

Das Märchen „Der gute Handel“ beginnt folgendermaßen: „Ein Bauer, der hatte seine Kuh auf den Markt getrieben und für sieben Taler verkauft.“ Immerhin, der Handel war schon mal gelungen. Doch es wäre zu einfach, wenn nun eine geradlinige Erfolgsgeschichte folgen würde! Nein, es passiert etwas, was wir als heutige Leser mehr als erstaunlich finden, verfügen wir doch nicht mehr über gewisse Erfahrungen.

Auf dem Heimweg vom Markt hört er schon von Weitem, wie die Frösche ein lautes „ak, ak, ak, ak“ quaken oder besser noch rufen – ihm zurufen! Er interpretiert diese Laute als eine an ihn gerichtete Aussage, sozusagen eine private Botschaft, und entziffert sie als den Buchstaben „acht“. Das erregt nicht nur seine Aufmerksamkeit, sondern bringt ihn darüber hinaus in Wallung.

Er ruft den Fröschen aufgebracht zu: “‘Dummes Vieh, das ihr seid, wisst ihr’s nicht besser? Sieben Taler sinds und keine acht.‘“
Die Frösche lassen sich nicht beirren und bleiben bei ihrem lauten „ak, ak, ak, ak“. Ob dieser Unbelehrbarkeit gerät unser Bauer in Wut.

Er holt sein Geld aus der Tasche, zählt es nach und wird immer wütender, nachdem die Frösche nicht aufhören, eben dieses laute Quaken vernehmen lassen. Die von ihm als Besserwisserei der Frösche interpretierte Botschaft treibt ihn zu wutgesteuertem Handeln. Er wirft das Geld, eben seine sieben Taler, den Fröschen zu. Wenn sie es schon so unbelehrbar besser wissen wollen als er, sollten sie es doch bitte schön selbst nachzählen!

Wunschdenken

War das Geld hiermit verloren? Nein, in seiner Vorstellung nicht. Er stellte sich doch wirklich vor, dass die Frösche ihm nach dem Zählen des Betrages sein Geld wiedergeben würden; durch das Nachzählen ihrerseits gäbe es keine Zweifel mehr, dass er recht hatte. Es waren doch keine acht, sondern sieben Taler, ätsch! Nur deshalb hat er ihnen das Geld gegeben, und nach dem erfolgreichen Klären der Angelegenheit würde er sein Geld wiederbekommen. Klar: Wunschdenken pur!

Die Frösche quakten fröhlich in dem schon bekannten Laut weiter. Unser Bauer wartete eine gute Weile auf die einsichtige Rückgabe seines Geldes durch die Frösche, was ihm einen klaren doppelten Triumph verschaffen würde: er hatte recht und sein Geld wieder. Doch nichts geschah – außer, dass die Frösche weiterhin quakten.

Bevor er sich missmutig auf den Heimweg machte, schimpfte der Bauer die Frösche mit folgenden Worten lauthals aus: „‘Ihr Wasserpantscher, ihr Dickköpfe, ihr Klotzaugen, ein großes Maul habt ihr und könnt schreien, dass einem die Ohren weh tun, und sieben Taler könnt ihr nicht zählen: meint ihr, ich wollte da stehen, bis ihr fertig wärt?‘“

Mit dieser eindeutigen Ansage begibt er sich auf den Heimweg. Die Frösche – na, Sie wissen schon -, doch seine Wut verraucht, und schließlich kommt er recht beklommen heim. Geld weg! Frösche uneinsichtig! Keine Anerkennung von ihnen! Misserfolg auf der ganzen Linie. Hat er daraus etwas gelernt? Folgen wir dem Verlauf des Märchens.

Nahaufnahme Frosch

Misserfolg durch Lernunfähigkeit

Obige Überschrift macht deutlich, dass unser Held nichts gelernt hat. Doch was war im Anschluss an seinen Misserfolg geschehen?

Nach einer guten Weile erhandelte er sich eine Kuh. Er schlachtete sie, weil er sich ausrechnete, Fleisch und Fell mit Gewinn verkaufen zu können. Er packte seine Ware zusammen und begab sich damit in die Stadt auf den Markt. Des Wegs, noch vor Erreichen seines Zieles, kam ein großes Rudel Hunde in seine Nähe, allen voran ein besonders kecker, wohl der Anführer. Sie bellten eins ums andere Mal: „was, was, was, was“.

Unser Bauer interpretierte das heftige, vorlaute Bellen vor allem des Rudelchefs als die an ihn gerichtete Aufforderung, ihm das von ihm, dem Bauern, in Verkaufsabsicht mitgebrachte Fleisch zu überlassen. Er weigerte sich indes zunächst, sich von diesem Impuls wegreißen zu lassen.

Doch schließlich gab er nach; denn der Anführerhund bellte ihm so sehr die Ohren voll, dass unser Bauer daraus eine Forderung ableitete, die in etwa zusammengefasst so lautete:
„Das Fleisch gehört nicht dir, du Bauer, sondern uns, vor allem mir, dem Clanoberhaupt“.

Also überließ er es ihm letztendlich.

Wie beim ersten Mal ging der Bauer davon aus, das in guter, ehrlicher Absicht Überlassene käme in der einen oder anderen Weise zu ihm zurück -, dieses Mal durch Geld, das er aus seiner Sicht rechtens einforderte. Deshalb rief er dem Hundeclanchef beim Überlassen der noch nicht bezahlten Ware drohend zu: ‚“…aber das sage ich dir, in drei Tagen muss ich mein Geld haben, sonst gehts dir schlimm!‘“ Klare Ansage! Die Drohung würde wirken, davon war er überzeugt. In drei Tagen hätte er sein Geld in der Tasche!

Tja, die drei Tage waren rum, und es war niemand gekommen, schon gar nicht mit Geld. “Es ist kein Verlass mehr auf niemand“ lamentierte er und fühlte sich als betrogenes Opfer. Gelingt es ihm, aus dieser Rolle herauszukommen? Der Titel des Märchens – „Der gute Handel“ – weist darauf hin – doch wie?

Lassen Sie sich überraschen!

Raus aus der Opferrolle durch Wehrhaftigkeit

Unser Bauer wird nach den zwei Misserfolgen aktiv. Wieder begibt er sich in die Stadt, diesmal zum Metzger, dessen Hund der vorlaute Rudelanführer war. Gegenüber dem Metzger verlangt er lauthals sein Geld: „‘….ich will mein Geld, denn hat der große Hund euch nicht die ganze geschlachtete Kuh heim gebracht?‘“ Der Metzger hält seine harsche Forderung für einen Scherz; doch als er den Ernst der wiederholten Forderung begreift, jagt er ihn mit Schimpf, Schande und Schlägen durch den Besenstiel aus seinem Metzgerladen.

Also noch ein Misserfolg: Fleisch weg, Geld weg, Hiebe bekommen. Unser Bauer ist zwar aus seiner Opferrolle herausgekommen, doch hat er noch immer seine eigenen Vorstellungen für real gehalten – so der „Pakt“ mit dem Hund, die Wirkung seiner Drohung und nicht zuletzt die Verwechslung von Mensch und Tier.

Der Leser merkt: Kommunikation: total daneben! Er ist nach wie vor in seinen eigenen Vorstellungen gefangen, lässt sich von seinen Emotionen wegreißen, geht sich selbst auf den Leim. Hartnäckig und immer wieder! An seiner Wunschvorstellung hält er fest – ohne Wenn und Aber!

Anmerkung nebenbei: Kommt Ihnen das am Ende bekannt vor? Bei sich selbst und in der Beobachtung auch bei anderen? Dann wäre und ist es höchste Zeit, dem mal nachzugehen. Veränderungen sind angezeigt – auch und gerade bei unserem Bauern.

Ja, es besteht Hoffnung, dass sich das Blatt wendet. Doch wodurch?

Ein überraschender Erfolg

Jetzt wird unser Bauer so richtig aktiv. Fragt sich nur, in welcher Hinsicht! Entschlossen und mit dem Feuer der Wut fasst er einen Entschluss, den er auch umsetzt, denn „es gibt noch Gerechtigkeit auf dieser Welt“ sagt er voller Überzeugung zu sich selbst und – geht direkt zum Schloss.

Dort wird er schließlich auch zum König persönlich vorgelassen.

Ausführlich berichtet er über das ihm so schändlich zugefügte Leid, über die uneinsichtigen Frösche, die vertragsbrüchigen Hunde, die Prügel vom Metzger. Er ist Opfer auf der ganzen Linie!

Zugehört hat nicht nur der König, sondern die im Raum anwesende Tochter des Königs. Als sie seine Erzählungen vernimmt, bricht sie in schallendes Gelächter aus. Sie, die wohl niemals lacht, schüttelt sich nun vor Lachen. Tja, und ihr Vater, der Herr König, hatte schon vor geraumer Zeit demjenigen seine Tochter versprochen, der sie zum Lachen brächte. Nun, das war ja jetzt der Fall! Laut und vernehmlich hatte sie gelacht!

Es gab nichts an seinem, des Königs Versprechen zu rütteln: unser Bauer hatte die Königstochter zum Lachen gebracht, und deshalb sollte er ihr Gemahl werden. „‘Du kannst Gott für dein Glück danken’“ sagt ihm der König, sein Schwiegervater in spe.

Ist das der unverhoffte Erfolg? Er als Gatte der Königstochter und Nachfolger des Königs? Dieser Erfolg wäre jedoch eher Folge eines Zufalls, nicht eines „guten Handels“!

Nein, da kommt noch etwas….

Die Erfolgschance

Das Angebot und die Aussichten auf seine zukünftige hohe Position sind mehr als verlockend! Verführung pur! Doch – so denkt unser Bauer nicht. Nimmt er das Angebot an? Nein, denn: „Ich will sie gar nicht. Ich habe daheim nur eine einzige Frau, und die ist mir schon zu viel: Wenn ich nach Hause komme, so ist mir nicht anders, als ob in jedem Winkel eine stünde.‘“ 

Nicht wirklich gendergerecht, würden wir heute sagen, doch sind seine vor dem König geäußerten Worte der so begründeten Ablehnung von dessen Anliegen, ja Befehl, auch aus heutiger Sicht richtig mutig. Vielleicht hat seine Frau dem Patriarchat zum Trotz daheim wirklich sozusagen die Hosen an, was er dem König auf seine Weise ehrlich mitteilt.

Natürlich schätzt eine so hohe Autoritätsperson wie der König eine solch direkte Absage gegen jede Etikette ganz und gar nicht, im Gegenteil. Er wertet sie als Frechheit. Wie kann ein Bauer einen solchen Statuszugewinn einfach ablehnen! Welch einmaliges Angebot, zum Hofstaat zu gehören, zu den VIPs! Status, Reichtum, Ansehen liegen ihm als Möglichkeit zu Füssen. Was macht unser Bauer? Er sagt einfach „nein“ dazu.

Seine Majestät der König wird standesgemäß so richtig wütend, will ihn züchtigen und befiehlt ihm, er solle in drei Tagen wieder kommen, dann „sollen dir die fünfhundert voll gezählt werden.‘“ Fünfhundert – was? Er versteht: Gulden bzw. Taler, also eine gute Summe Geld. Stimmt das? Oder meint das nur er, während der König darunter etwas anderes versteht? Wir werden sehen. Immerhin war er schon mal erfolgreich, weil er die Königstochter zum Lachen gebracht hat. Wir schauen weiter.

Zwei Karten mit der Aufschrift Buy und Sell

Erfolg provoziert das Umfeld

Die Schildwache am Königshof spricht ihn sogleich auf seinen Erfolg beim König und seiner Tochter an; er wird wohl reichlich dafür belohnt worden sein, weil ihm etwas gelungen ist, das bislang noch keiner geschafft hatte, nämlich die Königstochter zum Lachen zu bringen. Er und seine Kameraden wollen einen Teil von dem vermeintlich direkt an unseren Bauern ausbezahlten Lohn des Königs abbekommen.

Der Bauer prahlt mit den ihm vom König zugesagten fünfhundert Gulden. Der Wachsoldat hält ihm vor, was er allein denn mit so viel Geld anfangen wolle? Teilen sei besser! Auf diesen Vorschlag geht unser Bauer ein; der Wachsoldat solle in drei Tagen beim König vorsprechen und sich 200 Gulden für sich von den versprochenen 500 direkt auszahlen lassen. Dann blieben für ihn selbst, den Bauern, noch 300 Gulden.

Ein nahe dabeistehender Händler hatte dem Gespräch zugehört. Er war bei dem Gedanken völlig hin und weg, dass er an die 300 Gulden gelangen könnte, die er dem Bauern abluchsen würde. Seine Gier ging mit ihm durch. Er schlug ihm vor, die versprochenen, also virtuellen Taler sogleich in kleinere Münzen zu wechseln, die er ihm sofort stande pede auszahlen wolle.

Auf diesen Vorschlag geht unser Bauer ein, lässt sich die Münzen vom Händler auszahlen und verweist ganz ehrlich auf die Einlösung des königlichen Versprechens in drei Tagen. Bei der Wechselaktion des in Aussicht gestellten, virtuellen Geldes zieht der Händler unseren Bauer noch ordentlich über den Tisch. Hoch erfreut über sein „Profitchen“ und den noch zu erwartenden Geldsegen macht sich der Händler von dannen.

Dieses Mal hat unser Bauer in dem Sinn Erfolg, dass er Geldmünzen in der Hand hält, also einen Gewinn erzielt hat. Ist das schon der gute Handel? Nein, das wäre noch nicht schlüssig; es hatte ja der Händler gehandelt; unser Bauer war aus seiner Opferrolle noch nicht so richtig raus. Sie ahnen schon, dass es letztlich genau darum geht!

Die unerwartete Überraschung als Erfolgsfaktor

Nach drei Tagen sprach unser Bauer vereinbarungsgemäß beim König gut gelaunt wieder vor. Der König empfing ihn und befahl dem Soldaten: „‘Zieht ihm den Rock aus, er soll seine 500 haben’“. Der Soldat wusste aus eigener Erfahrung, was gemeint war. Auch der Händler war zugegen. Beide fanden es richtig, was nun geschehen sollte. Von Dankbarkeit dem Bauern gegenüber keine Spur, im Gegenteil: sie finden es sogar richtig, dass unser Bauer nun die 500 Prügelschläge (!) erhalten sollte.

Bei dem königlichen Befehl überkamen unserem Bauern weder ein Verdacht, was eigentlich gemeint sein könnte und ihn erwarten würde, noch einen Funken von Angst. Vielmehr erklärte er dem König, dass ihm die fünfhundert Gulden oder Taler gar nicht mehr gehörten; zweihundert seien dem Soldaten zugesagt, und vom Händler habe er die restlichen dreihundert in Form von kleinen Münzen im Vorgriff auf das versprochene Geld bereits erhalten.

Fazit: „‘Von Rechts wegen gehört mir gar nichts.‘“

Der König akzeptierte diese für ihn völlig überraschende, ehrliche Erklärung und Tatsache. Schläge gab es trotzdem – für den Soldaten und den Händler.

Über unseren Bauern musste der König herzhaft lachen. So etwas hatte er tatsächlich noch gar nie erlebt!

Er wollte unserem Bauer einen Ersatz für das nicht mehr vorhandene Geld geben und bot ihm an, er könne sogleich in seine Schatzkammer gehen und sich dort so viel Geld mitnehmen, wie er wolle und tragen könne. Das tat unser Bauer sofort und machte sich mit dem Geld die Taschen so voll, wie es nur ging.

An dieser Stelle könnte das Märchen beendet sein. Doch ist mit dieser Art des Geldgeschenks noch kein Handel verbunden – da fehlt noch etwas!

Mensch umklammert einen Holzbalken

Die Kehrseite des Erfolgs

Erfolgreich war unser Bauer nun in doppelter Hinsicht: der König hatte ihn nicht nur vor den Prügeln verschont, sondern ihn auch noch großzügig Geld aus seiner Schatzkammer entnehmen lassen. Das Nachsehen hatte vor allem der Händler, der ihm ja schon Münzen gegeben und dann auch noch erniedrigende Prügel vom Soldaten des Königs beziehen musste. Kein Wunder, dass dieser noch nicht aufgab, im Gegenteil: er sann auf Rache und wollte in jedem Fall Geld vom Bauern, was auch immer er dafür anstellen musste.

Froh gestimmt begab sich unser Bauer sogleich ins Wirtshaus. Dort zählte er als erstes das in die Taschen gestopfte Geld, um sich einen Überblick zu verschaffen, wie viel er da zusammengerafft hatte. Statt jedoch froh über welche Summe auch immer zu sein, äußerte er laut und sehr vernehmlich kritische Worte in Bezug auf den König. Er bezeichnete ihn als „Spitzbub“, denn der König hätte ihm doch nun wirklich das Geld abgezählt in die Hand geben können! Stattdessen müsse er nun, so jammerte er, mühsam das Geld zählen. Welch ein Umstand!

Er freute sich also gar nicht über den Geldgewinn, das Geschenk des Königs, sondern beschuldigte ihn auch noch lauthals! Das hörte unser auf eine gute Gelegenheit zur Rache sinnende Händler, der ihm in das Wirtshaus gefolgt war. Es kam ihm beim Anhören der gegen den König gerichteten kritischen Worte des Bauern eine Idee: nichts wie hin zum König! Gedacht, getan.

Wegen Majestätsbeleidigung und lästerlichen Reden zeigt er unseren Bauern bei ihm an. Denunziation pur: Belohnung für sich, Strafe für den erfolgreichen Bauern, so hoffte der Händler. Denunzieren durch Anschwärzen lohnt sich also in doppelter Hinsicht – denkt der Händler.

Tatsächlich wird unser Bauer zum König zitiert. Geht das hinterlistige Kalkül des Händlers auf? Was geschieht?

Hinterlist als Hoffnung auf Erfolg

Bevor er jedoch zusammen mit dem Ankläger, dem Händler, vor den König zu treten hat, möchte er, so sagt unser Bauer, einen „feinen Rock“ anziehen, wohl um würdig vor seiner Majestät zu stehen – was der entsprechend edle Rock zum Ausdruck bringen würde. Schließlich sollte er seinen alten ja ausziehen – Befehl des Königs beim letzten Vorsprechen des Bauern. Also brauchte er einen neuen, feinen Rock!

Als er diesen klar geäußerten Wunsch hörte, geriet der Händler in Panik, seine eigene Belohnung und die Bestrafung des Kontrahenten könnten gefährdet sein. Arglistig bot er deshalb unserem Bauern seinen eigenen Rock an. Wie er sagte, gibt er ihm seinen wertvollen Rock „aus bloßer Freundschaft; was tut der Mensch nicht alles aus Liebe.‘“

Ein wahrer Menschenfreund also, ein „Philanthrop avant la lettre“! Eine Selbstdarstellung, die auch heute wohlbekannt ist und sehr gerne in bestimmten Zusammenhängen zur Durchsetzung von Vorhaben verwendet wird. Diese Kontinuität mag verwundern – oder auch nicht. Am Ende ist es ein altbekanntes Verfahren der (Selbst-) Täuschung. Ob und inwieweit das so ist, mögen Sie, geneigter Leser, einfach selbst recherchieren.

Also tritt unser Bauer – nun mit dem feinen Rock des Händlers bekleidet – vor den König. Selbiger hält ihm verärgert, ja wütend die vom Händler denunzierten „bösen Reden“ gegen ihn, den König, vor. Da steht er nun als gedemütigter Angeklagter; der Händler triumphiert zunächst – und dann?

Foto einer Kuhschnauze

Der erfolgreiche Handel

Die Hinterlist scheitert, es sei vorweggenommen. Nun wird es spannend, woran sie scheitert. Es entsteht der „gute Handel“.

Auf die Anklage des Königs und des Händlers antwortet unser Bauer: „‘Ach, was ein Händler sagt, ist immer gelogen, dem geht kein wahres Wort aus dem Munde; der Kerl da ist imstande und behauptet, ich hätte seinen Rock an‘“.

Er zahlt dem Händler seine Hinterlist heim. Ob dies unter dem Einfluss des Rockes geschieht, der ihm die Energie des Händlers verleiht, sei dahingestellt. Jedenfalls ist er nicht nur deshalb erfolgreich, weil nun der Händler das Nachsehen hat, sondern auch, weil er zum ersten Mal auf Augenhöhe agiert. In diesem Sinne ist es ein guter Handel! Ob er auch erfolgreich ist, wird sich noch zeigen.

Der Händler protestiert wütend. Er habe ihm doch seinen Rock „aus bloßer Freundschaft“ geliehen, und nun so etwas! Der König wiederum gibt seinerseits zu bedenken: „Einen hat der Händler gewiss betrogen, mich oder den Bauern.“

Bingo! Nun ist es der Händler, der das Nachsehen hatte; denn der König lässt ihm eine “Nachzahlung in harten Talern“ angedeihen. Sie wissen schon. In Schlägen….

Und unser Bauer? Der ging „in dem guten Rock und mit dem guten Geld in der Tasche heim und sprach ‚diesmal hab ichs getroffen.‘“ So endet das Märchen. Ein ebenso guter wie erfolgreicher Handel? Stoff für eine Gesprächsrunde!

Erfolgsfaktoren

Das Märchen zeigt uns, wie sehr von uns selbst abhängt, was wir als Verlust und Gewinn wahrnehmen. Ich kann ein Weltbild haben, das mich zu Taten verleitet, die an der Normalität gemessen als absurd erscheinen. Dann wiederum führen Überraschungseffekte zu unerwarteten Ergebnissen.

Erfolg“ ist jedoch nicht nur in materieller Hinsicht zu verstehen. Es ist auch die Erkenntnis von Zusammenhängen kombiniert mit der Fähigkeit, Kommunikation richtig zu dechiffrieren und selbst zu praktizieren. Dazu gehört eine gute Portion Selbsterkenntnis; nur so können wir uns selbst auf die Schliche kommen.

Folgende Fragen bringen mich auf diese Spur: Was motiviert mich zu welchen Handlungen? Welche Emotionen und Impulse sind dabei mit im Spiel? Sind „gut“ und „erfolgreich“ identisch? Fragen, die zum Forschen und Entdecken herausfordern.

Mit einem Satz: Raus aus der bekannten Komfortzone! Mit Entschlossenheit und Freude loslegen und dranbleiben!

Fotos: iStock, Unsplash / Marlis Trio Skbar, Wolfgang Hasselmann, Richard Sagredo, Kelly Sikkema

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